„Schenkkreis“: 65-Jähriger verurteilt

In Graz ist am Mittwoch ein 65-jähriger Steirer zu sechs Monaten bedingter Haft und 4.800 Euro verurteilt worden. Dem Mann wurde die Teilnahme an einem Pyramidenspiel - einem „Schenkkreis“ - vorgeworfen.

Der Prozess ist ein Nebenschauplatz eines großen Verfahrens, bei dem es um einen Schaden von über 600.000 Euro geht - mehr dazu in Pyramidenspiel: Prozessauftakt im Oktober.

„Schenkkreise“ in Deutschland nicht strafbar

Der 65-Jährige stieg 2006 mit 5.000 Euro in das Spiel ein, die dann binnen drei Monaten zu 40.000 Euro wurden. Der satte Gewinn von 35.000 Euro in dieser kurzen Zeit animierte ihn, weiter mitzumachen. Insgesamt bekam er 82.000 Euro ausbezahlt.

Die Geldübergabe erfolgte immer in München. Der Verteidiger legte ein Schreiben der Staatsanwaltschaft München vor, das besagte, dass solche „Schenkkreise“ in Deutschland nicht strafbar seien. „Wäre er nur in Deutschland geblieben“, kommentierte der Staatsanwalt.

Angeklagter mit Erinnerungslücken

Vom Angeklagten war wenig Erhellendes zu hören: Er berief sich auf seine Burn-out-bedingten Erinnerungslücken. Nach der anfänglichen Euphorie begannen nämlich schon bald die Ermittlungen, und mit den fulminanten Gewinnen war es vorbei. Was folgte, waren ab 2008 zehn Jahre voller „Schlaflosigkeit, Bluthochdruck, Depressionen und Suizidgedanken“, wie es der Verteidiger beschrieb. Um zu den Auszahlungen zu kommen, musste der Angeklagte weitere Personen bringen, die gewillt waren, an der wundersamen Geldvermehrung zu glauben, und diese fühlten sich als Geschädigte.

„Eingestiegen bin ich selbst“

Eine Zeugin gab an, dass sie 5.000 Euro investiert hatte und statt der versprochenen 40.000 Euro nur 10.000 bekommen habe. Jeder Teilnehmer musste weitere Zahlungswillige bringen, damit der Geldfluss zumindest kurzzeitig funktionierte. „Fühlen sie sich selbst betrogen?“, fragte die Richterin. „Die Vorgangsweise war nicht korrekt, aber eingestiegen bin ich selbst“, antwortete die Zeugin.

Sechs Monate bedingte Haft

Ab 1. Oktober stehen rund ein Dutzend Angeklagte in dieser Sache vor Gericht, weitere kleinere Strafanträge werden ebenfalls bearbeitet; ein Urteil soll erst im Jänner 2019 erfolgen, müssen doch rund 300 Zeugen gehört werden. Der 65-Jährige wurde dagegen schon am Mittwoch zu einer bedingten Haftstrafe von sechs Monaten und einer unbedingten Geldstrafe von 4.800 Euro verurteilt. Er meldete sofort volle Berufung an, das Urteil ist nicht rechtskräftig.