Ramsau: Aufräumarbeiten nach Lawinenabgang

Eine große Lawine hat Dienstagfrüh in Ramsau am Dachstein zwei Hotels erfasst. Die Aufräumarbeiten laufen auf Hochtouren. Mit einer Lawine dieses Ausmaßes wurde nicht gerechnet; es kam glücklicherweise niemand zu Schaden.

Die Lawine war gegen 1.00 Uhr im Bereich des Klanglifts (auch Eiskarlift) abgegangen. Die Einsatzkräfte waren kurz darauf am Ort des Geschehens: 24 Bergretter, Rotes Kreuz, ein Kriseninterventionsteam und zwölf Alpinpolizisten gingen neben zahlreichen Feuerwehrleuten an die Arbeit. Der Lawinenkegel wurde in der Früh mit fünf Suchhunden der Bergrettung abgesucht, danach konnte Entwarnung gegeben werden.

Rund 60 Personen blieben unverletzt

Von den Schneemassen getroffen und schwer beschädigt wurden allerdings ein Apartmenthaus und der „Kirchenwirt“ Pehab - entgegen ersten Meldungen waren die Häuser zum Zeitpunkt des Lawinenabgangs nicht evakuiert, bestätigte auch Leo Josefus von der Polizei: „Es haben sich noch Leute darin befunden. Rund 60 Personen wurden jetzt in andere Quartiere gebracht. Die Wucht der Lawine war derart groß, dass auch geparkte Autos und Kleinbusse versetzt worden sind.“

Bei beiden Objekten wurden zahlreiche Fenster durchschlagen, Schnee drang in die Räume ein. Ein großes Glück dürfte es gewesen sein, dass die Lawine wegen des langen Kegels keine allzu große Kraft mehr hatte und in den Ausläufern der sehr flachen Piste zum Stehen kam.

Speisesaal fast bis unter die Decke mit Schnee gefüllt

Mehr noch: „Das große Glück war einfach auch der Zeitpunkt, wann die Lawine abgegangen ist. Für uns wäre das eine ganz tragische Situation gewesen, wenn die Lawine etwa vier Stunden vorher abgegangen wäre - wenn die ganzen Leute beim Abendessen sitzen, weil der Speisesaal ist bis einen Meter unter der Decke mit Schnee angefüllt“, sagte Heribert Eisel von der Bergrettung Ramsau.

Lawinenabgang in Ramsau

BFV Liezen / KHD52 S5

Dass die bekannte Eiskarlawine, die bei jedem größeren Schneeereignis in Ramsau abgeht, dieses Ausmaß annimmt, überraschte die Betroffenen - eine derart großflächige Lawine gab es an dieser Stelle zuletzt 1999. Auch der Leiter des Lawinenwarndienstes Steiermark, Alexander Podesser, sprach von einer Jahrhundertlawine, die in dieser Art und Weise nicht vorhersehbar war.

Gefahrenpotential falsch eingeschätzt

„Wir haben da ein Erlebnis gehabt in der Nacht, dass sehr tragisch ist, vor allem in dieser Weise, weil wir uns als Lawinenkommission sehr intensiv damit beschäftigt haben - wir sind die letzten drei Wochen fast jeden Tag beieinander gewesen und haben uns das angeschaut, und es war nicht zu erwarten, dass da außerhalb des Gefahrenzonenplanes, der erst vor kurzem erstellt worden ist, noch so ein großes Gefahrenpotential besteht“, so der Ramsauer Bürgermeister Ernst Fischbacher; aus diesem Grund wurden auch die beiden Hotels nicht evakuiert. Unweit des Lawinenkegels befinden sich zudem das Gemeindeamt von Ramsau, der Stützpunkt der Bergrettung und das evangelische Pfarramt.

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Der für Lawinenschutzbauten zuständige Landesrat Hans Seitinger (ÖVP) sagte: „Es ist leider ein Phänomen, dass sich Naturkatastrophen in unseren Tagen zunehmend verdichten und wir jeden Tag hintennach laufen, um vorbereitet zu sein oder zu schützen. Die Brutalität der Natur wird immer ärger, die Art der Vorberechnung stimmt offenbar nicht mehr.“ Als Gegenmaßnahmen sprach Seitinger von gezielten Sprengungen, um Schneemassen nicht so anwachsen zu lassen und technischen Maßnahmen.

Lawinenabgang in Ramsau

BFV Liezen / KHD52 S5

Sogar ein Reisebus wurde von der Lawine regelrecht umgerissen

Der Pionierzug des Militärkommandos Steiermark traf noch am Dienstag in der Ramsau zur Unterstützung ein - die 32 Soldaten führten Sicherungsmaßnahmen bei gefährdeten Gebäuden durch. Laut dem Liezener Bezirkshauptmann Josef Dick wurde im Bereich Kirchenwirt ein Platzverbot eingerichtet. Die Bundesheer-Pioniere würden die Voraussetzungen schaffen, dass man gesichert ins Hotel könne - wenn es sicher sei, werde man das Gepäck der Gäste für deren Abreise bergen, wenn diese eine solche wünschten.

Feuerwehrmann bei Schneeräumung verletzt

Bei der Schneeräumung in der Ramsau wurde am Nachmittag auch ein Feuerwehrmann verletzt: Der 31-Jährige brach beim Abputzen eines mit Schnee bedeckten Daches durch eine Lichtkuppel und stürzte einige Meter ab. Der Mann war bei Bewusstsein, klagte aber über Schmerzen und wurde mit dem Rettungshubschrauber ins Spital nach Salzburg geflogen.

Verkehr:

Der Schnee beeinträchtigt auch den Verkehr - das Ö3-Verkehrsservice bietet mit einer interaktiven Karte einen Überblick über die aktuelle Verkehrssituation in der Steiermark und in ganz Österreich.

Ramsau wieder erreichbar

Bereits in den Abendstunden des Montag war es zu einem Lawinenabgang weiter westlich gekommen, der die Dachstein-Mautstraße verschüttete und Häuser von der Außenwelt abschnitt - die Straße nach Ramsau am Dachstein, die L711, war deshalb gesperrt. Mittlerweile ist Ramsau aber wieder erreichbar. Nur der Bereich rund um den Lawinenabgang ist gesperrt. Die Zufahrtsstraße von Weißenbach im Ennstal über die Lodenwalke sowie vom salzburgischen Filzmoos ist wegen Lawinengefahr schon seit Tagen gesperrt.

Auch droht eine weitere Lawine abzugehen - diesbezüglich sind Sachverständige vor Ort. Für die Ausläufer der bekannten Lawinenstriche in der Ramsau sei der Aufenthalt im Freien abseits der gesicherten Zufahrtsstraßen zu vermeiden, heißt es seitens der Behörden. Dementsprechend blieben laut Bürgermeister Fischbacher die Volksschule Ramsau sowie der Kindergarten am Dienstag geschlossen.

Aufräumarbeiten laufen auf Hochtouren

Die Aufräumarbeiten in Ramsau laufen nach dem Lawinenabgang auf vollen Touren, Personen kamen nicht zu Schaden.

Lage bleibt angespannt

Auch in den anderen Regionen der nördlichen Obersteiermark bleibt die Lage angespannt: Zusätzlich zu den Einsatzkräften vor Ort sind rund 350 Feuerwehrleute aus anderen steirischen Regionen im Katastrophen-Hilfsdienst, Altaussee forderte Hilfe vom Bundesheer an, um den enormen Schneemassen auf den Dächern Herr zu werden.

Die Zahl der von der Außenwelt abgeschnittenen Personen stieg wieder an: Mehr als 1.200 Menschen waren laut Landeswarnzentrale am Dienstag betroffen - auch, weil die Sperre ins Sölktal vergrößert und damit weiter Richtung Ennstal verlegt wurde. Hubschrauberflüge konnten am Dienstag keine durchgeführt weren, heißt es aus dem Büro von Katastrophenschutzreferent Michael Schickhofer (SPÖ).

Lawinenwarnstufe vier

Wie in Ramsau bleibt auch in der übrigen nördlichen Obersteiermark die Lawinengefahr mit Warnstufe vier extrem hoch.

Seit Montagfrüh waren wieder bis zu 80 Zentimeter Neuschnee gefallen, die Schwerpunkte lagen in der Dachsteinregion und den Eisenerzer Alpen - hier sind in den nächsten Tagen auch am ehesten Lawinenabgänge zu erwarten, so Lawinenexperte Podesser: „Unsere Sorgenkinder sind Eisenerz, die Ennstaler Alpen, das Gesäuse - da ist es noch möglich, dass Lawinen abgehen werden, allerdings sind die betroffenen Gebiete, Ortsteile, Gebäudeevakuiert worden.“

Wetter:

Aktuelle Wetterwerte sowie den aktuellen Lawinenwarnbericht finden Sie auf wetter.ORF.at

Wetterbesserung in Sicht

Seit Tagen kämpfen Einsatzkräfte gegen die Schneemengen, weiterhin sind über hundert Straßen aufgrund der hohen Lawinengefahr gesperrt und zahlreiche Orte von der Außenwelt abgeschnitten. Die Lage bleibt prekär, ein Ende des Schneefalls scheint jedoch in Sicht zu sein - mehr dazu in Schnee: Wetterlage bessert sich ab Dienstag und in Beruhigung am Nachmittag (news.ORF.at).

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