Arzt-Prozess: Töchter sagen gegen Vater aus

Im Prozess gegen einen oststeirischen Arzt haben am Dienstag zwei Töchter ausgesagt. Sie sprechen von grundlosen Selbstmorddrohungen des Vaters, der sie als „dumm“ und „dick“ bezeichnet haben soll.

Dem Oststeirer wird vorgeworfen, seinen Kindern Alkohol, Cannabis und Schmerzmittel gegeben zu haben, außerdem soll er sie jahrelang psychisch gequält, gedemütigt und beleidigt haben. Vergangene Woche wurde der heute 21-jährige Sohn des Mediziners als Zeuge einvernommen. Er belastete seinen Vater schwer – mehr dazu in Arzt-Prozess: Sohn sollte Vater Spritzen setzen (26.3.2019).

Oft mit Selbstmord gedroht

Im Grazer Straflandesgericht ist am Dienstag die heute 24-jährige Tochter des Mannes in einem getrennten Raum per Videoschaltung in den Gerichtssaal zu den Vorfällen befragt worden. Mit teils stockender Stimme und unter Tränen erzählte die Frau von den Vorgängen innerhalb der Familie. Ihr Vater habe beispielsweise oft grundlos am Esstisch mit Selbstmord gedroht. Etwa dann, wenn die Kinder nicht aufgegessen hatten. Er sei aufgestanden und habe gesagt, er erhänge sich jetzt.

Waffe an die eigene Schläfe gehalten

Als sie vier Jahre alt war, sei der Vater mit einer Waffe an der Schläfe vor ihr gestanden. Sie sei in ein anderes Zimmer gegangen und habe auf den Schuss gewartet, so die 24-Jährige am Dienstag. Heute glaube sie, dass der Vater mit den Selbstmorddrohungen die Scheidung von der Mutter verhindern wollte.

Als sie älter war, habe sie gehofft, dass er sich umbringe, erzählt die Frau vor Gericht. Sie habe auch Angst gehabt, dass er der Familie etwas antun würde. Einmal habe sie geglaubt, gleich seien sie tot, als der Vater mit einem seltsamen Gesichtsausdruck und der Hand hinter dem Rücken auf die Familie zugegangen ist und die Hand dann langsam nach vor zog.

Schraubenzieher im Bauch

Als Kind und in der Pubertät habe er immer wieder zu ihr gesagt, sie sei dumm und dick. Er habe die Geschwister untereinander auch aufgehetzt. Auch habe sie verschimmelte Marmelade essen müssen und ihr wurde Cannabis angeboten. Einmal habe er sie zu sich ins Zimmer gerufen, als ein Schraubenzieher in seinem Bauch steckte. Sie musste das Werkzeug herausziehen. Er habe danach behauptet, er sei daraufgefallen.

Auch Morphium verabreicht

Er sei kein guter Papa gewesen, erklärt die 24-Jährige, die vermutet, dass es ihm nur dann gut ging, wenn es anderen schlecht gegangen sei. Sie erzählte am Dienstag auch, dass sie von ihrem Vater Schmerzmittel gespritzt bekommen habe, wenn sie Regelschmerzen oder eine Blasenentzündung hatte – auch Morphium sei dabei gewesen.

Der Angeklagte folgte den Aussagen seiner Tochter im Gerichtssaal aufmerksam und machte sich zwischendurch Notizen. Am Dienstagnachmittag wurde auch eine zweite Tochter einvernommen. Die heute 30-Jährige sah die Selbstmorddrohungen ihres Vaters als weniger ernst an. Auch sie erzählte von Demütigungen und Beleidigungen durch den Vater.

„Man hat gemerkt, dass er einen nicht mag“

„Fast jeden Tag hat ein Kind in der Früh geweint“, schilderte die ältere Tochter. Auch sie wurde per Video-Schaltung befragt. Man habe nie gewusst, wen er als nächstes zum Heulen bringt, so die 30-Jährige. Auch sie erzählt, ihr Vater habe sie als „fett und hässlich“ bezeichnet. Sie habe sich kaum mehr mit der Familie zu essen getraut, weil sie sich zu hässlich vorgekommen sei.

Die Frau erzählte am Dienstag, dass der Angeklagte ein schlechter Vater gewesen sei. Er sei „gewissenlos mit Menschen umgegangen. Er hat Spaß daran, andere zu demütigen und zu quälen.“ Außerdem meinte die Tochter: „Man hat gemerkt, dass er einen nicht mag und froh wäre, wenn man nicht da wäre. Man hatte das Gefühl, man ist lästig und kostet nur Geld.“

Angeklagter dementiert Vorwürfe

Mit den Selbstmorddrohungen habe der Vater versucht, die Scheidung zu verhindern, vermutet die 30-Jährige. Die Mutter habe vor der Scheidung oft gemeint, der Vater sei krank oder er habe es nicht so gemeint. Der Richter will wissen, ob sie das Verhalten der Mutter für richtig empfinde. Sie, die Tochter, hätte nicht so reagiert, sagt sie. Ähnlich wie ihre 24 Jahre alte Schwester leide sie heute noch an Albträumen und Angstattacken, habe mehrere Psychotherapien gemacht.

Der Angeklagte dementiert die Vorwürfe seiner Töchter weitgehend, bezeichnet sie zum Teil als an den Haaren herbeigezogen. Die Kinder hätten nie Respekt vor ihm gehabt, sagt er vor Gericht. Der Prozess wird in zwei Wochen fortgesetzt. Dann sollen die dritte Tochter und die Mutter befragt werden.