Venedigs Biennale 2017 mit weiß-grüner Note

Über dem Österreich-Pavillon der Biennale in Venedig könnte 2017 auch die weiß-grüne Fahne hängen: Mit Kommissärin Christa Steinle und Kunst-Star Erwin Wurm ist die Steiermark heuer besonders gut vertreten.

Gesellschaftspolitisch spannende Arbeiten verspricht Kommissärin Steinle, während sie einige der Werke des gebürtigen Bruckers Erwin Wurm und der Wiener Lichtkünstlerin Brigitte Kowanz erläutert.

Von links: Erwin Wurm, Brigitte Kowanz und Christa Steinle bei der Vorstellung der Biennale-Nominierten für den Österreichischen Pavillon

BKA / Andy Wenzel

Von links: Erwin Wurm, Brigitte Kowanz und Christa Steinle bei der Vorstellung der Biennale-Nominierten für den Österreichischen Pavillon

Zunächst beschreibt sie Wurms riesigen Eye-Catcher vor dem Hoffmann-Pavillon im Giardini, der Parkanlage, wo sich die Ausstellungspavillons der verschiedenen Länder befinden: „Ein riesiger Truck steht senkrecht auf dem Kopf, das heißt, das Führerhaus ist auf der Motorhaube.“

Stand quiet and look out over the Mediterranean Sea

Bildrecht, Vienna 2017

Wurms One-Minute-Sculpture „Stand quiet and look out over the Mediterranean Sea“

Es ist eine begehbare Skulptur, berichtet die Kommissärin weiter: „Man muss sich durch das Innere des Trucks bis zur Plattform oberhalb durchzwängen, womit man schon eine spezifische Raumerfahrung durchmacht - eine körperliche, eine maschinelle, aber auch eine mediale. Denn wenn man oben angelangt ist, bekommt man die Aufforderung, ein Selfie zu machen.“

Erwin Wurm in Graz

ORF

Einige von Erwin Wurms Arbeiten sind bis Mitte August auch im Kunsthaus Graz zu sehen - mehr dazu in Erwin Wurms Tribut an „die alte Heimat“

„Es gibt wieder Mauern“

Damit mache man eine sozial- oder psychopolitische Raumerfahrung - „von der Enge der Aufzugskabine in die Weite. Der Titel ist ja: Look over the Mediterannean Sea“ - das man dann allerdings nicht sieht. Stattdessen betrachtet man die grüne Wiese: „Das ist dann doch wieder ein Paradoxon“, schmunzelt die Kommissärin und interpretiert Wurms Intention: „Was er da wohl im Auge hat, sind auch die ganzen globalen Migrationsbewegungen - die politischen und psychologischen Dimensionen des Raumes.“

Denn Raum sei, so Steinle weiter, wieder geopolitisch definiert: „Es gibt wieder Mauern, es gibt Zäune, es gibt Grenzen, aber auf der anderen Seite lebt man im grenzenlosen Raum der Information - und das vermittelt uns das Smartphone.“ Nach dem Biennale-Schluss Ende November ist die acht Meter große Skulptur übrigens schon vergeben und wird in New York zu sehen sein.

Globale Bewegungen von Tourismus bis Migration

Im Inneren des Pavillons ist dann ein Wohnwagen unter dem Titel „Just about Virtues and Vices in General“ zu sehen - umfunktioniert und durchlöchert - „eine paradoxe Mischung aus Wohnung und Immobilie, und auf der anderen Seite hat Wurm den Wagen in den Pavillon eingesperrt wie in eine Garage - also zweckentfremdet.“

Just about Virtues and Vices in General,

Bildrecht, Vienna 2017

Wurms One-Minute-Sculpture „Just about Virtues and Vices in General“

Als Performer machen Besucher hier verschiedene Erfahrungen, wie Steinle aufzählt: „Sesshaftigkeit und Nomadentum, Eingrenzung und Ausgrenzung, Mobilität und Immobilität - das sind diese Themen.“ Damit thematisiert Erwin Wurm globale Bewegungen von Tourismus bis Migration

„Radikale Veränderung: das Internet“

Im sogenannten „Light Space“ von Hermann Eisenköck sind dann auch vier von Brigitte Kowanz’ Arbeiten zu sehen - „eine zentrale große Arbeit, wo sie ein Thema vorstellt, eine technische Entwicklung, die das menschliche Leben radikal verändert hat: das Internet“, kündigt Steinle an.

Christa Steinle

Ulrike Rauch

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Radio-Steiermark-Reporterin Ilse Amenitsch hat Kommissärin Christa Steinle zu ihrer Auswahl, der Bedeutung ihrer Aufgabe, dem damit verbundenen Leistungsdruck - und ihrem persönlichen Umgang mit Kritik befragt

So zeigt Kowanz mittels weißem Neonlicht und Zweiweg-Spiegel „Infinity and beyond“. Zwei in Morsezeichen codierte Daten bilden dabei die Grundlage der Arbeit: „12.3.1989 - das Datum der Vorstellung des Internets am CERN in Genf durch Tim Berners Lee. Das zweite Datum ist der 6.8.1991, als die erste Website online ging“, erzählt die Kunstexpertin. Daneben werden in drei weiteren kleineren Lichtboxen die Daten von Google, Wikipedia und iPhone codiert.

Österreich als „große Kulturnation“

Österreich sei politisch zwar ein Kleinstaat, aber dennoch eine große Kulturnation, „und ich habe zwei international renommierte Künstler, die wesentliche Beiträge zu internationalen Strömungen geliefert haben, nominiert. Ich glaube schon, dass der Pavillon auf große Resonanz stoßen wird“, verrät Steinle.

Doch die Verleihung der Löwen für die besten Beiträge sei „sicher ein Politikum. Und durch diese Vielzahl an Nationen, die jetzt teilnimmt, hat sich das noch zugespitzt, weil es ist doch immer eine politische Entscheidung, wenn man bedenkt, dass die wirtschaftlichen Großmächte immer die Pavillons gestellt haben, wo dann die Löwen hingegangen sind.“

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