„Staatsverweigerer“: Der „Weisenrat“

Am fünften Verhandlungstag im Prozess gegen 14 Mitglieder des „Staatenbunds Österreich“ ist am Freitag weiter der Zweitangeklagte befragt worden: Dabei sagte der 71-Jährige aus, er sei zum „Weisenrat“ auserkoren worden.

Am fünften Verhandlungstag machte sich im großen Schwurgerichtssaal schon eine Art Routine breit: Die 14 Angeklagten und ihre Verteidiger verteilten sich in gewohnter Manier, auch die Geschworenen mussten nicht mehr nach ihren Plätzen suchen. Die Laienrichter, die sich bei diesem Verfahren bisher als höchst aufmerksam erwiesen hatten, stellten auch diesmal wieder einige Fragen.

Ein Bodyguard mit Judo-Kenntnissen

Am Freitag war wieder der Zweitangeklagte an der Reihe: Der 71-Jährige soll der Stellvertreter der „Präsidentin“ gewesen sein, er bezeichnete sich in erster Linie als ihr „Beschützer“; wie der Ankläger durch Tonaufzeichnungen beweisen konnte, war der Pensionist an sehr hoher Stelle tätig.

Ob der pensionierte Gendarm eine Waffe getragen habe, wenn er das Oberhaupt des „Staatenbundes“ beschützt habe, wollte einer der Geschworenen wissen: „Nein, das war nicht nötig, ich habe auch eine Nahkampfausbildung“, erklärte der Befragte und verwies auf seine Judo-Kenntnisse.

Das „Lebenswerk“ der „Präsidentin“

Der Staatsanwalt gab dem Zweitangeklagten nochmals die Möglichkeit, seine bisherige, nicht geständige, Verantwortung zu ändern - der 71-Jährige lehnte ab. Er habe mit der ganzen Sache nichts zu tun gehabt: „Es ist ihr Lebenswerk“, so der Beschuldigte in Richtung der Hauptbeschuldigten.

Einige Aufnahmen von Versammlungen bewiesen aber, dass der pensionierte Gendarm bei den Fahrten durch die Bundesländer immer dabei war und jedes Mal auch als Redner fungierte. „Sie hat mir das Mikrofon in die Hand gedrückt, wenn sie erschöpft war und hat gesagt, jetzt soll ich einmal etwas sagen“, rechtfertigte sich der Angeklagte.

Von Eid und Vereidigung

Dass er auch im „Weisenrat“, eine Art Versammlung hochrangiger Mitglieder, war, stritt der 71-Jährige nicht ab, man habe ihn dazu „auserkoren“, betonte er: Er musste einen Eid leisten und bekam dann eine Bestallungsurkunde. Er selbst war es, der schließlich die Erstangeklagte als „Präsidentin“ vereidigen durfte. Das habe aber nichts mit seinem Rang zu tun gehabt, sondern es „hat sich einfach so ergeben“, sagte er.

„Haben sie jemals Führungspersönlichkeiten angeworben?“, fragte der Staatsanwalt. „Was soll ich jetzt sagen?“, überlegte der Pensionist. „Die Wahrheit“, empfahl der Staatsanwalt, der dazu einige Telefongespräche als Beweise vorbereitet hatte. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.

Die Chronologie des Prozesses

Die 14 Angeklagten müssen sich zum Teil wegen versuchter Bestimmung zum Hochverrat, wegen staatsfeindlicher Verbindung und zum Teil wegen Betrugs vor Gericht verantworten - mehr dazu in „Staatsverweigerer“-Prozess ab Mitte Oktober (31.8.2018).

"Staatsverweigerer"-Prozess

APA/Erwin Scheriau

Der Prozess begann am Montag: Der Staatsanwalt legte über mehrere Stunden seine Sicht der Dinge fest. Die Angeklagten tätigten zahlreiche Zwischenrufe, die Richterin hatte zu Beginn Mühe, Ordnung in den Prozess zu bringen - mehr dazu in „Staatsverweigerer“-Prozess: Kurioser Auftakt (15.10.2018). Am zweiten Verhandlungstag waren dann die Verteidiger und auch die Hauptangeklagte am Wort - mehr dazu in „Staatsverweigerer“: „Komische Ideen“ (16.10.2018). Am Mittwoch ging es um die betrügerischen Taten, die die Mitglieder des „Staatenbundes“ gesetzt haben sollen - mehr dazu in „Staatsverweigerer“: Applaus im Gerichtssaal. (17.10.2018). Am Donnerstag wurden die Erstangeklagte und erstmals auch der Zweitangeklagte, ein pensionierter Gendarm befragt - mehr dazu in Der Anruf aus dem Kreml. (18.10.2018).