Bürger stimmen klar gegen Leitspital Liezen

Die Bevölkerung des Bezirkes Liezen hat sich am Sonntag eindeutig gegen das geplante Leitspital in Stainach-Pürgg ausgesprochen. Zwei Drittel stimmten mit Nein, die Beteiligung lag bei 42 Prozent.

„Soll es im Bezirk Liezen anstelle der bestehenden drei Krankenhausstandorte in Bad Aussee, Rottenmann und Schladming nur mehr ein zentrales ‚Leitspital‘ geben?“ – diese Frage hatten die Bewohner des Bezirkes Liezen am Sonntag zu beantworten. In einer Volksbefragung sprach sich die Bevölkerung deutlich gegen den Bau des neuen Leitspitals in Stainach-Pürgg aus.

Zwei Drittel gegen neues Leitspital

Auf 67,27 Prozent der abgegebenen 26.129 Stimmzettel war am Sonntag laut dem vorläufigen Ergebnis ein Nein angekreuzt. Das Ergebnis ist rechtlich nicht bindend, die Landesregierung muss nun aber mit starkem Gegenwind für ihre Pläne, bis 2025 das neue Leitspital um rund 250 Millionen Euro zu bauen, rechnen. Die derzeitigen Spitalsstandorte Rottenmann, Bad Aussee und Schladming sollen zu Gesundheits- und Facharztzentren umfunktioniert werden.

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„Steiermark heute“ war am Sonntag im Ennstal unterwegs und hat Bürger zum Leitspital befragt. Außerdem war Gesundheitslandesrat Christopher Drexler (ÖVP) im Studio zu Gast.

42,18 Prozent der Wahlberechtigten gaben am Sonntag ihre Stimme ab. 8.520 Ja-Stimmen und 17.512 Nein-Stimmen wurden laut vorläufigem Ergebnis abgegeben. In der Gemeinde Bad Aussee waren 301 Stimmen (89,63 Prozent) gegen das Leitspital, in Schladming 1.895 (91,33 Prozent) und in Rottenmann 2.517 (95,96 Prozent). In Stainach-Pürgg hingegen stimmte wenig überraschend die Mehrheit für den Bau des Leitspitals (89,90 Prozent).

Drexler will an Plänen festhalten

Für ÖVP-Gesundheitslandesrat Christopher Drexler ist das Ergebnis der Volksbefragung nicht erfreulich: „Dieses Ergebnis kommt nicht ganz überraschend. Es ist klar, dass Emotionen, Ängste und Befürchtungen bei so weitgehenden Veränderungen in der Struktur der Gesundheitsversorgung entstehen. Viele davon wurden in den letzten Tagen und Wochen auch gezielt geschürt und befeuert. Für mich ist klar: Dieses Befragungsergebnis nehmen wir selbstverständlich ernst. Wie ich von Anfang an gesagt habe, werden wir uns damit sehr genau und im Detail befassen und wir werden dieses Ergebnis der Befragung intensiv diskutieren. Damit ist für uns alle auch eindeutig der Auftrag verbunden, unsere Pläne und Vorhaben noch deutlicher zu kommunizieren."

Auf einem Stimmzettel wird ein Kreuz gemacht

ORF

Die Mehrheit der Bürger von Liezen sprach sich gegen das Leitspital aus

„Ich sehe es als Aufgabe verantwortungsvoller Politik, diese Entscheidungen zu treffen, um für alle Steirerinnen und Steirer eine noch bessere Gesundheitsversorgung zu schaffen. Wir werden alles daransetzen, dass es uns auf diesem Weg auch mit dem gesamthaften Blick auf die Gesundheitsversorgung gelingt, die 17.512 der knapp 62.000 Liezener Wahlberechtigten zu überzeugen, die bei dieser Befragung über die Spitalsstandorte mit Nein gestimmt haben“, so Drexler.

Opposition sieht Drexler gefordert

Die Volksbefragung wurde von KPÖ und FPÖ initiiert. Beide Oppositionsparteien befürchten Verschlechterungen in der Gesundheitsversorgung im Bezirk – mehr dazu in Volksbefragung zu Leitspital (15.1.2019). In einer ersten Reaktion meinte FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek: „Die Bevölkerung hat sich unmissverständlich für den Fortbestand der bewährten Krankenhausstrukturen ausgesprochen. Es ist nun Aufgabe der schwarz-roten Landesregierung, dem Volksentscheid gerecht zu werden.“ Kunasek will einen Sonderlandtag zum Thema Leitspital Liezen.

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FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek sieht in einem Interview mit Wolfgang Schaller die Landesregierung am Zug, das Votum ernst zu nehmen.

KPÖ-Chefin Claudia Klimt-Weithaler meinte: „Es war kein guter Stil von Gesundheitslandesrat Drexler, bereits vor der Volksbefragung zu erklären, er werde das Ergebnis ignorieren, wenn es ihm nicht passt. Die Menschen wollen nicht überfahren, sondern einbezogen werden. Das Ergebnis ist von allen anzuerkennen und muss auch praktische Konsequenzen haben.“

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KPÖ-Chefin Claudia Klimt-Weithaler zeigt sich im Interview mit Wolfgang Schaller beeindruckt von der hohen Beteiligung an der Volksbefragung.

Der gründe Landtagsklubobmann Lambert Schönleitner zeigte sich in einer Aussendung „erleichtert“ und sah sich in seiner Haltung bestätigt: „Ich gehe davon aus, dass Landesrat Christopher Drexler nach einer kurzen Nachdenkpause seine Pläne stoppen und den Auftrag der Bevölkerung ernst nehmen wird. Der Bevölkerung in einer Region ein neues Gesundheitssystem zu verordnen – ohne dass dieses vor Ort akzeptiert und mitgetragen wird, würde einer demokratiepolitischen Bankrotterklärung gleichkommen. Die ÖVP muss sich entscheiden, ist sie eine Volkspartei oder eine abgehobene Drüberfahrertruppe.“

Landesspitze nimmt Ergebnis zur Kenntnis

In einer Aussendung hielt ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer trotz des Befragungsergebnisses am Leitspital fest: „Der politische Weg ist manchmal steinig. Die Erfahrungen aus der Gemeindestrukturreform zeigen uns, dass vieles, was früher heftig umstritten war, heute von einer großen Mehrheit befürwortet wird. Wir machen die Reformen nicht für uns, sondern für unser Land, unsere Regionen und unsere Mitmenschen. Wir sind gewählt, um zu arbeiten, und wir sind gewählt, um zu entscheiden.“

SPÖ-Chef Michael Schickhofer sah das ähnlich: „Ich nehme das Ergebnis der Volksbefragung und alle damit verbundenen Hoffnungen und Sorgen sehr ernst. Der medizinische Fortschritt, den wir heute erleben, ist so stark, so tiefgreifend und so schnell wie noch nie. Dieser Fortschritt erfordert eine immer größere Spezialisierung, damit wirklich allen Steirerinnen und Steirern die bestmögliche medizinische Versorgung zur Verfügung steht. Die Veränderungen im Gesundheitssystem erfolgen aufgrund dieser medizinischen Notwendigkeiten.“

Gute Erreichbarkeit von vielen Punkten des Bezirkes

Drexler und weitere Befürworter argumentieren mit kürzeren Wegen – das neue Spital in der Gemeinde Stainach-Pürgg wäre durch seine Lage für 88 Prozent der Bevölkerung des Bezirkes in 30 Minuten erreichbar. Schon im Vorfeld hatte der Landesrat aber klargestellt, dass er – unabhängig vom Ausgang der Volksbefragung – an den Spitalsplänen festhalten werde. Drexler ist am Sonntag ab 19.00 Uhr Studiogast in „Steiermark heute“ in ORF2.

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