Mord im Gefängnis: Lebenslange Haftstrafe

In Graz ist am Montag ein wegen Mordes verurteilter Kärntner abermals vor Gericht gestanden. Er soll in der Justizanstalt Graz-Karlau im Vorjahr einen Mithäftling erschlagen haben. Der Mann wurde am Nachmittag zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.

Die Tat selbst leugnete der Beschuldigte am Montag gar nicht. Er bekannte sich aber nicht wegen Mordes schuldig, sondern wegen Totschlags. Zu der Tat kam es vor etwa einem Jahr, im Juni 2017. Mehr dazu in Häftling gestand Mord in Grazer Justizanstalt (21.6.2017).

Hass auf Opfer als Motiv für die Tat

Der Angeklagte ist 34 Jahre alt und war zu 18 Jahren Haft verurteilt worden, weil er seine Lebensgefährtin mit einer Axt erschlagen hatte. In der Haftanstalt teilte er die Zelle mit einem anderen Kärntner, der seine Freundin in der Badewanne ertränkt hat. Die beiden waren nur zwei Wochen Zellengenossen, doch der Angeklagte sagte, er habe den anderen gehasst, weil dieser nicht zu seiner Tat stand, beschrieb die Staatsanwältin beim Prozess am Montag.

„Er war ein falscher Hund“

Der Angeklagte schilderte am Montag, wie sich der Hass aufgestaut hatte. Wie es wegen des Badewannenmordes immer wieder zum Streit kam, wie sein Opfer auch ihn mit dem Umbringen bedrohte und mit einem Messer vor ihm herumfuchtelte. Wie er zwei Tage vor der Tat den Tötungsplan schmiedete und das Tischbein vorbereitete. In einem vorgeführten Video der Tatrekonstruktion sprach er von einem Blutrausch, in dem er bis zu zehnmal zugeschlagen habe. Warum dieser Hass, fragt die Richterin. „Weil er so ein falscher Hund war, so hinterlistig. Da hat ein Feuer zwischen uns gebrannt.“

„Das hat sich aufgestaut, das war so eine Antipathie“, erzählte der 34-Jährige. Sein Zellengenosse habe seine eigene Tat immer beschönigen wollen. Bei einem Streit „hat’s mich ausg’hakelt, und ich hab den Tischfuß erwischt“. Anschließend legte er ihm noch einen Gürtel um den Hals und zog zu, „weil er immer weiter geröchelt hat“.

Nach der Tat rauchte Angeklagter eine Zigarette

Als das Opfer still war, habe er sich die Hände gewaschen, sich auf das Bett gesetzt und eine Zigarette geraucht, beschrieb der Angeklagte. Bevor er die Justizwache rief, schob er dem Toten noch ein Messer in die Hand, um einen Kampf vorzutäuschen. „Hatten Sie Angst vor ihm?“, wollte die Richterin wissen. „Nein“, antwortete der Häftling.

Rechte Schädelseite völlig zertrümmert

Eine Gerichtsmedizinerin erläuterte die Verletzungen des Opfers. Sie beschrieb, dass der Angeklagte mit dem Tischbein derartig wuchtig auf sein Opfer eingeschlagen habe, dass „die rechte Schädelseite völlig zertrümmert war“. Dabei kam es zu einem „massiven Hirnaustritt“. Diese Schläge, bei denen das Tischbein zerbrach, erforderten eine „unermessliche Wucht“, schloss die Sachverständige.

Einweisung in Anstalt beantragt

Der Angeklagte bekannte sich schuldig, plädierte auf Anraten seines Verteidigers aber auf Totschlag, obwohl er die Frage der Richterin nach dem Unterschied zu Mord nicht beantworten konnte. Für den Verteidiger sind Tatvorsatz und Totschlag kein Widerspruch, er verwies auch auf das psychiatrische Gutachten, dass eine schwere kombinierte Persönlichkeitsstörung aufgrund seiner Drogensucht ergab. Daher beantragte die Staatsanwältin auch die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

„Seelisch-geistige Abartigkeit höheren Grades“

Der Gerichtspsychiater ging trotz des Gutachtens davon aus, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig gewesen sei. Der Mediziner sagte, er gehe davon aus, dass der Kärntner „weiter zu schweren Taten, also auch Mord“ neigen werde. Beim Angeklagten sei eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit Borderline-Anteilen und Narzissmus feststellbar, erklärte der psychiatrische Sachverständige. Der Mediziner diagnostizierte eine „seelisch-geistige Abartigkeit höheren Grades“.

Der Kärntner könne seine Impulse nicht kontrollieren: „Solange Sie den roten Knopf nicht drücken, ist alles in Ordnung, sonst startet er wie eine Rakete“, erläuterte der Gutachter. Weiters stellte er bei dem 34-Jährigen „absolut fehlende Empathie“ fest. Aufgrund der „äußerst negativen Gefährlichkeitsprognose“ empfahl der Gutachter eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Dritter Häftlinge sagte als Zeuge aus

Am Nachmittag wurde ein Zeuge befragt, der als dritter Häftling in der Zelle mit dem Täter und dem Opfer war. Er gab allerdings an, nichts von der Bluttat bemerkt zu haben. Erst nach dem Vorfall habe er „bis zur Decke“ Blut gesehen. Er selbst habe Kopfhörer aufgehabt „und die Musik voll aufgedreht“. „Wie lange waren Sie alle in einer Zelle?“, wollte die Richterin von dem Zeugen wissen: „Ich habe kein gutes Zeitgefühl mehr, aber ich schätze, sieben bis zehn Tage“, meinte der Befragte, der sichtlich angeschlagen wirkte.

Versucht mit Tabletten alles zu verdrängen

Streit habe er keinen mitbekommen. Vom späteren Opfer sagte er: „Er war ganz ruhig, er ist da gesessen und hat die Wand angeschaut, weil er keinen Fernseher gehabt hat.“ Am Abend der Tat habe er selbst einige Tabletten genommen - „die habe ich mir schon tagelang aufgespart“ -, sich aufs Bett gelegt, die Kopfhörer aufgesetzt und Musik gehört. Erst nach dem Vorfall habe er das Blut gesehen. Sagen konnte er aber nicht viel, denn „ich habe versucht, mit Medikamenten und anderem alles zu verdrängen“.

Lebenslang und Einweisung

Montagnachmittag fiel am Grazer Straflandesgericht schließlich das Urteil gegen den 34-Jährigen: Er wurde zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Weiters soll er, wie vom Gerichtspsychiater empfohlen, in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen werden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.