Lawinenwarnstufe fünf in den Nordalpen

Für einzelne Regionen in der nördlichen Obersteiermark gilt seit Dienstagabend die höchste Lawinenwarnstufe fünf. Nun soll im Einzelfall abgewogen werden, ob Gebäude evakuiert werden. Mehr als 1.500 Personen sind weiter abgeschnitten.

Dienstagnachmittag fand ein sogenannter Landeskoordinationsausschuss mit Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) und Katastrophenschutzreferent Michael Schickhofer (SPÖ) statt. Dabei informierten die Einsatzkräfte die Landesregierung über die aktuelle Lage in der nördlichen Obersteiermark, und es wurde über das weitere Vorgehen beraten.

Krisengipfel in der Grazer Burg

Bei dieser Krisensitzung wurde über die weitere Vorgangsweise beraten.

Die Gefahrensituation ist geografisch sehr unterschiedlich: Während etwa in Schladming oder Haus keine Gefahr besteht, ist die Situation im hochalpinen Bereich sehr kritisch - Lawinenwarnstufe fünf gilt deshalb in den Bereichen vom Dachstein über den Loser und den Hochschwab bis zur Rax.

Reine Vorsichtsmaßnahme

Schützenhöfer und Schickhofer sowie auch der Meteorologe Alexander Podesser vom Lawinenwarndienst sprachen von einer Vorsichtsmaßnahme. „Das heißt nicht, dass Galtür vor der Tür steht", sagte etwa Podesser.

Schützenhöfer erklärte, man erwarte bis Freitag in Teilen der Obersteiermark noch bis zu einem Meter Neuschnee: „Ich habe mit mehreren Bürgermeistern gesprochen, alle sagen, dass sie derzeit zurechtkommen. Sie sagten aber auch, sag’ den Einsatzorganisation ja, dass wir alle sehr dankbar sind." Schützenhöfer erinnerte daran, dass es in der Steiermark in den Jahren 1986 und 2006 schon solche Situationen gegeben hatte: „Die Sicherheit hat Vorrang, das ist uns lieber als Verletzte oder gar Tote."

Strafen bei Ignorieren der Warnhinweise

Katastrophenreferent Schickhofer berichtete, dass nach wie vor rund 2.000 Menschen abgeschnitten oder nur schwer erreichbar seien - es stehe aber medizinisches Personal und Bergrettung bereit, um im Notfall in die eingeschneiten Orte zu kommen. „In der Sölk wurden Medikamente benötigt, binnen drei Minuten hatten wir auch einen Arzt, der mit der Bergrettung auf Skidoo und zu Fuß aufgebrochen ist."

Schickhofer erinnerte am Dienstag abermals daran, dass das Ignorieren von Sperren oder Warnhinweisen nicht nur das eigene Leben, sondern auch jenes der Einsatzkräfte in Gefahr bringe - mehr dazu in Lawinengefahr: Leichtsinn fordert Einsatzkräfte. Dafür gebe es auch Strafen: „Das ist eine Verwaltungsstrafe in Höhe von 750 Euro", so Landespolizeidirektor Gerhard Ortner.

Drei Gemeinden sind Katastrophengebiet

Drei Gemeinden wurden zu Katastrophengebieten erklärt: neben Pölstal und Hohentauern - mehr dazu in Lawinensituation: Pölstal und Hohentauern Katastrophengebiet nun auch Pusterwald. In Hohentauern wurde Diesel für die Maschinen und Einsatzfahrzeuge benötigt, so Schickhofer.

Die Straßensituation stellte sich unverändert dar, die Sperren der vergangene Tage dürften noch weitere Tage aufrechterhalten werden, da mehr Schnee, begleitet von Wind angesagt war. Das Bundesheer konnte am Dienstag keine Flüge durchführen. 27 Aufträge der Behörden zu Versorgungs-, Erkundungs- und Lawinenabsprengflügen harrten der Abarbeitung, so Schickhofer - mehr dazu in Schneefälle: Immer mehr Orte abgeschnitten.

Verkehr:

Der Neuschnee beeinträchtigt auch den Verkehr - das Ö3-Verkehrsservice bietet mit einer interaktiven Karte einen Überblick über die aktuelle Verkehrssituation in der Steiermark und in ganz Österreich.

Johnsbach, Gstatterboden erreichbar

Priorität bei Erkundungsflügen hat der Grimming bei Trautenfels - in diesem Bereich ist die Ennstalbundesstraße (B320) seit Samstag gesperrt. Nördlich davon verläuft die Salzkammergutstraße (B145) - eine wichtige Verbindungsstraße ins Ausseerland: Einheimische befürchten, dass auch diese Straße von einer Lawine verschüttet werden könnte. Dann wären aufgrund von anderen Sperren auch die Menschen rund um Aussee eingeschlossen.

Der Multereck - der Lawinenkegel, um den es hier geht - sei aber sicher, sagt Mario Maier von der Landeswarnzentrale: „Es gibt diesbezüglich Meldungen von Seiten des Katastrophenschutzreferenten und der zuständigen Lawinenkommission, dass die Windverfrachtungen in den letzten Tagen so waren, dass von dort keine Gefahr ausgehen sollte." Die Gesäusestraße (B146) zwischen Admont und Hieflau ist derzeit für Anrainer offen: Die Ortsteile Johnsbach und Gstatterboden, wo rund 160 Personen eingeschlossen sind, sind über die Straße erreichbar.

Wetter:

Aktuelle Wetterwerte sowie den aktuellen Lawinenwarnbericht finden Sie auf wetter.ORF.at

Mit einer Situation wie dieser hatten die Einsatzkräfte seit Jahren nicht mehr zu tun, so Alexander Podesser vom Lawinenwarndienst: „Man muss dazu sagen, dass wir für diese Jahreszeit, Anfang Jänner, und wenn wir unsere Statistik anschauen, zu diesem Zeitpunkt eigentlich in den letzten 15 Jahren im Gebirge noch nicht so hohe Schneehöhen verzeichnet haben."

100 Urlauber vom Präbichl gebracht

Am Präbichl im Bezirk Leoben brachten Bergrettung und Feuerwehr Dienstagvormittag 100 Urlauber und Einheimische aus dem abgeschnittenen Gebiet, so Christian Lanner von der Freiwilligen Feuerwehr Vordernberg: „Es muss jetzt der ganze Präbichl noch kontrolliert werden, ob noch Leute oben sind, die eingeschneit sind, ob Autos nicht funktionieren. Das werden wir sukzessive abarbeiten. Dann ist die Straße wieder zu sperren, wegen der Lawinengefahr.“ Einige Bewohner seien in ihren Häusern verblieben - Gefahr bestehe für sie keine.

Auch ein 43 Jahre alter Hüttenwirt und seine Mutter sind am Dienstag von einem Polizeihubschrauber in Thörl ausgeflogen worden. Der Mann verständigte die Polizei, dass er und seine Mutter eingeschneit seien und sie erste Krankheitszeichen zeigen würde. Ein Aufstieg zur Hütte war zu gefährlich, weshalb eine kurzzeitige Wetterbesserung genutzt wurde, um die beiden von der Hütte zu holen.

Auch am Dienstag konnte ein Fünftel der Schüler im Bezirk Liezen ihren Schulweg aufgrund der teilweise gefährlichen Verhältnisse nicht antreten - sie sind von der Bildungsdirektion offiziell vom Unterricht entschuldigt. Die Schulen haben unterdessen geöffnet - mit zwei Ausnahmen: Gesperrt blieb die Volksschule in St. Nikolai im Sölktal, und auch in Bad Aussee sperrte am Dienstag der Bundesschulcluster Erzherzog Johann nicht auf, weil zu viele Zufahrtsstraßen gesperrt sind. Einige Kinder und Lehrer, die nicht mehr nach Hause konnten, wurden privat untergebracht, heißt es von der Bildungsdirektion.

Auch Restösterreich versinkt im Schnee

Über dem Großteil Österreichs liegt derzeit eine dicke Schneedecke. An Winteridylle ist für die Betroffenen jedoch kaum zu denken: Die starken Schneefälle bereiten Lawinenexperten wie auch Hauseigentümern große Sorgen. In manchen Gegenden wurde am Dienstag sogar die höchste Lawinenwarnstufe ausgerufen. Heimische Einsatzkräfte und Freiwillige sind im Dauereinsatz - mehr dazu in Österreich kämpft gegen Schneemassen (news.ORF.at).

Links: