Pflegeskandal: Kommission vorgestellt

Die Kommission zur Prüfung der Misshandlungsvorwürfe im Grazer LKH Süd-West ist am Montag vorgestellt worden: Neben Alfred Stingl (SPÖ) sitzen Experten aus anderen Spitälern sowie teils ehemalige Richter in dem Gremium.

Den Vorsitz wird, wie bereits vergangene Woche angekündigt, der Grazer Altbürgermeister übernehmen, der sich jahrelang um seine pflegebedürftige Ehefrau gekümmert hatte - mehr dazu in Pflegeskandal: Stingl soll Kommission leiten (18.7.2018).

Ihm zur Seite stehen Generaloberin Mutter Buonaventura Holzmann vom Elisabethinen-Krankenhaus Graz, Johannes Koinig, Stellvertretender Abteilungsleiter beim Gesundheitsfonds Steiermark, Christa Rados, Abteilungsvorständin im Landeskrankenhaus Villach und Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Erwin Schwentner, der ehemalige Senatspräsident des Oberlandesgerichts Graz, Ingrid Tscherner, Richterin am Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz und Pflegeombudsfrau Renate Skledar.

Nimmt Arbeit zweite Augustwoche auf

Gesundheitslandesrat Christopher Drexler (ÖVP) teilte am Montag in einer Aussendung mit: „Die unabhängige Expertenkommission wird sich in der zweiten Augustwoche konstituieren und danach unmittelbar ihre Arbeit aufnehmen. Ziel ist eine kritische Überprüfung der gegenwärtigen Situation unter Wahrung höchster Objektivität sowie die Erörterung und Erarbeitung von Vorschlägen zur Verbesserung, die sich am Wohl des Menschen orientieren.“

Stingl: „Kein Tribunal“

Er verstehe die Kommission nicht als Tribunal, so Alfred Stingl am Montag, man sei auch nicht die Oberstaatsanwaltschaft; ihm gehe es um den Blick in die Zukunft: „Wie können wir auf der einen Seite diesen ganz schweren Beruf der Pflege von Menschen so in der Öffentlichkeit und auch bei den Personen, die diesen Beruf ausüben, darstellen, dass es eine fachliche Kompetenz geben muss - dazu dient die Ausbildung, die wir uns aber auch anschauen möchten. Und das zweite ist, dass wir das Ziel haben sollten, dass die Klinik auch als Ort menschlicher Betreuung besondere Kompetenz ausweisen wird.“

„Das gesamte Arbeitsleben ist ein einziger Stress“

Das heiße nicht, dass es das nicht gäbe, so Stingl weiter, doch Dinge seien immer verbesserbar: „Meine Erfahrungen von sechs Monaten nicht nur der persönlichen Pflege meiner Frau, sondern auch bei den Aufenthalten in Kliniken war, dass der Wille da ist, aber das gesamte Arbeitsleben ist ein einziger Stress.“

Auf die Frage, ob es auch Hinweise auf weitere Vorfälle gibt - Volksanwalt Günther Kräuter sprach ja etwa von der Spitze eines Eisbergs - sagt Stingl: „Das wird zu besprechen sein, und ich kann mir auch durchaus vorstellen, dass wir den Volksanwalt Kräuter auch einmal zu uns in die Kommission bitten, wenn er das macht. Aber zunächst einmal liegt nicht mehr auf, als da in der Öffentlichkeit geäußert wurde, und ich möchte mich da auf keine Spekulationen einlassen.“

Zahl der Betroffenen noch unklar

Vor eineinhalb Wochen war bekannt geworden, dass vier Pflegekräfte betagte Frauen und Männer in der Alterspsychiatrie des LKH Graz Süd-West Standort Süd misshandelt haben sollen.

LKH Graz Süd-West

APA/Erwin Scheriau

Sowohl von verbalen als auch von körperlichen Angriffen ist in einer entsprechenden Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Graz zu lesen, die Zahl der Betroffenen ist noch unklar - mehr dazu in Schwere Vorwürfe gegen vier LKH-Mitarbeiter (14.7.2018) und in LKH Graz Süd-West: Patientin bestätigt Vorwürfe (15.7.2018).

Drexler hatte dann vergangenen Dienstag die Einrichtung der Expertenkommission angekündigt und sich im Namen des Landes Steiermark bei Patienten und Angehörigen für die Vorfälle entschuldigt - mehr dazu in Pflegeskandal: Kommission angekündigt (17.7.2018).