Schauspielhaus setzt „Erinnya“ in den Kopf

Das Grazer Schauspielhaus bringt das neue Stück von Clemens J. Setz auf die Bühne: Im Mittelpunkt von „Erinnya“ steht ein Mann, der aus seinen Depressionen herausfindet, indem er ein neuartiges System in seinen Kopf lässt.

Ein Blick in die Kristallkugel der technischen Innovation ist bei Hollywood-Science-Fiction Filmen absolut keine Seltenheit - man könnte sagen, Clemens Setz macht in „Erinnya“ im Grunde Ähnliches.

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 15.11.2018

„Erinnya“ ist ein digitales, angeblich demokratisches System - das ständig dazulernt, in Real Time Sätze generiert und demjenigen, der es trägt, über ein Headset ins Ohr spricht. Verhalten und Kommunikation werden plötzlich ferngesteuert.

Rasche Verführung durch Technologie

Was nach Science Fiction klingt, ist im Prinzip eine Analyse unserer menschlichen Entwicklung, die von der Realität nicht weit entfernt ist, in der uns Systeme wie Siri oder Alexa mittlerweile Fragen beantworten, Bestellungen aufgeben oder Einkaufserinnerungen aussprechen.

Erynnia

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Altbekannte Generationskonflikte, Spannungen zwischen verschiedenen Lebensrealitäten, Familienidylle und digitale Weltkonstruktionen - all das hat die Schweizer Regisseurin Claudia Bossard in einer kurzweiligen Inszenierung verdichtet: „Es war das Ziel der Inszenierung, zu zeigen, wie stark und wie kräftig diese Systeme sind und wie die sich gegenseitig verschweißen, Stück für Stück. Wie viel Widerstand es braucht, wenn man einem System nicht gerecht werden will und wie schnell man verführt wird“, schildert Bossard.

Wer oder was ist noch normal?

Der technischen Entwicklung und was sie mit den Individuen an sich macht, steht die übergeordnete gesellschaftliche Entwicklung gegenüber. Die Frage nach dem Normalen stellt sich - wer und was wird zur anerkannten Norm und wie gehen diejenigen damit um, die noch von früheren Normvorstellungen geprägt sind.

Erynnia

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Dieses Aufeinanderprallen zweier Welten wird mit Hilfe der Kostüme unterstrichen: Optisch erscheint Matthias - mit dem Erinnyasystem ausgestattet - dem Betrachtenden wohl als der Norm am ehesten entsprechend, während seine Lebensgefährtin und deren Eltern in einer Ganzkörpertapete voller Blumen zur Retroabbildung des Vergangenen werden.

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Mit Erinnya entwirft Clemens Setz wohl auf amüsante und gleichzeitig dramatische Art und Weise eine Zukunftsvision, von der man nicht so recht weiß, ob sie nun positiv oder doch hinterfragenswert ist.

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