Bionik: Kaum zu glauben und doch Realität

Algen, die Glas herstellen oder Pflanzen, die Bergbau betreiben - klingt nach Science Fiction, ist aber real. Mit diesen und anderen Phänomenen beschäftigt sich die Physikerin Ille Gebeshuber in ihrem neuen Buch „Wo die Maschinen wachsen“.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 28.5.2017

„Blumen - wie unsere Sonnenblumen zum Beispiel - sind unglaublich erfolgreich darin, Nickel, Kupfer oder Kadmium aus dem Boden zu holen und in sich einzulagern. Wenn der Boden also schwermetallverseucht ist, kann man diesen mit den Pflanzen reinigen“, erklärt die 48-jährige Ilse Christine, kurz Ille C. Gebeshuber. Für ihr 240-seitiges Werk trug sie noch allerlei weitere Beispiele aus der Bionik zusammen.

Vorbilder aus dem Dschungel

Nicht minder spannend sind etwa die Glashäuser, die sich Kieselalgen bauen: „Was ich von den Algen lernen möchte, ist: Wie erzeugen sie ihr Glas nicht nur im 20 Grad warmen Wasser, sondern auch im Polarmeer? Ich finde das unendlich faszinierend, weil unsere Glasherstellung ganz anders und bei hohen Temperaturen funktioniert. Aber sie stellen es schon auch in funktionaler Form her: Diese Häuser werden fix und fertig von der Alge aufgebaut“, so die gebürtige Kindbergerin, die als Physikerin an der TU Wien lehrt.

Cover

ecowin

Buchtipp:

„Wo die Maschinen wachsen - wie Lösungen aus dem Dschungel unser Leben verändern werden“ von Ille C. Gebeshuber (ISBN-13 978-3-7110-0090-3) ist bei ecowin erschienen und kostet 24,00 Euro

Das sind nur zwei Beispiele von vielen, in denen uns die Natur weit voraus ist und die Gebeshuber in ihrem Buch „Wo die Maschinen wachsen“ beschreibt: „Ich war sieben Jahre lang in Malaysia und sehr viel im Dschungel mit vielen Expeditionsteilnehmern unterwegs, und da haben wir unheimlich spannende, inspirierende Organismen gesehen, die uns zeigen, wie man die Dinge besser machen kann.“

„Das haben wir verursacht“

Denn die Organismen hätten mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie wir Menschen, ist die Physikerin überzeugt: „Die brauchen Häuser, in denen sie wohnen, die brauchen etwas zu essen, müssen ihren Mist entsorgen, sich gegen Fressfeinde wehren oder kommunizieren - und man kann sich dabei unheimlich viel abschauen.“

Und das sollten wir alles besser heute als morgen tun, fordert die steirische Physikerin: „Wir sind zum Beispiel jetzt mittendrin im sechsten Massensterben der Arten - das haben wir - durch die Art und Weise, wie wir Dinge machen, transportieren, verwenden - verursacht. Und als ich das erste Mal davon gehört habe, dachte ich mir: Das geht so nicht. Ich muss mir etwas überlegen, wie wir das erfolgreich angehen können. Ich denke mir, solche Gedanken sind auch der Motor, dass etwas weitergeht.“

Plädoyer für eine gemeinsame Sprache

Die große Anzahl menschengenerierter Probleme könne nur mit einem gleichzeitigen Blick über den Horizont des eigenen Fachgebiets gelöst werden, wie Gebeshuber betont: „Es geht gar nicht anders. Diese Probleme sind nicht in Spezialistentunnels angesiedelt - kein Chemiker, keine Physikerin, kein Elektronik-Ingenieur kann sie allein lösen. Da braucht es Leute, die sich in andere Fachgebiete hineindenken können. Man muss nicht alles wissen - aber man muss fähig sein, die Fachsprache der anderen zu verstehen bzw. mit anderen eine gemeinsame Sprache zu finden.“

Ob sich das alles noch ausgeht, um den Planeten Erde zu retten, das kann auch die Autorin nicht sagen, aber: „Es ist immer besser, etwas zu tun als nichts zu tun. Besser spät als nie.“

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