Lawinengefahr: Leichtsinn fordert Einsatzkräfte

Der Schneefall hat am Sonntag nachgelassen, dennoch bleibt die Lage in der Obersteiermark angespannt: Zahlreiche Straßen bleiben gesperrt, Hunderte Menschen sind eingeschlossen. Auch der Leichtsinn einiger fordert die Einsatzkräfte.

„Wir haben kein klares Lagebild, die Lage bleibt absolut dramatisch“, sagte Katastrophenschutzreferent Michael Schickhofer (SPÖ) am Sonntag bei einer Besprechung in der Landeswarnzentrale in Graz.

Erkundungsflüge abgebrochen

Aufklärung hätten erste Hubschrauber-Erkundungsflüge bringen sollen: In Aigen stehen zwei Hubschrauber des Bundesheeres bereit, außerdem ist ein Hubschrauber des Innenministeriums im Murtal. Allerdings musste der Hubschrauberflug auf den Grimming abgebrochen werden, und auch der Hubschrauber, der St. Johann am Tauern im Murtal anfliegen hätte sollen, musste abdrehen; der Flug auf den Präbichl wurde gar nicht erst gestartet. Ein Versorgungsflug ins Sölktal gelang allerdings - mehr dazu in Lawinensituation: Hoffen auf Erkundungsflüge.

Schneechaos in der Obersteiermark

APA/BUNDESHEER/PETER LEECHNER

Abseits davon machen den Helfern aber vor allem auch Einsätze abseits der Straßen zu schaffen - Einsätze, für die die Bergretter ihr eigenes Leben riskieren und die nicht notwendig wären, etwa Skifahrer, die trotz Lawinenwarnstufe vier die gesicherten Pisten verlassen und sich dann verirren.

Nicht notwendige Einsätze machen Helfer zu schaffen

„Es ist so, dass viele Skifahrer mit dem Lawinenlagebericht scheinbar nichts anfangen können, und jetzt passiert eben, dass viele Touristen, die sich im Vorfeld nicht informieren, den gesicherten Skiraum verlassen, und das sind dann diese Einsätze, vor allem in der Nacht, wo die Bergrettung ausrücken muss, die zu vermeiden sind. Die Bergretter bringen sich selbst in Gefahr, und wir haben jetzt mit Lawinenerkundungen genug Arbeit, da muss man die Einsatzkräfte nicht zusätzlich belasten“, sagt Harald Zach von der Landeswarnzentrale.

Auf Lokalsuche im Schnee steckengeblieben

Bereits am Samstag musste die Bergrettung auf der Hochwurzen drei Skifahrer aus Schweden, Tschechien und den USA retten, nachdem sie sich im freien Gelände verirrt hatten. Am Hauser Kaibling wurde in der Nacht auf Sonntag ein 17-Jähriger stark unterkühlt in den Schneemassen gefunden, weil er nach Mitternacht - stark alkoholisiert - noch in ein Lokal gehen wollte und im Schnee stecken blieb.

Bis in den Vormittag des Sonntag hinein lief in Schladming die Suche nach einem vermissten Skifahrer: Der Bergrettung war bereits im Einsatz, als er stark alkoholisiert, aber unverletzt im Siedlungsgebiet von einem Security gefunden wurde.

Am Rennfeld bei Kapfenberg setzten zwei Tourengeher einen Notruf ab: Sie waren im freien Gelände unterwegs und konnten aufgrund der Schneemassen nicht weiter. Die Bergrettung begleitete die beiden - stark geschwächt - ins Tal.

Mit Jeans und ohne Handschuhe unterwegs

Ebenfalls am Rennfeld hatte ein in Wien lebender russischer Student im Alleingang eine Wanderung unternommen - bei widrigsten Bedingungen verlor er die Orientierung, weshalb er einen Notruf absetzte.

Bergung

Filmteam Austria/Roland They

Die Bergretter fanden den Wanderer mit einer leichten Unterkühlung, aber unverletzt - da er aber nur in Jeans und ohne Handschuhe unterwegs war, musste er im Wärmezelt durch einen anwesenden Bergrettungsarzt versorgt und aufgewärmt werden.

Sperre ignoriert - Autos zum Teil verschüttet

Riskant war auch ein Einsatz in Wildalpen: Hier wollten zwölf Urlauber den Ort trotz Straßensperre verlassen. Sie waren mit ihren drei Fahrzeugen unterwegs, als eine Lawine die Straße und die Fahrzeuge zum Teil verschüttete. Die Urlauber und ihre Autos mussten mit schwerem Gerät unter Hilfe von Mitgliedern der Lawinenkommission aus den Schneemassen befreit werden, bevor sie ihre Fahrt fortsetzen konnten.

„Die Sperren sind nicht zum Spaß da“

Katastrophenreferent Schickhofer warnte wie auch der Leiter der Landesabteilung Katastrophenschutz, Harald Eitner, Sperren von Straßen sowie Lawinenhinweise und das Wetter überhaupt zu ignorieren: „Wir warnen eindringlich davor, von Routen und Pisten abzuweichen und Sperren zu ignorieren“, so Schickhofer, „die sind nicht zum Spaß da“.

Schneechaos in der Obersteiermark

APA/EXPA/MARTIN HUBER

Neben den zahlreichen Einsätzen der Feuerwehren zur Bergung von Fahrzeugen kam es Samstagabend im oststeirischen Bezirk Weiz zu einer Kollision eines Pkw mit einem Räumfahrzeug: Ein 35-jähriger Autolenker aus dem Bezirk Voitsberg hatte auf der Weizer Straße (LB72) von Weiz kommend in Richtung Birkfeld einen Pkw überholt. Dabei prallte er gegen ein entgegenkommendes Schneeräumfahrzeug, gelenkt von einem 29-Jährigen aus dem Bezirk Weiz. Der verletzte 35-Jährige wurde ins LKH Weiz gebracht.

Verkehr

Der Neuschnee beeinträchtigt auch den Verkehr - das Ö3-Verkehrsservice bietet mit einer interaktiven Karte einen Überblick über die aktuelle Verkehrssituation in der Steiermark und in ganz Österreich.

Straßensperren weiterhin aufrecht

Die Straßen, die am Samstag gesperrt waren, sind immer noch gesperrt - mehr dazu in Lawinengefahr: 1.200 Menschen eingeschneit; dazu gekommen ist die Glattjochstraße im Bereich Hinterwald, wo etwa 15 Personen in einem Feriendorf eingeschlossen sind. Außerdem sind Dutzende Haushalte in den Ortschaften Nieder- und Oberstuttern sowie Espang ohne Strom.

Fast 2.000 Menschen abgeschnitten

Nachdem auch die Straße in die Radmer bei Eisenerz mit rund 500 Bewohnern wegen drohender Lawinen gesperrt wurde, sind derzeit steiermarkweit fast 2.000 Menschen abgeschnitten; die Versorgung sei jedoch weitgehend sichergestellt. Für die medizinischen Zentren in Mariazell und in Eisenerz sei zusätzliches Personal in Bereitschaft gerufen worden, so Schickhofer.

Laut Eitner seien mehrere hundert Einsatzkräfte rund um die Uhr im Einsatz: „Allein in den 39 tätigen Lawinenkommissionen seien zumindest sieben Personen aktiv, alle freiwillig.“ Viele Sperren seien eingerichtet worden, weil die Situation wegen der schlechten Sicht und der Schneefälle unübersichtlich sei: „Wir wissen zum Beispiel nicht, was sich da am Grimming oben abspielt“, sagt Schickhofer etwa zur Sperre der Ennstalstraße (B320) zwischen Espang und Trautenfels.

Wetter

Aktuelle Wetterwerte finden Sie auf wetter.ORF.at

Lawinengefahr bleibt hoch

Eine wirkliche Wetterbesserung ist laut Meteorologen bis zur nächsten Woche nicht in Sicht: Die Lawinenwarnstufe blieb am Sonntag in den meisten Teilen der Obersteiermark auf der zweithöchsten Warnstufe vier, in den anderen bergigen Bereichen auf Stufe drei auf der fünfteiligen Skala. Für die nächsten Tage sind weiterhin Schneefälle angesagt, die Sicht bleibt schlecht.

Tiefwinterliche Verhältnisse haben einen Großteil Österreichs weiter fest im Griff – die Lawinengefahr ist in vielen Teilen des Landes hoch: In Vorarlberg kam es zu einem tödlichen Zwischenfall – ein 26-jähriger Skifahrer wurde im Freigelände von einer Lawine erfasst - mehr dazu in Toter in Vorarlberg, Suche nach Vermissten (news.ORF.at).

Links: