Identitäre: Nagl will Klarstellung von Eustacchio

Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) fordert von Vizebürgermeister Mario Eustacchio (FPÖ) in der Causa Identitäre eine Klarstellung. Die steirische SJ forderte Eustacchios Rücktritt mit einer Projektion am Rathaus.

Der Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) hat am Freitag in der Causa Identitäre Bewegung Österreich und mögliche FPÖ-Verbindung deutlich eine Klarstellung von seinem Vizebürgermeister, FPÖ-Stadtparteichef Mario Eustacchio verlangt.

Persönlich und politisch

„Vizebürgermeister Eustacchio ist aufgerufen, sein persönliches Verhältnis, aber auch das der Grazer Freiheitlichen zu den Identitären unmissverständlich klarzustellen“, so Nagl am Freitag. Nagl hielt in einer Aussendung fest: „Rechtsradikale, rassistische oder neonazistische Ansichten sind weder mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung zu legitimieren, noch mit dem Fehlen strafrechtlicher Verurteilungen zu tolerieren. Graz als erste europäische Menschenrechtsstadt hat hier eine besondere Verantwortung, die für alle Mitglieder des Stadtsenats wie auch des Gemeinderats zu gelten hat.“

Mario Eustacchio, Siegfried Nagl

ORF

Eustacchios erste Klarstellung auf Homepage

Eustacchio hatte am Donnerstag von Hysterie gesprochen und keinen Grund für eine Distanzierung von den Identitären gesehen - mehr dazu in Identitäre: Grazer FPÖ-Chef ortet „Hysterie“.

In einer Stellungnahme auf der Internetseite der Grazer FPÖ wurde danach eine Klarstellung Eustacchios veröffentlicht: "Es versteht sich von selbst, dass eine Bewegung wie die Identitären und eine Partei wie die FPÖ unterschiedliche Wege in der politischen Umsetzung ihrer Ziele wählen. Ebenso klar ist daher auch, dass es in personeller Hinsicht keine Doppelfunktionen geben kann. Diese Erkenntnis ist aber keineswegs neu, die dazugehörigen Beschlüsse wurden in der FPÖ Graz von Beginn an konsequent umgesetzt“, hielt Eustacchio fest und ergänzte: Er sehe darin eine notwendige nachträgliche Klarstellung, halte aber an seinen Aussagen, die er in der Pressekonferenz davor getätigt hat, fest.

SJ-Projektion auf Rathaus-Fassade

Auf der nächtlichen Grazer Rathausfassade finden sich sonst etwa der Adventkalender und auch künstlerische Aktionen: In der Nacht auf Freitag war es aber Projektionsfläche des politischen Aktionismus. Die steirische SJ warf ein farbiges Lichtbild auf die Fassade, mit dem FPÖ-Vizebürgermeister Mario Eustacchio wegen seiner Aussagen zu den Identitären zum Rücktritt aufgefordert wurde.

Projektion

SJ

Wenig freundlich

Die nächtliche Aufforderung auf der späthistorisch-klassizistischen Fassade war wenig freundlich formuliert: „Eustacchio und Sickl - Es reicht! - Schleicht’s euch!“ lautete der Spruch. Auf der Wand vor dem Gemeinderatssitzungssaal wurde ein Bild von Eustacchio - umrahmt von einem Verkehrs-Verbotszeichen - projiziert. Der Grund dafür sei, dass Eustacchio sich nicht von der Identitären Bewegung und dessen Leiter Martin Sellner distanzieren wolle, wie die SJ in einer Aussendung monierte.

SJ: Eustacchio als Vizebürgermeister „untragbar“

Gleichzeitig habe der Vizebürgermeister mit Gemeinderat Heinrich Sickl den Vermieter für das Büro der Identitären in der Steiermark in seinen Reihen, hieß es. Das Identitären-Büro ist als „Hackherzentrum“ offenbar nach dem Kommandanten der Verteidiger der Schloßbergfestung gegen die Franzosen 1809, dem Pionier-Major Franz Hackher, benannt.

Eustacchio sei als Vizebürgermeister der Menschenrechtsstadt Graz untragbar, er und Sickl müssten zurücktreten, sagten SJ-Steiermark-Vorsitzende Maja Höggerl und die Grazer SPÖ-Gemeinderätin Anna Robosch.

Grüne bereiten Misstrauensantrag vor

Die Grazer Grünen bereiten für Montag einen Misstrauensantrag gegen Eustacchio vor. „Sollte es Bürgermeister Nagl bis Montag nicht gelingen, seinen Koalitionspartner dazu zu bringen, sich klar von den rechtsextremen Identitären zu distanzieren, werden wir den Grazer Gemeinderat mit der Vertrauensfrage konfrontieren. Ein Vizebürgermeister, der beim Identitärenkongress als Hauptredner auftritt und einen Gemeinderat duldet, der offensichtlich mit den Identitären eng verbunden ist, ist für Graz nicht tragbar,“ so der Grüne Klubobmann Karl Dreisiebner.

Grüne fordern von Polit-Spitze klare Abgrenzung

Und: Nach der deutlich formulierten Abgrenzung von Bundeskanzler Kurz zu den Identitären - mehr dazu in Identitäre: Kurz will Abgrenzung auch für Kabinettsmitarbeiter (news.ORF.at; 3.4.2019) - fordern die steirischen Grünen, dass der Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) und der steirische FPÖ-Chef und Kurz-Koalitionspartner Kunasek eine ebensolche auch beim Grazer Bürgermeister Nagl und Vize-Bürgermeister Eustacchio durchsetzen – „sonst sind die Worte von Kurz nichts wert“, so Grünen-Landessprecher und Landtagsklubobmann Lambert Schönleitner am Freitag.

KPÖ sieht dringenden Handlungsbedarf

KPÖ-Stadträtin Elke Kahr forderte: „In diesem Fall muss auch Bürgermeister Nagl Haltung zeigen.“ Angesichts der Äußerung von Vizebürgermeister Eustacchio, er sehe keinen Grund, sich zu distanzieren, sehe sie dringenden Handlungsbedarf, so Kahr: „Wenn sich der Grazer Vizebürgermeister, Mario Eustacchio, schützend vor eine Organisation stellt, die vom Verfassungsdienst als rechtsextrem eingestuft wird, ist eine rote Linie überschritten."