„Alte Geschichten“ von Elfriede Hammerl

Mit dem Älterwerden beschäftigt sich die Journalistin und Autorin Elfriede Hammerl in „Alte Geschichten“ - denn für jeden wird der Rucksack an Lebenserfahrungen und Erinnerungen mit den Jahren größer.

Die Geschichten, die Elfriede Hammerl erzählt, hat wohl jeder von uns in der einen oder anderen Form schon gehört oder selbst erfahren: Die Kompromisse, die in fortgeschrittenem Alter bei Beziehungen eingegangen werden, die Selbstverständlichkeit, mit der von Frauen im Oma-Alter die Bereitschaft zur Selbstaufgabe verlangt wird, oder auch die wehmütigen Erinnerungen, dass man doch das eine oder andere Mal eine falsche Entscheidung getroffen haben könnte.

Mit anderen Augen sehen

So geht es der Ich-Erzählerin in der Geschichte „Die Zeckenimpfung“: Als sie erfährt, dass ihr ehemaliger Arbeitskollege gestorben ist, betrachtet sie ihre Beziehung zu ihrem Mann mit anderen Augen. Mit dem Arbeitskollegen war nichts, aber was wäre gewesen, wenn doch? Der, mit dem sie ihr Leben verbringt, ist ganz anders: draufgängerisch, unbekümmert, aber auch verantwortungslos und nicht sehr alltagstauglich. Das hat sie immer schon gewusst, doch jetzt plötzlich löst das in ihr eine unbändige Wut aus.

"Alte Geschichten"

Kremayr & Scheriau

Elfriede Hammerl zeigt in „Alte Geschichten“ mit sehr klarem Blick und nüchtern die Schwächen von Frauen und Männern auf, sie seziert sehr fein die Beziehungsgeflechte und gibt sehr viele Möglichkeiten, bekannte Verhaltensmuster zu entdecken.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 27.5.2018

Alles unter einen Hut kriegen

Hammerl erzählt auch von Carola, die für ihren Thomas die bessere Gefährtin als seine Ex-Frau ist - ein leichtes Spiel, muss sie schließlich nicht zwei kleine Kinder, einen Vollzeitjob und einen anspruchsvollen Pascha unter einen Hut bekommen. Aber sie schweigt und genießt diese Rolle, weiß sie doch, dass es in ihrem Alter nicht mehr selbstverständlich ist, einen Partner zu finden. Hellhörig wird sie dann aber doch, als Thomas beginnt, von der Vorgängerin seiner Ex zu schwärmen.

Sein eigenes Leben leben

Und dann wäre noch Daisy, die mit ihrem Mann und ihrer Tochter von der Stadt in einen kleinen Ort gezogen ist. Im Nachbarhaus wohnt eine ältere, alleinstehende Frau - perfekt für Daisy, fehlt doch in ihrer Vorstellung vom Idyll am Land nur noch eine ältere Dame, die sich rührend um ihre kleine Tochter kümmert - sie geht wie selbstverständlich davon aus, dass diese Frau nur darauf gewartet hat, die Oma-Rolle zu übernehmen. Doch die Nachbarin will zu Daisys Enttäuschung nichts davon wissen und lebt ihr eigenes Leben.

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