Zustimmung und Kritik für Zwölfstundentag

Im Parlament beschließen Volkspartei und Freiheitliche am Donnerstag den Zwölfstundentag und die 60-Stunden-Woche. Zustimmung kommt aus der steirischen Wirtschaft - Kritik von Sozialpartnern und Gewerkschaft.

Seit Wochen wird das neue Arbeitszeitmodell teils heftig kritisiert. Am Mittwochabend legte die Regierung noch eins drauf: Das Gesetz soll nicht erst am 1. Jänner 2019, sondern schon heuer, am 1. September inkraft treten - mehr dazu in news.ORF.at. Seit Donnerstagfrüh gibt es diesbezüglich im Parlament hitzige Debatten - auch die steirischen Sozialpartner können das Vorhaben nicht nachvollziehen. Sie kündigen weiter Widerstand gegen das Gesetz an.

„Frechheit und Ahnungslosigkeit“

Als eine „Frechheit und Ahnungslosigkeit“ bezeichnet etwa Baugewerkschafter Josef Muchitsch das Gesetz - das jetzt auch noch vier Monate früher als geplant gelten soll. Bis dahin werde man die Arbeitnehmer weiterhin aufklären, so Muchitsch. Unzählige Organisationen hätten sich gemeldet, mit denen man in nächster Zeit über weitere Protestmaßnahmen entscheiden werde, so der SPÖ-Politiker: „Wir werden alle diese Organisationen über die Sommermonate zu Gesprächen einladen und dann eine Strategie entwickeln, auch weiterhin ganz stark und laut gegen dieses Gesetz aufzutreten.“

Demonstranten

APA/Hans Punz

Im Zuge der Proteste gegen die neuen Arbeitszeitregeln kündigte die Gewerkschaft harte Kollektivvertragsverhandlungen im Herbst an. Offenbar wollte die Regierung dem mit einer raschen Umsetzung des Gesetzes zuvorkommen. Doch das Gegenteil wird jetzt der Fall sein, so Muchitsch - es werde noch mehr Unruhe herrschen.

„Sie werden sich alle festhalten können“

Davon ist auch der steirische ÖGB-Vorsitzende Horst Schachner überzeugt: „Wir machen am Freitag eine Vorstandssitzung in Wien im ÖGB, da werden wir darüber beraten, was weiter passieren wird. Sie werden sich alle festhalten können bei den Kollektivvertragsverhandlungen im Herbst, das kann ich ihnen garantieren.“ Schachner ist auch für eine Volksbefragung.

Von einem überfallsartigen Vorgehen spricht der steirische Arbeiterkammer-Präsident Josef Pesserl: „Das ist eine völlige Ignoranz den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegenüber. Die Freiwilligkeit gibt es tatsächlich nur am Papier, die Freiwilligkeit ist totes Recht. Wer behauptet, es sei tatsächlich freiwillig für die Arbeitnehmer, der hat noch nie in einem Betrieb gearbeitet.“ Alle Protestmaßnahmen seitens der Gewerkschaft gegen den Zwölfstundentag würden von der Arbeiterkammer weiterhin unterstützt werden.

Zustimmung aus der Wirtschaftskammer

Die aktuellen Entwicklungen bei der Arbeitszeitflexibilisierung waren am Donnerstag auch Thema bei der Präsentation des aktuellen Wirtschaftsbarometers der steirischen Wirtschaftskammer. Dass der Beschluss jetzt kommt und die neue Regelung früher in Kraft treten soll, wird von Wirtschaftskammer-Präsident Josef Herk ausdrücklich begrüßt.

Schweißarbeiter im Haus der Musik

ORF

Er betont: „Ich glaube, es ist jetzt an der Zeit zu handeln. Das Thema Arbeitszeitflexibilisierung wird schon seit vielen Jahren oder Jahrzehnten besprochen, jetzt gibt es Gott sei Dank auch eine Regierung, die den Zugang hat, hier auch Vorhaben umzusetzen - und umso früher umso besser. Ich sehe auch keinen Grund, das auf die lange Bank zu schieben. Deshalb kann man nur sagen: Bitte weiter so! Wir brauchen Reformen, um eine gute wirtschaftliche Situation langfristig zu einem Aufschwung zu führen.“

Herk sieht „Legalisierung des Ist-Zustands“

Zwölfstundentage würde es jetzt schon geben - es gehe um eine „Legalisierung eines Ist-Zustandes“, so Herk. Dass diese jetzt schon mit September kommen soll, sei gut - einen Zusammenhang mit den Kollektivvertragsverhandlungen im Herbst sieht Herk nicht: „Bei den Kollektivvertragsverhandlungen wird man natürlich sehen, wie sich das Miteinander entwickelt, aber ich glaube auch, dass hier die Vernunft Einzug halten wird. Wir sind beide bemüht, die Wirtschaft weiterzuentwickeln. Wir wissen auch, dass der größte Mangel die Fachkräfte in unserem Land sind und das Miteinander in der Praxis funktioniert hervorragend.“

Die Frage ist, wie lange noch. Für weitere gewerkschaftliche Maßnahmen bis hin zu einem möglichen Generalstreik habe Herk absolut kein Verständnis: „Das wäre aus meiner Sicht unverantwortbar und wäre sicher ein großer Schlag für die Sozialpartnerschaft.“

Möglicher Schub für Hochkonjunkturphase

Bei der Wirtschaftskammer ist man auf jeden Fall überzeugt davon, dass die Arbeitszeitflexibilisierung und auch das neue Standortgesetz einen zusätzlichen Schub für die aktuelle Hochkonjunkturphase bedeuten würde - mehr dazu in Kritik an neuem Standortentwicklungsgesetz (4.7.2018). 62 Prozent der steirischen Unternehmen sehen derzeit eine Verbesserung des allgemeinen Wirtschaftsklimas. Ein hoher Wert wie kaum zuvor im Wirtschaftsbarometer der steirischen Wirtschaftskammer.

Ebenfalls zu Wort gemeldet hat sich der Präsident der Industriellenvereinigung Steiermark Georg Knill: „Egal, ob nach dem 1.9.2018 oder nach dem 1.1.2019: Die gesetzliche Normalität bleiben der 8-Stunden-Arbeitstag und die 40-Stunden-Woche. Es geht nicht darum, dass die Menschen generell länger arbeiten sollen. Die Österreicherinnen und Österreicher haben es verdient, dass der arbeitszeitrechtliche Rahmen endlich den Realitäten des 21. Jahrhunderts angepasst wird.“

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