30.000 Steirer von Post-Polio-Syndrom betroffen

Rund 11.000 Österreicher - vor allem Kinder - sind bis Anfang der 1960er-Jahre an Kinderlähmung erkrankt. Auch heute noch sind in der Steiermark bis zu 30.000 Menschen vom Post-Polio-Syndrom betroffen, schätzen Ärzte.

Poliomyelitis, besser bekannt als Kinderlähmung, war vor mehr als 50 Jahren eine gefürchtete Krankheit. Symptome waren Gehirnhautentzündung und Lähmungserscheinungen, betroffen waren mehrheitlich Kinder.

Schwächegefühle, Schmerzen, nächtliche Atemnot

Doch auch heute leiden viele an Spätfolgen der Kinderlähmungs-Epidemie. Das sogenannte Post-Polio-Syndrom trifft Menschen, die an Kinderlähmung erkrankt waren. Auch jene, bei denen die Symptome nur ganz leicht waren. Schwächegefühle, Schmerzen in Armen und Beinen, Erschöpfungszustände oder nächtliche Atemnot können auf das Post-Polio-Syndrom hindeuten.

11.000 Fälle von Kinderlähmung wurden von Kriegsende bis in die 1960er-Jahre registriert, Ärzte gehen allerdings davon aus, dass mehr als 700.000 Menschen von Poliomyelitis betroffen waren, sagt Gert Wurzinger, Vorstand der Abteilung für Lungenkrankheiten am LKH Hörgas-Enzenbach: „Diese 11.000 sind die Spitze eines Eisbergs. Man hat damals nur jene Kinder erfassen können, welche Lähmungserscheinungen oder Gehirnhautentzündungen gehabt haben. In 92 Prozent aller Fälle verläuft die Kinderlähmung aber ohne klinische Symptome oder in Form eines grippalen Infektes. Und auch bei diesen Personen können jetzt Lähmungserscheinungen oder Schwächegefühle auftreten.“

Rund 30.000 Steirer betroffen

30 bis 40 Jahre später kann das Post-Polio-Syndrom ausbrechen. Wurzinger rechnet mit 150.000 bis 210.000 Betroffenen in ganz Österreich. Steiermarkweit dürften es bis zu 30.000 sein, bei denen Muskelfasern und Nervenzellen, vereinfacht gesagt, einfach absterben, weil sie erschöpft sind.

Betroffene seien laut Wurzinger früher falsch behandelt worden: „Das, was man über Jahrzehnte hindurch immer wieder gesagt hat: Trainieren, trainieren, da weiß man heute, dass das genau das Verkehrte ist. Man sollte sehr bewusst umgehen mit der Kraft, sie nicht mit übermäßigem Training vergeuden, sondern schauen, dass man nur Dehnungsübungen macht.“

Info-Veranstaltung in Graz

Die Nerven von Betroffenen seien schon im normalen Alltag an der Grenze ihrer Belastbarkeit. Und, so Wurzinger, man sollte beachten, dass bestimmte Medikamente doppelt so stark wirken - und damit auch doppelt so starke Nebenwirkungen haben.

Darauf wollen Ärzte am Samstag im LKH West bei einem Info-Tag hinweisen. Ein Ziel ist dabei, Betroffene und Ärzte aufzuklären. Bisher seien Patienten mitunter sogar als Simulanten abgetan worden. Wurzinger warnt auch davor, dass der Polio-Virus aufgrund der Impfmüdigkeit wieder nach Europa finden könnte. Denn in Teilen Asiens und Afrikas sei er noch immer nicht ausgerottet.

Link: