Strafrechtsreform stößt bei Experten auf Kritik

Die von der Bundesregierung angekündigte Strafrechtsreform ist für Richter und Experten von Opfer- und Tätervereinen Populismus. Sie verlangen: Opfer müssten besser geschützt, Täter nachhaltiger betreut werden, das aber koste.

Sieben Frauen wurden heuer in Österreich bereits ermordet - in keinem anderen europäischen Land ist der Anteil an weiblichen Opfern bei Tötungsdelikten höher. Die Bundesregierung will mit härteren Strafen dagegen vorgehen - mehr dazu in Regierung bringt Verschärfung auf den Weg (news.ORF.at) -, doch schon der aktuelle Strafrahmen wird nicht ausgeschöpft.

„Liegt am jeweiligen Täter“

Härtere Strafen vermeiden keine Straftaten, darin sind sich Juristen, Psychologen und Sozialexperten einig. Dass der aktuelle Strafrahmen kaum ausgeschöpft wird, hat guten Grund, erklärt Maximilian Kronawetter, Obmann der Richtervereinigung in der Steiermark: „Da gibt es Milderungsgründe und Erschwerungsgründe zu berücksichtigen, also man kann jetzt nicht pauschal sagen, dass die Richter diesen Rahmen nicht ausschöpfen, sondern es liegt am jeweiligen Täter. Und deshalb haben wir auch höchste Bedenken, dass die Mindeststrafen wieder angehoben werden.“

Mehr Sicherheit für Opfer gefordert

Die Auswirkungen der letzten beiden Reformen innerhalb der vergangenen fünf Jahre sind noch nicht evaluiert, die türkis-blaue Bundesregierung plant aber schon die nächste - das stößt auf Kritik: Was Opfer bräuchten, sind nicht höhere Strafen, sondern mehr Sicherheit, sagt Michaela Gosch, Geschäftsführerin des Vereins Frauenhäuser Steiermark.

Wissen, wie es wem geht

„Wenn man Anti-Gewalt-Trainings anbietet, die ich auch für äußerst sinnvoll halte, dann muss das eine Opferschutzorientierung haben. Man muss sich mit der Opferschutzeinrichtung vernetzen, um zu schauen, wie geht es dem Opfer, was macht das Opfer. Und wir müssen auch wissen, wie es mit dem Täter läuft, und ist es jetzt tatsächlich sicher, oder gibt es einen Rückschritt. Das wiederum müsste an die Justiz zurückgespielt werden, damit auch die wissen, wie die Sache läuft“, so Gosch.

Forderung nach mehr Geld

Das setze wiederum voraus, dass in allen Bereichen in Personal investiert wird, fordert Susanne Pekler, Leiterin von Neustart, die Opfern und Tätern helfen: „Wenn wir überlastete Betreuungseinrichtungen haben, wenn wir überlastete Richter und Staatsanwälte haben, und der Akt wochenlang liegt, bis einer reagieren kann, dann ist das natürlich nicht nützlich. Also es braucht eine Investition in diese Systeme, dass man hier wirklich verstärkt, rasch, professionell und effizient reagieren kann.“

Höheres Strafmaß bei Stalking „sinnvoll“

Lediglich bei einem Delikt sei ein höheres Strafmaß sinnvoll, sagte Juristin Barbara Jauk vom Gewaltschutzzentrum Steiermark - nämlich, wenn es um beharrliche Verfolgung, also Stalking, geht: Denn derzeit sei es wegen der geringen Strafdrohung nicht möglich, einen Täter in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen - doch genau diese Verschärfung sei aktuell nicht berücksichtigt worden.

Veranstaltungen am Donnerstag

Zahlreiche Vereine setzen sich am Donnerstagnachmittag öffentlich für ein Ende der Gewalt gegen Frauen ein. Ab 15.00 Uhr finden am Hauptplatz, dem Südtiroler Platz und schließlich ab 17.00 Uhr am Hauptplatz Tanzveranstaltungen und Kundgebungen statt.

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