Das kaiserliche Jagdhaus erzählt

Das ehemalige Jagdhaus von Kaiser Franz Josef in Mürzsteg ist seit dem Zweiten Weltkrieg zweiter Amtssitz des Bundespräsidenten - ein Haus mit Geschichte und vielen Geschichten, die man jetzt nachlesen kann.

Wer auch immer zwölfter österreichischer Bundespräsident wird, bekommt nicht nur ein Büro in der Hofburg und einen Dienstwagen mit Chauffeur, sondern auch sein eigenes Ferienhaus im früheren Mürzsteg am Ufer der Mürz, seit der Fusion 2015 im Gemeindegebiet von Neuberg an der Mürz - und dieses Haus hat viele Geschichten zu erzählen.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 3.7.2016

Anno 1869 beauftragt

Bis zur aktuellen Gegenwart zusammengetragen wurden diese Geschichten von den Autoren Ilsebill Barta, Markus Langer und Marlene Ott-Wodni. Und so beginnt die Lektüre auch dort, wo alles begann - den Bau des Schlosses ordnete nämlich Kaiser Franz Josef am 22. Mai 1869 an, indem er schrieb: „Ich habe den Bau eines Jagdhauses bei Mürzsteg mit einem veranschlagten Kostenbetrag von 30.000 Gulden angeordnet.“

Jagdhaus Mürzsteg Buchtitel

Böhler Verlag

Vom Bau bis zur Gegenwart - die Autoren recherchierten bis ins Details

Doch schon zu Kaisers Zeiten war die Einhaltung von Baukosten offenbar ein Problem, überstiegen die Gesamtkosten des Neubaus das Budget doch deutlich und beliefen sich letztlich auf mehr als 46.000 Gulden.

Gedecke, Musiker und Trophäen

Auch lässt das Buch nachempfinden, welcher Aufwand in Mürzsteg betrieben wurde, wenn der Kaiser hohen Besuch empfing: „Während der Tafel haben die auf der Terrasse postierten Bläser einige Weisen vorzutragen. Das Menü ist im gewöhnlichen Rahmen zu halten, Bordeaux und Portwein für seine Majestät, den Kaiser von Russland, ist zu servieren, Champagner bereit zu stellen.“

Viele zum Teil sehr historische Fotos dokumentieren allerdings, dass die Einrichtung im Jagdhaus gar nicht so prunkvoll war: Die Trophäe eines erlegten Wildes schien dem Kaiser wichtiger zu sein als ein exquisites Möbelstück - etwa die Trophäen von Hirschen, Rotwild, Raubvögeln oder Wildschweinen.

Schloss Mürzsteg

APA/Markus Leodolter

Schloss im Staatsbesitz

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde aus kaiserlichem staatliches Eigentum. Neuer Besitzer des zu diesem Zeitpunkt unbewohnten Jagdschlosses wurde im Dezember 1919 der Kriegsgeschädigtenfonds, der im Haus erst ein Sanatorium, dann eine Ferienkolonie für Waisenkinder und zu guter letzt eine Volksschule errichten wollte. Weil keiner dieser ambitionierten Pläne Realität wurde, beschloss man, das Schloss dem gemeinen Volk zu öffnen und damit den Tourismus im oberen Mürztal anzukurbeln.

Plünderung verhindert

Während der Nazi-Zeit gehörte das Jagdschloss dem Reichsforstamt, nach dem Krieg verhinderte Verwalter Viktor Mittendorfer eine Plünderung des Schlosses durch russische Soldaten. So ist nachzulesen: „Ein russischer General begehrte mit seinen Soldaten Einlass. Der Verwalter führte ihn durch das Schloss und konnte ihm die geschichtlich bedeutende Vergangenheit des Hauses klar machen, unter anderem den Besuch von Zar Nikolaus dem zweiten, im Jahr 1903. Der General schrieb in kyrillischer Schrift einen kleinen Zettel, der an die Haustür gehängt wurde. Ehrfurchtsvoll kehrten alle russischen Soldaten, nachdem sie den Zettel gesehen hatten, um.“

Buchtipp:

„Das kaiserliche Jagdschloss - Geschichte, Ausstattung und Politik“ ist bei Böhlau erschienen und kostet 30 Euro.

Renner erster Präsident in Mürzsteg

Im wiedererrichteten Staat Österreich wurde am 20. Dezember 1945 Karl Renner zum ersten Bundespräsidenten der zweiten Republik gewählt. Als Amtssitz erwählte sich Renner den Leopoldinischen Trakt der Hofburg, wo der Bundespräsident noch heute arbeitet. Für den Sommersitz des Staatsoberhauptes fiel die Wahl recht bald auf das Jagdschloss in Mürzsteg, weil es in der britischen Besatzungszone lag und somit der Kontrolle der Sowjets entzogen war.

Wanderung Heinz Fischer

ORF

Auch Bundespräsident Heinz Fischer war immer wieder in Mürzsteg

Die nach Renner folgenden Bundespräsidenten nutzten das Jagdschloss unterschiedlich intensiv, erst mit Rudolf Kirchschläger lebte die Tradition wieder auf, am Oberlauf der Mürz auch ausländische Staatsgäste zu empfangen. Meist waren es eher informelle Treffen mit Urlaubscharakter.

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