Grazer will Pumpspeicherkraftwerk optimieren

Pumpspeicherkraftwerke nutzen überschüssigen Strom, um Wasser in Stauseen zu pumpen und bei Bedarf wieder Strom zu erzeugen. Ein Grazer Forscher arbeitet nun daran, auch Wärme- und Kälteenergie zu liefern und zu speichern.

Sogenannte Pumpspeicherkraftwerke sind nicht nur wasserbetriebene Kraftwerke, sondern zählen zugleich zu den am häufigsten großtechnisch eingesetzten Energiespeichern: In Zeiten hoher Stromproduktion wird mithilfe von Überschuss-Elektrizität das Wasser vom tiefer gelegenen Becken in ein höher gelegenes Becken gepumpt. Bei erhöhtem Strombedarf fließt das Wasser durch Fallrohre wieder nach unten und treibt die Turbinen an, die wiederum Strom produzieren.

Neuartiges Konzept

„Der natürliche Energieträger Wasser eignet sich nicht nur in bewährten Pumpspeicherkraftwerken für die effiziente elektrische, sondern auch in großtechnischen Wasserspeichern für die effektive und langfristige thermische Energiespeicherung“, so der Grazer Wissenschaftler Franz Georg Pikl. Er entwickelte ein Konzept, das durch eine elektrische und thermische Doppelnutzung des Wassers in einem Kraftwerksystem auf die Vereinigung dieser Energiespeichertechnologien abzielt.

Franz Georg Pikl

APA/TU GRAZ/Staudacher

Franz Georg Pikl

„Die berücksichtigten Technologien sind seit Jahrzehnten erfolgreich im Einsatz, jedoch ist noch niemand auf die Idee gekommen, sie zu koppeln“, so der Forscher vom Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft. Beim diesjährigen Weltkongress der Internationalen Talsperren-Kommission (International commission on large dams, ICOLD) sorgte sein Konzept für Aufsehen und wurde mit dem internationalen Innovationspreis ausgezeichnet.

Kraftwerk soll tief unter die Erde wandern

Für die Energieversorgung von urbanen Gebieten will Pikl das Funktionsprinzip des Pumpspeicherkraftwerks vollständig und sehr tief in den Untergrund verlegen: Die für die Stromerzeugung notwendigen Höhenunterschiede zwischen den beiden Speicherbecken werden durch unterirdische Tunnelsysteme erreicht. „So bringen wir das System ins Flachland, es wird topografieunabhängig, die Standortfindung wird vereinfacht und Genehmigungsverfahren erleichtert. Durch diese Standortvariabilität können wir uns die besten geologischen Bedingungen aussuchen“, erklärt Pikl den Vorteil der unterirdischen Auslegung.

Fernwärme und Fernkälte

Wasser mit seiner hohen spezifischen Wärmekapazität dient dem unterirdischen Pumpspeicherkraftwerk zusätzlich als thermischer Energiespeicher: Solarthermie, Industrieabwärme oder auch Geothermie sollen dafür sorgen, dass das Wasser in der unterirdischen Speicherkaverne erhitzt wird - laut Konzept wird das Wasser auf bis zu 90 Grad Celsius erwärmt. Die Einspeicherung und Nutzung der thermischen Energie erfolgt mit Wärmetauschern, die in den unterirdischen Wasserspeichern installiert sind. Wenn viel Wärmeenergie gebraucht wird, kann die hohe Temperatur des Heißwassers schließlich über Fernwärmeübertragungsleitungen zum Endkunden transportiert werden.

Doch auch der Markt für Fernkälte wächst: Pikl ergänzte das Konzept daher auch noch um die Fernkältetechnik. Bei der Fernkälte könnten „Absorptionskältemaschinen“ Abwärme als Antriebsenergie für Kühlgeräte verwenden. Nach Pikls Konzept dient das Wasser an heißen Tagen dem Antrieb dieser Maschinen zur Kälteerzeugung und könnte über Fernkälteleitungen zu den Kunden geliefert werden, die damit Gebäude kühlen.

Kürzere Amortisationszeit

„Durch die Kombination der an sich schon sehr effizienten Systeme mit Wirkungsgraden der elektrischen und thermischen Energiespeicherung von je rund 80 Prozent, steigert sich der Energieumsatz bei gleichem Ressourceneinsatz gegenüber der separaten Umsetzung deutlich“, fasst Pikl zusammen. Dadurch sei die errechnete Amortisationszeit kürzer als bei herkömmlichen Pumpspeicherkraftwerken. Die Machbarkeitsstudie war auf ein Wasserspeichervolumen von einer Million Kubikmeter in rund 800 Meter Tiefe ausgelegt.

Der Grazer Wissenschaftler sucht nun nach Energieversorgern und Unternehmen, die gemeinsam mit ihm einen Prototyp des Heißwasser-Pumpspeicherkraftwerks realisieren wollen. „Hinsichtlich des Pariser Klimaschutzabkommens braucht es weitreichende Maßnahmen, um das 1,5-Grad-Klimaziel zu erreichen und gleichzeitig unseren Lebensstandard möglichst zu erhalten. Unser System könnte ein Baustein für eine sichere erneuerbare Energiezukunft sein und wäre dafür eine energieeffiziente und umweltverträgliche Maßnahme“, zeigt sich Pikl überzeugt.

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