Betrug mit Mindestsicherung: Paar vor Gericht

Wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs ist am Dienstag ein tschetschenisches Ehepaar in Graz vor Gericht gestanden: Mit den Eltern des Mannes soll es unrechtmäßig Mindestsicherung in der Höhe von über 100.000 Euro bezogen haben.

Weil der Mann laut eigenen Angaben Probleme mit der russischen Behörde hatte, war das Ehepaar 2005 von Tschetschenien nach Österreich geflüchtet. Er sei in seiner Heimat bedroht und misshandelt worden, schilderte der Angeklagte vor Gericht. In Österreich bekam die Familie - sie hat sechs Kinder - in weiterer Folge politisches Asyl, damit verbunden Mindestsicherung und Familienbeihilfe.

Russische Pässe beantragt

Auch wurde ein sogenannter Konventionspass ausgestellt, mit dem man theoretisch alle Länder bereisen darf - nur nicht das Land, aus dem man geflüchtet ist. Laut Staatsanwalt seien die Angeklagten jedoch mehrfach in ihrer ehemaligen Heimat gewesen, ohne dies den Behörden zu melden. Vor einigen Jahren schon hätten sie sich wieder russische Pässe besorgt, was automatisch den positiven Asylbescheid in Österreich aufheben würde.

Seinen Pass habe der Mann bei einem entfernten Verwandten gekauft - wer genau das sei, konnte er jedoch nicht erklären. Jedenfalls habe der Pass 1.600 Euro gekostet. Auch die Frau war zu einem russischen Pass gekommen. Übrigens nicht in Österreich, sondern in Polen - weil es dort weniger kompliziert sei.

„Angst, verfolgt zu werden“

Die österreichische Mindestsicherung bezog die Familie jedoch weiterhin, so der Staatsanwalt - insgesamt kamen auf diesem Weg über 100.000 Euro zusammen. Das hätte er nicht gewusst, rechtfertigt sich der Angeklagte, der in Graz Obmann eines Vereins sein soll, der laut Staatsanwaltschaft österreichisches Recht nicht anerkennt und Menschen zum IS entsendet haben soll.

Eine Beamtin des Sozialamts erklärte jedoch im Zeugenstand, man würde bei der Zuerkennung der Mindestsicherung sehr wohl schriftlich und mündlich mit Dolmetscher die Regeln genau erklärt bekommen. Ursprünglich wollte die Beamtin nur aussagen, wenn die Angeklagten den Gerichtsaal verlassen. Sie habe schlichtweg Angst, verfolgt zu werden: Zu häufig komme massive Bedrohung, hauptsächlich durch Tschetschenen, im Sozialamt vor. Auch das bestätigt der Staatsanwalt.

Verhandlung vertagt

Der Fall zeige einen deutlichen Missstand im System auf: Dass Menschen mit einem positiven Asylbescheid wieder Pässe des Landes annehmen, aus dem sie aufgrund einer Bedrohungslage geflüchtet sind, komme durchaus häufig vor, so der Staatsanwalt und auch die Beamtin des Sozialamts. Eigentlich müsse ein Wiedererlangen des Passes sofort gemeldet werden, was defakto aber nie vorkomme.

Lediglich durch zufällige Aufgriffe an Grenzen würde ab und zu ein Sozialmissbrauch aufgedeckt werden, heißt es. Der Mann zeigt sich nicht geständig. Die Verhandlung wurde vertagt, es wurden weitere Dokumente angefordert und weitere Zeugen geladen.