Gemeinden auf „Erasmuszug aufgesprungen“
Seit 1987 gibt es das Austausch- und Fortbildungsprogramm Erasmus - mehr dazu in 30 Jahre Erasmus (9.5.2017). Doch längst ist das EU-weite Bildungsprojekt nicht mehr nur für Schüler oder Studierende gedacht: Seit 2014 ist Erasmus mit anderen Programmen zu Erasmus+ und damit zum größten Bildungsförderungsprogramm in der EU verschmolzen.
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Gepostet von Erasmus+ am Freitag, 12. Oktober 2018
Wie funktionieren Bildungssysteme in anderen Ländern? Wie sieht etwa der Unterricht in Finnland aus? Was macht Großbritannien anders? Diesen Fragen können Lehrer, Schulleiter, Bildungsregionen und Bildungsbehörden im Rahmen von Fortbildungsreisen nachgehen - heuer beteiligen sich erstmals auch drei steirische Gemeinden an Erasmus+.
Österreichweit erstmalig
Die Gemeinden Neudau, Pöls-Oberkurzheim und Hartberg reichten Projekte vom Kindergarten bis hin zu maturaführenden Schulen ein, die auch bewilligt wurden - österreichweit in dieser Form eine Premiere, sagt Maria Pichlbauer vom Landesschulrat Steiermark: „Die Gemeinden sind voll auf diesen Erasmuszug aufgesprungen. Es geht um regionale Bildungsentwicklung, darum, gemeinsam unterwegs zu sein, sich gemeinsam etwas anzuschauen, zu schauen, was man hereinbringen kann in die Steiermark, wie man das umsetzen kann.“
Hartberg will Ansätze mitnehmen
In Hartberg sind laut Bürgermeister Marcus Martschitsch über Erasmus+ Auslandsreisen nach Finnland und Großbritannien geplant, um sich die Bildungssysteme dort anzusehen und sich spezifischen Input zu holen, „sodass es am Ende des Tages den Schülern zugute kommt, dass man seine Stärken erkennt, wo man für das Nach-Der-Schule einen Erfolg erreichen könnte“.
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Großbritannien sei diesbezüglich sehr interessant, „weil es dort ein System der Ganztagsschule gibt, wo die ganzheitliche Betreuung von 9.00 bis 17.00 Uhr gewährleistet ist. Und wenn wir ein paar gute Ansätze von dort mitnehmen können, vielleicht werden dann gesetzliche Rahmenbedingungen geändert, sodass es für uns leichter wird, solche ganztägigen Betreuungseinrichtungen zu führen“, so Martschitsch.
Blick über den Tellerrand
In Pöls-Oberkurzheim sieht Bürgermeister Gernot Esser Bildung und Schule als Impulsgeber für ein Zusammenleben in der Gemeinde und eine Möglichkeit, gegen die Abwanderung aus der Region anzukämpfen: „Ein attraktiver Bildungsstandort für die Jugend, aber auch für die Erwachsenen zu sein, ist ein Ansatz, den wir aktiv verfolgen.“ So hat die Gemeinde einen Bildungscampus gestartet, der sich wie ein roter Faden vom Kindergarten über die Volksschule bis zur Neuen Mittelschule zieht.
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Erasmus+ ermöglicht es, über den Tellerrand zu blicken, ist Gernot Esser überzeugt: „Wir haben im nächsten Jahr eine Exkursion nach Deutschland, mit Pädagogen aus Kindergärten und Volksschulen, wo wir gerade diese sehr sensible Nahtstelle des Übergangs vom Kindergarten in die Volksschule bearbeiten möchten - und da gibt es gute Beispiele in Baden Württemberg, wie man das gut lösen kann. Das möchten wir uns anschauen.“
Fokus auf Mehrsprachigkeit
Die Gemeinde Neudau führt es in die Niederlande: Laut Bürgermeister Wolfgang Dolesch, der Erasmus+ als Vorzeigeprojekt bezeichnet, um das Bildungssystem in der Region Oststeiermark zu etablieren, will sich eine Delegation hier mehr- bzw. vielsprachige Kindergärten ansehen.
Auch Schuldirektor Peter Hochwald erhofft sich von der Reise unter anderem neue Erkenntnisse, was Deutschförderklassen betrifft - denn auch in Neudau gebe es einen hohen Anteil an Kindern mit Deutsch als Zweitsprache: „Das ist interessant, denn in Holland gibt es ‚Sprachstartklassen‘ - so heißen sie in Holland - schon länger. In Österreich gibt es das erst seit heute, da gibt es noch keine Erfahrungswerte - die kann man sich einholen.“
„Leben in einem vereinten Europa“
Interessant für den Direktor sei auch das Thema Schulcluster, das in Holland schon lange gelebte Praxis darstellt. Hochwald leitet bereits zwei Schulen - zwar noch nicht als Cluster, aber auch in Österreich sollen künftig ja mehrere Schulen unter einer Leitung stehen: „Projekte, die unter Umständen gemeinsam gestartet werden können und die Synergien, die sich für beide Schulen ergeben, wenn man sie unter eine Leitung stellt - da sind wir schon sehr gespannt darauf.“
mobilnost.hr
Fast 200 steirische Schulen nehmen mittlerweile aktiv an Erasmus-Projekten teil, sagt Bildungsdirektorin Elisabeth Meixner. Dass jetzt auch Gemeinden dabei sind, freut sie: „Wir leben in einem vereinten Europa. Neuerdings denken wir mehr in Regionen, das heißt, dass wir dort auch Fortbildungsmöglichkeiten schaffen, schauen, was die Region braucht.“ Ziel sei es, die Gemeinden künftig noch stärker in die Verantwortung zu nehmen, um gemeinsame Projekte aufzustellen.