Forscher verbessern Diagnostik bei Babys

Forscher der Med-Uni Graz wollen Entwicklungsstörungen von Kindern und Babys künftig früher erkennen: Mit Video- und Audioanalysen sollen neurologische Erkrankungen rascher diagnostiziert werden.

Bewegungen und Laute von Babys können wichtige Hinweise zur motorischen und neurologischen Entwicklung des Kindes liefern. Ein Forscherteam an der Med-Uni Graz rund um Peter Marschik beschäftigt sich seit Jahren mit den Bewegungs- und Lautmustern von Babys und will damit die Früherkennung von Schädigungen des jungen Nervensystems verbessern, etwa bei Autismus.

Erste Laute und Bewegungen können Infos liefern

Beobachtung und Analyse der kindlichen Bewegungsmuster und Lautäußerungen wie etwa Gähnen, Strecken, Strampeln, Saugen oder Lallen erweisen sich sehr wertvoll für die frühe Entdeckung von strukturellen oder funktionellen Fehlentwicklungen. Das zentrale Nervensystem bildet bereits beim menschlichen Fötus ab der achten Woche eine große Vielfalt von motorischen Mustern aus. Die Bewegungsmuster, die sogenannten „General Movements“, bleiben nach der Geburt erhalten und werden ausgebaut - und sie spiegeln die motorische und neurologische Entwicklung des Kindes wider.

Mit Training Krankheit rechtzeitig entgegen steuern

Diese frühen Funktionen seien laut den Medizinern entscheidend für die weitere Entwicklung und eine Art Trainingsprogramm für den Aufbau des Nervensystems. Abweichungen in typischen Bewegungsmustern und Lautgebungen können also Hinweise auf das Vorliegen einer Entwicklungsstörung sein. Die Vision der Wissenschaft: diese Abweichungen rechtzeitig zu erkennen und anhand dieser „Marker“ eine Therapie anzubieten noch bevor die Erkrankung manifest wird.

Videos von Eltern sollen künftig bei Diagnose helfen

Die Grazer Forscher machen sich dabei zunutze, dass viele Eltern Videoaufnahmen ihrer Kinder machen: Ausgangspunkt ihrer Untersuchungen sind solche Video- und Audioaufzeichnungen aus den ersten Lebensmonaten der späteren Patienten. Um zu sehen, ob Auffälligkeiten syndromspezifisch sind, wurden die Ergebnisse mit Entwicklungsprofilen von Kindern, die sich normal entwickeln oder andere neurologische Erkrankungen aufweisen, verglichen.

Bereits erste Erfolge bei seltener Erkrankung

Zuletzt haben sich die Mediziner in einer vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützten Studie mit der Früherkennung des Fragilen-X-Syndroms (FraX) - eine seltene, genetisch bedingte Entwicklungsstörung, die zu einer intellektuellen Beeinträchtigung führt - auseinandergesetzt. „Biomarker fanden wir in Lautmustern von Neugeborenen und den ungezielten spontanen Bewegungen, die vom frühkindlichen Nervensystem ausgehen“, berichtete der Professor für Physiologie und Neurolinguistik an der klinischen Abteilung für Phoniatrie der Med-Uni Graz.

Die Grazer Forscher haben Datensätze von 42 FraX-Kindern zusammengetragen und analysiert. Die Methodik stammt aus dem Screening von Frühgeborenen und wird durch intelligente Audioanalyse und Maschine-Learning weiterentwickelt. Aufgrund der verhältnismäßig geringen Fallzahl, sprach Marschik von „ersten Schritten“. Mit seinem Team will er die Methode weiter verfeinern und typische Symptomkonstellationen in verschiedenen Altersgruppen herausarbeiten.

Link: