Asyldebatte: Bischof fand deutliche Worte

Der Grazer Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl hat sich am Sonntag mit deutlichen Worten zur Entwicklung des EU-Asylwesens zu Wort gemeldet: Er frage sich „wo denn das oft herbeigeredete christliche Abendland geblieben ist.“

In der Debatte um die Asylpolitik der EU-Staaten warnt Bundespräsident Alexander Van der Bellen vor dem Rückfall in Nationalismen: „Europa steht am Scheideweg.“ Es brauche mehr Zusammenhalt in Europa, auch angesichts eines möglichen Handelskriegs mit den USA und der Klimakrise - aktuell die größeren Probleme. Nationale Alleingänge in der Flüchtlingsdebatte würden Österreich schaden - mehr dazu in Asyldebatte: Van der Bellen warnt vor Nationalismen.

In zwei Gottesdiensten an der „grünen Grenze“

Am Sonntag thematisierte auch Bischof Wilhelm Krautwaschl das Thema Asyl und den Umgang in Europa mit dem Thema in zwei Gottesdiensten in den Grenzorten Sveti Duh na ostrem vrhu (Heiliger Geist am Osterberg) an der österreichisch-slowenischen Grenze.

Der Grazer Diözesanbischof zelebrierte die beiden Messen am Sonntag gemeinsam mit dem Erzbischof von Maribor, Alojzij Cvikl. Die beiden Nachbardiözesen veranstalten seit 2016 jährlich ein Treffen an der „grünen Grenze“ zwischen Österreich und Slowenien.

Grenzen können abschotten oder weit machen

„Der Erzbischof und ich haben, seit wir beide im Dienst sind, jedes Jahr an der Grenze einen Tag. Wenn man Grenzgänger ist, dann kommen verschiedene Gedanken hoch. Grenzen können abschotten oder weitmachen: Wir als Kirche, gerade in dieser Gegend, verstehen uns als Menschen, die weit machen, die sich nicht abschotten. Wenn ich da Menschen begegne, sowohl von der steirischen als auch von der slowenischen Seite, dann schlägt mir immer Dankbarkeit entgegen, dass wir gemeinsam feiern“, so Krautwaschl.

Kirchen voller Bedeutung

Die beiden Kirchen seien bedeutungsgeladen, meinte der Bischof: „Die eine Kirche, die Heiligengeistkirche, war bis 1964, also in die kommunistische Ära hinein, Teil der Diözese Graz-Seckau, aber auf slowenischem, damals jugoslawischem, Staatsgebiet. Und durch die andere Kirche ist tatsächlich einmal die Staatsgrenze verlaufen. Da macht man sich Gedanken, worum es geht, ob wir uns abschotten, und uns damit dem Leben verweigern, oder ob wir Leben bejahen und aufeinander zugehen.“

„Beinahe ein Schreckenswort“

Auch wenn Grenzen heute wieder eine Rolle spielten, könnten Christen „nicht so tun, als ob uns der Bruder, die Schwester nichts anginge“, sagte Krautwaschl. Der Begriff „Asyl“ verkomme „beinahe zu einem Schreckenswort“ und das geltende Gesetz des humanitären Bleiberechts werde „scheinbar nicht mehr gelebt“, habe sich der Bischof besorgt gezeigt.

„Dann tun wir so, als ob uns das nichts angeht“

Er könne Abschottung nachvollziehen, so Krautwaschl, „Und ich habe auch gesagt, dass rechtsstaatliche Dinge natürlich zu beachten sind. Aber ich habe manchmal in der Sprache von Menschen heute und in der Art und Weise, wie Verantwortungsträger reden, das Gefühl, dass es im Grunde genommen nur mehr um uns geht. Das ist mir eine Spur zu wenig. Es sterben Menschen täglich aufgrund von Terror und Krieg, die wir zum Teil mitverursachen, wenn wir als Erste Welt Waffen schicken. Es wird Menschen aufgrund unserer Lebensweise tausende Kilometer weit weg Lebensmöglichkeit genommen. Und dann tun wir so, als ob uns das alles nichts angeht.“

Zusammenhalt statt Keile

Der Bischof sprach vom Auftrag „alles zusammenzuhalten, und nicht nur auf eine Seite zu schielen“. Krautwaschl sagte: „Unsere Aufgabe ist, das alles zusammenzuhalten - Fragen nach den Ursachen von Not und Flucht, die Frage um Asyl. Wenn wir das tun, dann braucht es ein gesamtgesellschaftliches Miteinander und keine Keile, die hineingetrieben werden.“ Er habe am Sonntag wieder deutlich gespürt, „wie groß die Sehsucht nach dem Miteinander“ sei, „auch wenn die Sprachen unterschiedlich sind“.

Große Reden und Abschottung

Zudem habe, berichtete auch Kathpress, der Bischof mahnend erwähnt, dass „tote Menschen im Mittelmeer und woanders beinahe unwidersprochen hingenommen werden, dass große Reden von Hilfe vor Ort geschwungen werden, aber sich alles scheinbar nur um Abschottung und ‚dicht machen‘ dreht“. „Machen wir uns in unserem Europa wieder neu auf den Weg zueinander, grenzen wir uns nicht ab! Halten wir die vielfältigen Fragen- und Themenkomplexe beieinander, auch wenn es schwer ist“, habe Krautwaschl appelliert.

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