„Staatenbund“: Angeklagte hatten letztes Wort

Der Prozess gegen 14 Mitglieder des „Staatenbundes Österreich“ in Graz ist auf der Zielgerade: Am Mittwoch standen die Schlussplädoyers auf dem Programm, das letzte Wort hatten aber die Angeklagten. Nun beginnen die Beratungen.

„Ein Ende des Prozesses ist nun für Sie in Sicht“, sagte zu Beginn der Staatsanwalt Mittwochfrüh an die Geschworenen gewandt, die immerhin seit 15. Oktober knapp 30 Verhandlungstage mitmachen mussten. Auch die 14 Pflichtverteidiger - vom Staat gestellt für die Angeklagten, die den Staat ablehnen - hatten wieder ihre Plätze eingenommen. Lediglich das Zuschauerinteresse war fast völlig abgeflaut.

„Nicht vom hohen Strafrahmen abschrecken lassen“

Der Ankläger verzichtete auf eine Zusammenfassung der Geschehnisse, er widmete sich der Argumentation der einzelnen Verteidiger. Der Anwalt der „Präsidentin“ des „Staatenbundes“ hatte zu bedenken gegeben, Hochverrat sei in Österreich in der Zweiten Republik noch nie angeklagt worden und sei für „ernsthafte Delikte“ gedacht. Der Erstbeschuldigten wurde versuchte Bestimmung zum Hochverrat vorgeworfen, weil sie das Bundesheer mit selbst geschriebenen Haftbefehlen dazu bringen wollte, Regierungsmitglieder zu verhaften; anschließend wollte sie selbst eine Regierung bilden und Staatsoberhaupt werden. Darauf stehen zehn bis 20 Jahre Haft: „Das Gesetz muss angewendet werden, auch wenn einem der Strafrahmen zu hoch ist“, sagte der Staatsanwalt.

"Staatenbund"-Prozess

APA/Erwin Scheriau

Dass Hochverrat mit Gewalt einhergehen müsse und die Angeklagten keine angewendet hätten, sei „richtig so, ist auch nie erwähnt in der Anklage. Angeklagt ist eine Bestimmungshandlung, sie wollten andere dazu bringen, Gewalt anzuwenden“, argumentierte der Ankläger.

„Den ‚Staatenbund‘ wird es immer geben“

Einige Beschuldigten distanzierten sich im Laufe des Verfahrens von ihren Ideen, andere blieben dabei. Zum harten Kern rund um die „Präsidentin“ gehörte auch die Drittangeklagte: Diese legte bei ihrer Verhaftung im Frühjahr 2017 ein Geständnis ab, das sie aber bald widerrief. „Sie hat gesagt, ihr Herz ist immer beim ‚Staatenbund‘, den ‚Staatenbund‘ werde es immer geben“, schilderte der Ankläger. „Richtig“, rief einer der Angeklagten dazwischen.

Bei den Fragen an die Geschworenen fand sich in vielen Fällen der Zusatz, ob es sich möglicherweise um einen „nicht erkennbaren Rechtsirrtum“ seitens des oder der Angeklagten gehandelt haben könnte. „Jedem, der in Österreich in die Schule gegangen ist, muss klar sein, dass er nicht jede staatliche Ordnung ablehnen kann“, meinte der Staatsanwalt dazu - mehr dazu in „Staatenbund“: Viele Fragen für Geschworene.

Verteidiger: „Grober Unfug - aber Hochverrat?“

Der Verteidiger der „Präsidentin“ des „Staatenbundes“ sagte in seinem Schlussplädoyer, seine Mandantin habe zwar „Verschwörungstheorien, die nicht nachvollziehbar sind“, verfolgt, aber sie wollte nie Gewalt anwenden. Ihre „dilettantische Vorgangsweise“ sei daher kein Hochverrat gewesen, sondern eher „grober Unfug“: „Sie hat ein verqueres Gedankengut und sie verfolgt Verschwörungstheorien, die nicht nachvollziehbar sind, aber kann man da Hochverrat annehmen?“

Das Credo seiner Mandantin sei nach wie vor „Wahrheit, Licht und Liebe“, sie habe lediglich aufzeigen wollen, „was alles in unserer Gesellschaft nicht funktioniert“. Auf Hochverrat stehe „die größte Strafe, die das Strafgesetzbuch beinhaltet“, und das sei hier keinesfalls angemessen. „Ihr Verhalten war grober Unfug, aber nicht gefährlich“, so der Anwalt.

„Er wollte etwas Gutes tun“

Ein Beschuldigter, der als „Staatssekretär“ in dem „neuen Staat“ geführt wurde, soll laut Anwalt nie führend tätig gewesen sein: „Er war ein Sekretär im Sinne eines Schreibers, er wusste nicht, was er schreibt, er war ein reiner Umsetzer.“ Sein Mandant sei „mehr oder weniger zufällig“ hineingerutscht, mittlerweile bezeichne er die Ideologie als „Mogelpackung“. Dass der Angeklagte auch das „Landbuch“ geführt hatte, bei dem die Mitglieder um 100 Euro ihren Besitz registrieren lassen konnten - in der Meinung, sie seien dann vor Exekutionen geschützt -, erklärte der Anwalt mit gemeinnützigen Motiven: „Er wollte etwas Gutes tun.“

„Sie war verliebt“

Eine Anwältin schilderte ihre Mandantin als „emotional instabil“, als sie auf ein Mitglied des „Staatenbundes“ traf und sich verliebte: Sie folgte dem Mann dann zu den Versammlungen und geriet so ins Fahrwasser der Hauptangeklagten. Sie sei nur eine „Mitläuferin“ gewesen, die „inhaltlich nie Einfluss genommen“ habe.

Einigen Beschuldigten wird vorgeworfen, mit Hilfe des Bundesheeres eine Entmachtung der Regierung und Installierung einer „Übergangsregierung“ geplant zu haben. „Der vermeintliche Putsch wurde öffentlich im Internet angekündigt“, stellte einer der Verteidiger klar und betonte: „Das Abwehramt war von Anfang an involviert.“

Schlussplädoyers dauerten über fünf Stunden

Nach rund fünfeinhalb Stunden waren die 14 Verteidiger mit ihren Schlussplädoyers fertig. Noch vor dem Schlusswort der Beschuldigten musste einer der Geschworenen aus seinem Amt entlassen werden, weil er die psychischen Belastungen nicht mehr aushalte, so die Richterin. Gerichtspsychiater Manfred Walzl wurde geholt und bestätigte, dass der Laienrichter nicht weiter an der Verhandlung teilnehmen könne. „Jetzt haben wir schon so ziemlich alles erlebt hier“, meinte die Richterin.

„Die anderen sind die Staatsverweigerer“

Dann war die „Präsidentin“ des „Staatenbundes“ am Wort, und ihr Wortschwall setzte sich aus den gleichen Sätzen zusammen, die sie bereits während des Verfahrens wieder und wieder strapaziert hatte: Österreich sei kein Staat, nur eine Kapitalgesellschaft, „deshalb haben wir alle Personalausweise, wie das in einem Unternehmen üblich ist. Wir haben rote Pässe mit einem P für Personalausweis darin“, war sie überzeugt.

"Staatenbund"-Prozess: Die Hauptangeklagte

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Die wahren Staatsbürger seien sie und ihre Gesinnungsgenossen: „Die anderen sind die ‚Staatsverweigerer‘, weil sie unseren souveränen Staat nicht annehmen“, ereiferte sie sich, es sei „laut Vereinten Nationen nicht strafbar, einen souveränen Staat zu gründen“, und nur das hätten sie und ihre Mitstreiter getan. „Wir haben eine Grundstruktur errichtet, wir stehen erst am Anfang“, kündigte sie an. Zum Richtersenat meinte die 42-Jährige schließlich: „Ich habe einen Hausverstand und verstehe offenbar mehr davon als ihr, und ihr habt’s das alles studiert.“

Die Geschworenen beginnen am Donnerstag mit ihren Beratungen, den Angeklagten drohen mehrjährige Haftstrafen - auf versuchten Hochverrat etwa stehen bis zu 20 Jahre Haft. Laut Gericht könnten die Urteile noch am Donnerstag oder am Freitag fallen.

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