Gemischte Reaktionen zu Fachkräftestipendien

Mehr Arbeitslose, weniger Fachkräfte: Mit der Wiedereinführung des Fachkräftestipendiums will die Bundesregierung aktuellem Fachkräftemangel entgegenwirken. Während das AMS die Aktion begrüßt, ist die Wirtschaftskammer skeptisch.

Seit fünf Jahren steigt die Arbeitslosigkeit in Österreich kontinuierlich an - in der Steiermark waren im August rund 39.000 Menschen ohne Job. Nun beschloss die Bundesregierung nach intensiven Verhandlungen ein umfassendes Paket für den Arbeitsmarkt.

Für Menschen mit geringer Qualifikation

Eine Maßnahme davon ist die Wiedereinführung des Fachkräftestipendiums, das vor einem Jahr ausgesetzt wurde. Das steirische Arbeitsmarktservice (AMS) spricht von einer sinnvollen Lenkungsmaßnahme, denn knapp 40 Prozent aller Arbeitssuchenden verfügen derzeit höchstens über einen Pflichtschulabschluss.

Mit der Wiedereinführung des Stipendiums will die Bundesregierung dem Facharbeitermangel entgegenwirken und gleichzeitig Beschäftigung schaffen - denn derzeit sind es vor allem Menschen mit geringer Qualifikation, die als arbeitslos gemeldet sind, sagt Hermann Gössinger, Sprecher des AMS Steiermark: „Das letzte Fachkräftestipendium war an jene Personen gerichtet, die keine oder nur eine geringe Ausbildung haben und sich über diese Förderung eine Ausbildung erwerben möchten.“

Weiterbildung zur Fachkraft

Mit dem Stipendium wird für die Dauer der Fachkräfteausbildung die finanzielle Existenz gesichert. Gesucht werden Fachkräfte in den Bereichen Bau, Holz, Elektrotechnik, Informationstechnologie und Metalltechnik - also in Branchen, die in der Steiermark einen sehr hohen Stellenwert haben. Das AMS sieht diese Maßnahme besonders positiv: „Jede Form von Qualifizierung ist arbeitsmarktpolitisch höchst sinnvoll, gerade dann, wenn es darum geht, Fachkräfte auszubilden, die von der Wirtschaft konkret benötigt werden.“

„Man muss die Ursache bekämpfen“

Einige Skepsis kommt dagegen von der steirischen Wirtschaftskammer: Beim Wiedereinsetzen des Fachkräftestipendiums würde viel Geld an der falschen Stelle ausgegeben werden.

Hermann Talowski, Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer, hätte da andere Ideen: „Wir würden uns wünschen, Lohnnebenkosten zu senken, die Jugend zu fördern und endlich eine Bildungsreform umsetzen, denn die Stipendien zielen ja auf jene Personen ab, die schlecht ausgebildet sind in der neunten Schulstufe und die schlecht am Arbeitsmarkt vermittelbar sind. Ich glaube, man muss aber die Ursache bekämpfen - mit einer gescheiten Bildungsreform.“

Kritik an Theorielastigkeit

650 Stipendiumsplätze soll es in der Steiermark in den kommenden zwei Jahren geben. Die Ausbildungen dauern dann bis zu drei Jahre - „wo man sehr viel in der Theorie tätig ist und vielleicht eine Ausbildung bekommt, die man in der Praxis draußen dann gar nicht braucht“, kritisiert Talowski. Auf Fachkräfte müsse man dementsprechend noch länger warten, meint der Gewerbe-Obmann, der von einem „Placebo-Effekt“ der Bundesregierung spricht.

Der Erhalt eines Fachkräftestipendiums ist zunächst an ein Beratungsgespräch gebunden. Interessierte können sich an das Arbeitsmarktservice wenden.

Link: