Nach Zellenbrand: Kritik von Justizgewerkschaft

Ausschreitungen in steirischen Gefängnissen nehmen laut Justizwachegewerkschaft zu - Häftlinge hätten immer mehr Rechte, und daher sinke die Hemmschwelle für Straftaten, heißt es.

Ein Häftling steckt seine Zelle in Brand - mehr dazu in Häftling bei Zellenbrand schwer verletzt (14.5.2019) -, ein anderer rastet aus, verletzt vier Justizwachebeamte und zwei Gefängnisinsassen zum Teil schwer: Das sind nur zwei Vorfälle, die sich in den vergangenen Wochen in den steirischen Gefängnissen abspielten.

Hemmschwelle für Straftaten sinkt

Solche Fälle würden sich häufen, heißt es von der Justizwachegewerkschaft. Dafür gibt es mehrere Gründe: Einerseits ist laut Gewerkschaft zu wenig Justizwachepersonal vorhanden, andererseits würden den Häftlingen immer mehr Rechte eingeräumt, sodass bei ihnen die Hemmschwelle zu Straftaten innerhalb der Gefängnismauern sinke - früher habe es Vergünstigungen für die Insassen gegeben, heute seien das Rechte, sagt Rudolf Wendlandt, Vorsitzender der steirischen Justizwachegewerkschaft dazu.

Den Justizwachebeamten seien im Gegenzug immer häufiger die Hände gebunden: „Wenn sich jemand nicht wohl verhalten hat, hat man früher den Rundfunkempfang und das Fernsehen entziehen können. Heute ist das ein Recht, und man kann auf diese Maßnahme nicht mehr zurückgreifen“, beschreibt Wendlandt.

Gewerkschafter kritisiert geplante Maßnahme

Das seien aber nur Kleinigkeiten - schwerer wiege für den Gewerkschafter etwas anderes: „Es ist jetzt auch in Ausarbeitung, dass Insassen aufgrund psychischer Auffälligkeiten von anderen abgesondert werden müssen“, so Wendlandt über ein neues Gesetzesvorhaben. Diese Absonderung dürfe aber nicht als Maßnahme oder als Sanktion gesehen werden - sie dürfe auch nur solange aufrechterhalten werden, bis sich der Häftling „wieder wohlverhält“, sagt der Gewerkschafter.

„Dann gibt es Gespräche mit Psychologen, der Insasse macht dann Zusagen gegenüber dem Psychologen, und diese Maßnahme wird vom psychologischen Dienst am nächsten Morgen wieder aufgehoben. Am nächsten Tag oder Stunden später haben die Kollegen schon wieder die gleichen Schwierigkeiten mit den Vollzugsdelinquenten“, befürchtet Wendlandt.

Zu wenig Personal in Graz

Maßnahmen wie etwa die Einbeziehung eines Psychologen hätten sich früher bis zu zwei Wochen hingezogen - da habe der Insasse Zeit gehabt, über sein Fehlverhalten nachzudenken. Danach habe es weniger Probleme mit diesem gegeben, sagt Rudolf Wendlandt.

Dazu komme, dass das Justizwachepersonal chronisch unterbesetzt sei, so der Gewerkschafter: Die Dienstbehörde sehe etwa die Planstellen in der Justizanstalt Graz-Jakomini als zu 100 Prozent besetzt an - die Wirklichkeit sehe aber anders aus, denn etwa 20 Prozent der Beamten seien nicht voll einsatzfähig, weil sie sich entweder noch in Ausbildung befinden, aufgrund von Überlastung im Krankenstand oder familienbedingt dienstreduziert sind.

„Tatsache ist, dass derjenige dann nur zwischen 50 und 75 Prozent im Dienst ist und es da keinen Ersatz gibt. Tatsache ist auch, dass in der Justizanstalt Jakomini im Dezember 2018 eine Dienstplanerstellung nur möglich war, mit der Vorplanung von 2.500 Überstunden“, beklagt Wendlandt die Zustände. Ähnlich sei die Situation in der Haftanstalt Graz-Karlau. Einzig in der Justizanstalt Leoben sei die Personalsituation am besten gedeckt, meint Wendlandt.