ÖVP-Schmiedtbauer: „Wir sind alle Brüssel“

Vom 7.134-Seelen-Ort in die Zentrale Europas: Für Simone Schmiedtbauer (ÖVP) bedeutet der Wechsel ins EU-Parlament eine große Veränderung. Im Vorfeld der EU-Wahl kämpft sie mit dem Thema Landwirtschaft um Stimmen.

Bürgermeisterin zu sein, sei der schönste Job gewesen, den sie habe ausüben dürfen, sagt Simone Schmiedtbauer, „weil du so nahe an den Menschen bist und wirklich etwas bewirken kannst“. Aber auch in Brüssel werde es diese Nähe zu den Menschen brauchen, dann eben zu den anderen Abgeordneten: „Das ganze Leben geht auf Kompromisse zurück. Das heißt, ich muss mein Gegenüber ernst nehmen, dann muss ich Allianzen schmieden und dann muss ich schauen, was ist das Beste für uns alle“, so Schmiedtbauer.

Bessere Kommunikation nötig

Ausschlaggebend für ihre Kandidatur sei ein Gespräch mit dem steirischen Landeshauptmann und dem Präsidenten des österreichischen Bauernbunds gewesen: Es brauche wieder Menschen, die Hausverstand und Praxis einbringen, und sie sei eine Praktikerin, sagt Schmiedtbauer.

Simone Schmiedtbauer im Studiogespräch

ORF Steiermark/Alina Neumann

Simone Schmiedtbauer im Radio Steiermark-Gespräch

Die EU hat laut der Politikerin ein Kommunikationsproblem - nicht nur, dass zu wenig Erfolgsprojekte aus Brüssel kommuniziert würden, auch national werde gerne alles Negative auf Brüssel geschoben und die positiven Errungenschaften auf die eigenen Fahnen geheftet. In Zukunft müsse die Kommunikation bis in die kleinste Gemeinde verstärkt werden: „Wir sind uns zu wenig bewusst, dass wir alle Brüssel sind. Brüssel fängt bei uns in den Familien an, in den Gemeinden, in den Betrieben. Wir müssen es schaffen, dass die Leute spüren, was Brüssel jeden Tag für sie bewirkt“, so Schmiedtbauer.

„Es gilt, um jeden Cent zu kämpfen“

Das Thema Landwirtschaft ist Schmiedtbauers Leibthema: Wichtig sei es, dass einmal eine praktizierende Bäuerin ins Rennen gehe, verweist Schmiedtbauer auf ihren landwirtschaftlichen Hintergrund. Die im Raum stehenden Kürzungen im Landwirtschaftsbudget wolle man nicht hinnehmen, denn es müssten die hohen österreichischen Standards aufrechterhalten werden. „Es gilt, um jeden Cent, um jeden Euro zu kämpfen“, sagt Schmiedtbauer.

Simone Schmiedtbauer im Studiogespräch

ORF Steiermark/Alina Neumann

Sie bekennt sich außerdem zu europaweiten Herkunftskennzeichnungen für Lebensmittel. Wenn man ein Produkt kaufe, dann „erwarte ich mir, dass sich Österreich in diesem Produkt befindet und nicht nur Spuren von Österreich.“ Das sei eine Chance für die heimischen Betriebe. Für EU-weite Standards sprach sich Schmiedtbauer nicht dezidiert aus - das würde andere Länder in Bedrängnis bringen.

Auch das Thema der Agrarförderungen wird immer wieder diskutiert. Momentan gibt es mit der Flächenförderung ein Modell, dass die Fördersumme je nach Betriebsgröße verteilt. Man brauche die kleinen und die großen Betriebe, sagt Schmiedtbauer - nur so könne Versorgungssicherheit gewährleistet werden. Die Höhe der Agrarförderungen hält sie für gerechtfertigt: „Kein Betrieb bekommt die Förderung umsonst. Da gilt es Leistungen zu erbringen.“

„Der gelbe Sessel“

„Gemeinsam in Vielfalt“, dieses Motto sieht ÖVP-EU-Spitzenkandidat Othmar Karas auf Fragen des ORF-Publikums nicht nur als Linie der ÖVP im Wahlkampf. Auch bei den Herausforderungen der Gegenwart möchte Karas, bei allen nationalen Unterschieden in Europa, das Gemeinsame betonen: gegen einen europäischen Superstaat, aber als „Kontinent des Miteinanders“ - mehr dazu in Karas für „Kontinent des Miteinanders“ (news.ORF.at)

CO2-Steuern nur EU-weit

Eng mit der Landwirtschaft ist auch das Thema des Klimawandels verbunden, vor allem auch in der bäuerlichen Arbeit sind dessen Auswirkungen massiv spürbar. „Die Landwirtschaft ist nicht Verursacher des Problems, die Landwirtschaft ist Teil der Lösung“, sagt Schmiedtbauer. Eine CO2-Steuer sei gut, wenn sie auf EU-Ebene eingeführt werde und nicht nur in einzelnen Staaten. Dafür solle der Ausstieg aus Kohle und Atomkraft vollzogen werden - es gebe genug grüne Energiequellen. Schmiedtbauer sprach jedoch auch davon, dass jeder einzelne einen Beitrag leisten müsse.

„Leben zu wenig Subsidiarität“

Angesprochen auf die Vorschläge, die Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz in die Wahlschlacht geworfen hatte, sagt Schmiedtbauer: Die 1.000 Verordnungen, die zu streichen seien, seien nicht mehr notwendig oder gehörten verändert - "sonst hätte der Sebastian Kurz das bestimmt nicht angesprochen. Für Schmiedtbauer ist die ÖVP eine Partei der Mitte mit einem modernen Kurs.

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Themen wie der Klimawandel, die Vernetzung und Stärkung des Wirtschaftsstandorts Steiermark und die Außenpolitik müssten auf EU-Ebene geregelt werden. „Dann gibt es aber auch viele Dinge, wo wir wissen, was die Menschen vor Ort brauchen und die sollten wir auch da bei uns regeln“, so Schmiedtbauer. Man rede zwar über Subsidiarität, aber „wir leben es zu wenig“.

Unmittelbar an den Menschen

Bis vor kurzem war Simone Schmiedtbauer Bürgermeisterin von Hitzendorf im Bezirk Graz-Umgebung. Die Regionalpolitik sei wohl die unmittelbarste Form der Politik, meint Schmiedtbauer, die Politik, bei der man am nächsten bei den Menschen sei: „Sie kennen dein Auto, sie wissen, wann du im Gemeindeamt bist, sie wissen, wo du wohnst. Wenn sie wirklich was brauchen oder sie etwas bedrückt, kommen sie zu dir nach Hause, und das kann auch ein Sonntag sein“, sagt die Ex-Bürgermeisterin.

Bekanntes Wortspiel

Fast zehn Jahre lang engagierte sich die zweifache Mutter in der Regionalpolitik für die Österreichische Volkspartei. Eine Sache habe sie dabei sehr schnell festgestellt: „Die Menschen suchen in einem Politiker jemanden, der sich Zeit nimmt und der ihnen zuhört.“ Nun zieht es die Steirerin ins Europa-Parlament - als Vierte auf der ÖVP-Liste tritt sie zur Wahl an. Das Namensspiel „SchmiedtPower“, das die ÖVP-Wahlkampfmaterialien ziert, dürfte dem aufmerksamen Beobachter bekannt vorkommen: Bereits vor vier Jahren trat sie mit dem gleichen Slogan zur Gemeinderatswahl in Hitzendorf an.

Vor dem Einstieg in die Politik arbeitete Schmiedtbauer sieben Jahre im Bankwesen. Seit gut 20 Jahren führt sie gemeinsam mit ihrem Mann in Hitzendorf eine Landwirtschaft mit über 100 Schweinemastplätzen mit dem Schwerpunkt Selbstvermarktung. Ihre Fleischprodukte verkaufen sie ab Hof und am Grazer Lendplatz. Schmiedtbauer, die ihre bäuerliche Tätigkeit immer wieder hervorstreicht, ist in der Landwirtschaftskammer und als Obmann-Stellvertreterin im steirischen Bauernbund tätig.

Die Schwerpunkte von ÖVP und Schmiedtbauer

In Wahlkämpfen wird immer stärker auf Personen gesetzt, inhaltliche Schwerpunkte drohen dabei unterzugehen. Dabei steht hinter jedem Kandidaten eine Partei mit ihren Wertvorstellungen und Zielen. Diese Serie zur EU-Wahl19 fasst die Themenschwerpunkte der steirischen Kandidaten zusammen und soll als Überblick über die Programme der Parteien und als Orientierungshilfe dienen.

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