Busspur-Öffnung: Geteilte Meinungen aus Graz

Nach Wien kommen auch aus Graz nicht nur zustimmende Worte für den Regierungsplan, Busspuren für Elektroautos zu öffnen. Die Grazer Verkehrsstadträtin Elke Kahr ist dagegen. Bürgermeister Siegfried Nagl will diskutieren.

Der Ministerrat beschließt am Mittwoch Bevorzugungen und Anreize für Menschen, die Elektroautos fahren. Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) wollen eine Ausnahme von Tempolimits beim Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) erreichen; außerdem sollen Gemeinden die Mitbenützung von Busspuren sowie Erleichterungen beim Parken für E-Autos ermöglichen - mehr dazu in E-Autos sollen auf Busspuren fahren dürfen (news.ORF.at).

Busspur

ORF.at/Dominique Hammer

In Wien erteilten Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) und „Öffi“-Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) dem Plan der Bundesregierung schon im Voraus eine Absage - mehr dazu in Wien gegen E-Autos auf Busspuren (wien.ORF.at) - und auch aus Graz kommt Ablehnung: „Die Öffnung der Busspuren hätte weitreichende Konsequenzen auf Verkehrssicherheit und Verkehrsorganisation“, so Verkehrsstadträtin Kahr von der KPÖ. Die Privilegierung von E-Autos sei der falsche Weg.

„Konsequenzen für Sicherheit und Organisation“

Faktum sei, „dass auch Elektroautos Platz brauchen und ein Gefährdungspotenzial darstellen. Mit einer derartigen Maßnahme würden wir den öffentlichen Verkehr konkurrenzieren und behindern, statt ihn zu beschleunigen“, so die Stadträtin. Zusätzliche Autos auf der rechts geführten Busspur seien für die anderen Verkehrsteilnehmer schwer einschätzbar und stellten durch Spurwechsel und Fahrmanöver ein Gefährdungspotenzial dar.

Öffis verfügten über eigene Signalgeber, die Freigabe für Autos würde die Einrichtung eigener Signale erfordern, merkte sie weiter an. Der öffentliche Verkehr werde auf den eigens eingerichteten Spuren durch die E-Autos langsamer und unattraktiver, was insgesamt die verkehrspolitische Priorisierung im Verkehrsgeschehen infrage stelle, betonte Kahr.

Auch bei der steirischen Pendlerinitiative ist man skeptisch - deren Obmann Franz Gosch fordert vielmehr freie Fahrt für Fahrgemeinschaften ab drei Personen: Der Vorschlag einer beschleunigten Fahrt auf Busspuren für Fahrgemeinschaften sei, so Gosch, effizienter, leichter kontrollierbar und reduziere das tägliche Verkehrsaufkommen speziell in den Ballungszentren entscheidend.

„Gewisse Bussspuren vorstellbar“

Elektroautos machen in Graz derzeit einen Anteil von eineinhalb Prozent am Gesamtverkehrsaufkommen aus. Bürgermeister Nagl von der ÖVP will über Neuerungen diskutieren: „Ich kann es mir vorstellen, dass es bei gewissen Busspuren in Graz auch möglich sein wird, künftig mit dem E-Fahrzeug zu fahren. Entscheiden wird letztlich der Gemeinderat. Ich weiß, dass die Frau Stadträtin gleich eine Absage erteilt hat, aber ich glaube, es gibt Busspuren, die sich eignen und es gibt ein paar Bereiche, wo es schwieriger wird, vor allem auch wegen der Ampelschaltungen.“

Verkehrsexperte skeptisch gegenüber Tempo 130

Nagl befürwortet, dass der sogenannte Lufthunderter für E-Autos aufgehoben werden soll. Kurt Fallast vom Institut für Straßen und Verkehrswesen an der Technischen Universität Graz und Geschäftsführer des Ingenieurbüros Planum, warnt vor möglichen gefährlichen Situationen: „Weil wir eine neue Klasse an Fahrzeugen erzeugen, also mehr Inhomogenität. Wir haben jetzt die Lkw, mit etwa 70 bis 80 km/h, wir haben dann die 100er-Pkw und wir haben die 130er-Elektrofahrzeuge. Diese Mischung verschiedener Geschwindigkeiten kann auf zweistreifigen Fahrstreifen sehr schnell zu riskanten Ausschermanövern, längeren Überholvorgängen für Lkw führen, sodass sich die Elektrofahrzeuge gar nicht so frei bewegen können, wie man ihnen mit den 130 sozusagen verspricht.“