Ein neues „Ballkleid“ für die Grazer Oper

Nicht nur die Ballbesucherinnen schlüpfen für die Opernredoute in ihre schönsten Roben - auch die Oper selbst bekommt jedes Jahr ein neues „Ballkleid“. Entworfen wurde es zum 20. Mal von Mignon Ritter.

Das „Kleid“ der Grazer Oper besteht aus vielen Stoffen. Jeder Raum ist anders gestaltet, die Gestaltung folgt einer bestimmten Dramaturgie. „Der Gast ist der Hauptdarsteller, der einerseits das Ambiente genießen und andererseits aber unmerklich durch das Haus geleitet werden soll“, sagt Mignon Ritter. Seit 1999 ersinnt sie die zauberhaften Welten, in die die Ballbesucher eintauchen.

Theater als „Rädchen, die ineinandergreifen“

Ihre Faszination für das Theater begann in der Jugendzeit: Mit 14 Jahren habe sie in der Deutschen Oper am Rhein in ihrer Heimatstadt Düsseldorf hinter die Kulissen blicken können, erzählt Mignon Ritter. „Ich war von Anfang an von dieser besonderen Atmosphäre in den Theaterwerkstätten, von den phantasievollen Kostümen, Bühnenbildern und ausgefallenen Materialien fasziniert. Davon, dass viele verschiedene Menschen aus diversen Bereichen zusammenkommen, wie ‚einzelne Rädchen‘ mit Phantasie und Engagement ineinandergreifen, um ein großes Ganzes auf die Bühne zu bringen“, so Ritter.

Opernredoute, Ausstatterin Mignon Ritter

Philipp Schulz

Später studierte sie an der Grazer Universität für Musik und darstellende Kunst, seit 2004 unterrichtet sie am Salzburger Mozarteum in der Abteilung für Kostüm- und Bühnenbild. Für die Grazer Oper entwarf sie unter anderem Kostüme für die Oper „Turandot“ und Bühnenbilder für die Opern „Der Wildschütz“, „Die lustigen Weiber von Windsor“ und die Musicals „My fair Lady“ und „Hello Dolly“. Die mehrfach ausgezeichnete Ausstatterin arbeitete unter anderem für Produktionen des steirischen herbst, der Volksoper Wien, dem Stadttheater Gießen und der Bühne Baden.

Erste Opernredoute war Generalprobe und Premiere

Die erste Opernredoute sei die größte Herausforderung gewesen, sagt Mignon Ritter. Die Ausstattung für die Opernredoute ist nicht mit der Arbeit an einem Bühnenbild zu vergleichen, sondern eher mit einer Ausstellung, weil verschiedene Räume gestaltet werden müssen - in diesem Fall das ganze Opernhaus mit seiner Haupt- und Studiobühne, der Stiege, den Foyers, der Montagehalle und der Glasbrücke.

Opernredoute, Kulinarischer Highway

Marija Kanizaj / Opernredoute

Der kulinarische Highway über die Glasbrücke

Ein künstlerisches Konzept für alle Räumlichkeiten zu entwickeln, das Ballatmosphäre versprüht und auch organisatorisch funktioniert, sei nicht einfach gewesen, „vor allem, weil wir es vorher nicht ausprobieren konnten. Es musste zur Ballnacht alles fertig da stehen, ohne dass wir genau sagen konnten, wie viel Zeit alles wirklich in Anspruch nehmen wird. Es war Generalprobe und Premiere in einem“, so Ritter über die schlaflosen Nächte vor der ersten Opernredoute am 9. Jänner 1999.

Ein Marathon für die „Ballfamilie“

Heute sind es die strengen Sicherheitsauflagen, die Mignon Ritter vor Herausforderungen stellen. Es sei natürlich wichtig, dass bei so großen Veranstaltungen so genau hingeschaut wird, sagt sie, „aber manchmal sind einige der Vorgaben schon zum Verzweifeln. Dann muss man immer wieder neue Lösungen finden, um seine Ideen umsetzten zu können“.

Opernredoute 2017, Ballsaal

Philographics

Mittlerweile sind alle Beteiligten zu einem eingespielten Team zusammengewachsen: Jeder denkt mit, die Abläufe sind routinierter geworden „Trotz des Zeitdrucks und der Arbeit herrscht immer eine sehr gute Stimmung. Es ist, als ob sich immer einmal im Jahr die ‚Ballfamilie‘ zusammenfindet“, sagt Ritter. Trotz aller Routine sind die drei Tage und Nächte vor dem Ball für die Ausstatterin aber immer noch ein organisatorischer Sportmarathon geblieben.

Arbeit beginnt am Ballabend

Die Verschnaufpause ist nicht lange - die Arbeit für die nächste Opernredoute beginnt schon am Ballabend. „In meinem Kopf. Da überlege ich schweren Herzens, von welchem Raum ich mich lösen könnte, um eine neue Welt für das nächste Jahr entstehen zu lassen“, sagt Mignon Ritter. Die Entwurfsphase für den jeweils nächsten Ball geht im Sommer los. „Ich bin jedes Mal wieder überrascht, wie kurz die Zeit zwischen den Redouten ist“, so Ritter.

Opernredoute, Dekowerkstatt

ORF

Das Porträt von Diana Ross in der Dekorationswerkstatt

Jedes Jahr gestaltet sie einen der Räume neu. Für die Jubiläumsredoute bekommt die Diskothek eine neue Ausstattung. Im Hinblick auf das erweitere Motto des Abends – „es soll glitzern, funkeln und prickeln“ – orientiert sich Ritter in der Disko an dem New Yorker Szeneclub der 70er-Jahre, dem „Studio 54“: Mit hunderten Diskokugeln, einem Paillettenvorhang und einem Riesenporträt von Diana Ross werden die 70er wachgeküsst.

Neugestaltung Disko, Opernredoute

Mignon Ritter

So wird die Disko am Ballabend aussehen

„Sunset-Club“ und „Francos Tanzbar“

„Am liebsten würde ich immer einen weiteren neuen Raum ergänzen“, sagt Mignon Ritter, da wäre aber selbst das zweitgrößte Opernhaus Österreichs über die Jahre zu klein geworden. So wurde im „Sunset-Club“ vor der Galerie, dem höchsten Stock der Oper, zwar das Thema „Karibik und Südsee“ beibehalten, der Name wechselte allerdings genauso wie die Dekoration. Auch die „Art Lounge“ – sie befindet sich neben der Hauptbühne – wurde umdesignt: Dort erinnern ein Tigerkopf, überdimensionale Bilderrahmen und verschiedene Grüntöne an das Gemälde „Der Traum“ des naturalistischen Malers Henri Rousseau.

Viele Jahre trat der italienisch-österreichische Entertainer Franco Andolfo in der nach ihm benannten Tanzbar auf. Damals mit rotem Samt und Möbeln im Stile des französischen Sonnenkönigs ausgestattet, ist die Tanzbar heute eine Hommage an die Werke des französischen Malers Henri de Toulouse-Lautrec. Dieser war bekannt für seine Plakate, die er zum Beispiel für den Pariser Nachtclub Moulin Rouge anfertigte. Das „1001 Oase Restaurant“ wurde zum Beduinenzelt.

Blumen und Ballett

Aber nicht nur die Oper bekommt zum 20. Jubiläum ein funkelndes Kleid - auch die Chefausstatterin wird in einer besonderen Robe erscheinen: Maria Jöbstl und Rebecca Reinhart von der Modeschule Graz haben im Zuge eines Matura-Projekts ein Kleid für Mignon Ritter entworfen und angefertigt.

Auch für die Blumen gibt es jedes Jahr ein neues Farbkonzept, das mit Mignon Ritter abgestimmt wird. Die Planung und Umsetzung übernimmt Rudolf Hajek mit seinem Team – mehr dazu in „Carpe Diem“ für eine rauschende Ballnacht.

Opernredoute 2015, Mitternachtseinlage

Philipp Schulz

Die Mitternachtseinlage im Jahr 2015

Die Entwürfe für die Kostüme der Tänzer kommen ebenfalls von Mignon Ritter. Da kann es sein, dass das Ballett mit überdimensionalen Erzherzog-Johann-Hüten und Riesenschuhen um Mitternacht auf die Bühne kommt, oder dass Wolfgang Amadeus Mozart bei der Eröffnung vorbeischaut. Die Inspirationsquellen für ihre Ideen sind vielfältig: „Wir haben das Glück, in einem Jahrhundert des Sammelns zu leben. Ich besuche viele Museen, Ausstellungen, Architektur, fremde Städte und ich liebe Kunstbücher aller Art“, sagt Ritter.

„Das Schönste ist das Staunen der Gäste“

Das Schönste an der Opernredoute sei schließlich der Ballabend selbst, wenn sie die glücklichen Gesichter der Ballgäste sehe, die das Ambiente genießen, aus dem Staunen nicht herauskommen und mit ihren Ballroben das Gesamtbild abrunden, so Ritter. „Gerührt war ich auch, als ich gesehen habe, wie unsere Bühnentechniker zurecht stolz ihre Kinder oder Ehefrauen durch die Oper geführt haben, um ihnen alles zu zeigen – wie sie das Haus in den wenigen Tagen verwandelt haben“, erzählt Ritter.

Für sie selbst sei es eine große Ehre, ein Teil der Opernredoute zu sein. „Ich betreibe das mit Leidenschaft. Anders kann man diesen Beruf – vielleicht eher eine Berufung – nicht ausüben“, sagt Mignon Ritter.

20. Opernredoute „glitzert, funkelt, prickelt“

„Es wird glitzern, funkeln, prickeln“, kündigte die Grazer Opern-Intendantin Nora Schmid bei der Programmpräsentation der 20. Opernredoute an. Beim Jubiläumsball ist einiges neu - etwa ein nicht ganz menschliches Conférencier-„Duo“. Auch hat sich viel Prominenz angekündigt - mehr dazu in Viel Prominenz bei 20. Grazer Opernredoute und in 20. Opernredoute „glitzert, funkelt, prickelt“.

Nicht nur die Ballbesucherinnen schlüpfen für die Opernredoute in ihre schönsten Roben - mehr dazu in Kleider machen Leute -, auch die Oper selbst präsentiert sich herausgeputzt und verändert: Dafür sorgen Gerald Trummer und Hannes Peindl - mehr dazu in 20. Opernredoute: Auf ein Bier mit Dagmar Koller. Für den Blumenschmuck wiederum ist seit Anbeginn Rudolf Hajek verantwortlich. Der Florist erklärt, warum die Arbeit herausfordernd ist und er sich freut, wenn die Blumen „abmontiert“ werde - mehr dazu in „Carpe Diem“ für eine rauschende Ballnacht.

„Ich bin der festen Überzeugung, dass die Opernredoute aus dem gesellschaftlichen Leben unserer wundervollen Stadt und unseres wunderschönen Landes nicht wegzudenken ist“, sagt Organisator Bernd Pürcher über den Stellenwert des Balles. Das Event sei Treffpunkt für Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Medien, Kultur und Sport - mehr dazu in „Opernredoute muss Opernredoute bleiben“.

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