Identitären-Prozess: Letzte Zeugen gehört

Beim Identitären-Prozess in Graz sind am Dienstag die letzten Zeugen gehört worden - darunter auch Oliver Vitouch, der Rektor der Uni Klagenfurt: Für ihn mache sich die IBÖ der Verhetzung schuldig.

Es ging am Dienstag zunächst vor allem um eine Aktion an der Uni Klagenfurt im Juni 2016: Eine IBÖ-Gruppe stürmte damals eine Vorlesung zum Thema Inklusion, brüllte Parolen von Heimat, Freiheit und Tradition, entrollte ein Transparent mit der Aufschrift „Integration ist eine Lüge“, zudem wurde ein Tracht tragender Aktionist von anderen, die verschleiert waren, mit Ziegeln aus Schaumstoff „gesteinigt“.

Rektor: „Sturmtruppähnlicher Auftritt“

Ein Zeuge beschrieb die Aktion bereits vergangene Woche als „Invasion“ - mehr dazu in Emotionale Befragung beim Identitären-Prozess (19.7.2018) -, und auch für den Rektor der Uni Klagenfurt, Oliver Vitouch, war es ein „sturmtruppähnlicher Auftritt“.

Einen der Angeklagten wollte der Rektor bis zum Eintreffen der Polizei festhalten, er riss sich allerdings los. Dabei habe er den Rektor „maximal gestreift“, so der Angeklagte - der Rektor aber sprach am Dienstag von einer bedrohlich erhobenen Faust und einem Schlag in den Bauch, den er abbekommen habe. Er betonte allerdings auch, dass es ihm nicht um Körperverletzung oder gar Schmerzensgeld gehe - der Schlag sei verschmerzbar gewesen -, es gehe ihm um Grundsätzliches.

„Erinnert an die Frühzeit der SA“

Dann wurde Vitouch deutlich: Die Aktion sei erbärmlich und lächerlich gewesen, aber ihn erinnere sie an die Frühzeit der SA. In der Vorlesung seien auch Flüchtlinge und deren Kinder gesessen, die habe die IBÖ eingeschüchtert und ihnen signalisiert, sie seien nicht sicher. Die IBÖ würde versuchen, die Religion des Islam mit islamistischem Terrorismus gleichzusetzen - und das sei für ihn jedenfalls Verhetzung, so der Rektor.

Prozess gegen Mitglieder der Identitären Bewegung Österreich

APA/STRINGER/APA-POOL

Dann verlor ein Verteidiger mit dem Zeugen ein Duell um die Definition von radikalem Islam - und ging zum Gegenangriff über: Ein Uni-Angehöriger trage auf einem Foto ein T-Shirt mit Hammer und Sichel darauf. Der Rektor deutete daraufhin allerdings nur zum Bundesadler über der Richterbank - mit Hammer und Sichel in den Klauen.

„Hasserfüllte Aktion“

Der Leiter der Vorlesung wurde ebenfalls am Dienstag befragt. Er erinnerte sich an eine „sehr unangenehme Atmosphäre“, die durch die „hasserfüllte Aktion“ entstanden sei. Es wäre jederzeit möglich gewesen, dass die Kritiker mitdiskutieren, meinte er vor Gericht.

Er wurde vom Verteidiger gefragt, weshalb er keine kritischen Stimmen am Podium der Veranstaltung geladen hatte. Daraufhin sagte der Leiter, dass er zwei Mal beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) angesucht hatte. Der Verteidiger meinte daraufhin: „Warum nicht jemanden von der politischen Opposition?“ Der Zeuge erwiderte: „Es sollte keine politische Veranstaltung sein.“ „Aber sie haben ja Politikwissenschaftler eingeladen“, warf der Verteidiger ein. „Ja, aber das sind keine Politiker“, war die Antwort des Zeugen.

„Veranstaltung keine Propaganda für Zuwanderung“

Eine Teilnehmerin der Vorlesung erklärte vor Gericht, dass sie die Veranstaltung in keiner Weise als Propaganda für Zuwanderung gesehen habe. Sie hatte die Aktion mit ihrem Mobiltelefon gefilmt und Angst gehabt, dass es zu körperlicher Gewalt kommen könnte.

Als vorerst letzter Zeuge wurde ein Mann gehört, der bei einem IBÖ-Stammtisch Aufkleber mitgenommen hatte und diese Wochen später in einer „Rauschaktion“ nahe einem Caritas-Flüchtlingsheim aufklebte. Beim Stammtisch sei ihm zwar gesagt worden, dass er diese nicht öffentlich aufkleben soll, aber er hat es dennoch getan: „Ich habe Probleme damit, dass die (Flüchtlinge, Anm.) das ganze Geld bekommen, das eigentlich Österreichern zusteht“, begründete er vor dem Richter.

Urteile früher als geplant

Den Angeklagten - zehn führende Vertreter der als rechtsextrem geltenden IBÖ sowie sieben Sympathisanten - wird die Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen: Sie sollen strafbare Handlungen begangen bzw. die Vereinigung gefördert haben, so die Staatsanwaltschaft - mehr dazu in Identitären-Prozess: Notizen im Mittelpunkt, Ähnliche Antworten im Identitären-Prozess (10.7.2018), Identitären-Prozess: Offenbar Störaktion geplant (9.7.2018), Identitären-Prozess: Aktionen gestanden (6.7.2018) und Identitären-Prozess: Diskussion um Hetze (4.7.2018). Nach den Zeugen werden nun noch einmal alle 17 Angeklagten ergänzend befragt. Die Schlussplädoyers der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung dürften bereits am Donnerstag oder Freitag zu hören sein - damit geht der Prozess früher als geplant ins Finale.