„Hate Speech“: Künstlerhaus lässt Hass sprechen

Von der Meinungsfreiheit über Hassparolen bis hin zur Sehnsucht nach Anerkennung in der Welt von Social Media reicht die aktuelle Ausstellung „Hate Speech“ im Grazer Künstlerhaus - und lädt zur Selbstreflexion.

Die „Freiheit der Rede“ steht im Mittelpunkt der Ausstellung "Hate Speech - Aggression und Intimität“ im Grazer Künstlerhaus. Vor dem Hintergrund politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen beleuchten 16 Künstler aus aller Welt das menschliche Kommunikationsverhalten aus vielfältigen Perspektiven.

Jede Stimme zählt

In einem scheinbar leeren Raum etwa zeigt sich erst beim zweiten Hinsehen ein kleines Kunststoff-Mäuschen, das aus einem Mauervorsprung heraus eine minutenlange Rede hält. Mit der Stimme seiner neunjährigen Tochter setzt sich der britische Künstler Ryan Gander für mehr Menschlichkeit und Gerechtigkeit ein - und will zeigen, dass jede Stimme zählt.

Mäuschen

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Über die Kraft von Onlinemedien und digitalen Netzwerken kann auch die zarteste Stimme Millionen Menschen erreichen, bringt der Kurator und Künstlerhaus-Direktor Sandro Droschl die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema auf den Punkt: „Diese Ausstellung spielt mit einem ganz aktuellen Thema, das sowohl Politik als auch Gesellschaft infiziert, weil wir hier aus den Onlinemedien heraus eine starke neue Kraft spüren.“

Die Macht der Vielfalt

Diese Kraft liegt nicht nur in der Reichweite, sondern vor allem auch in der Vielfalt der digitalen Stimmen - das spiegelt auch die Geräuschkulisse wider, die die Besucher quer durch die Ausstellungsräumlichkeiten begleitet: „Die Onlinemedien sprechen aus einer millionenfachen Dichte an Erregungen, an Stimmen und letztlich auch an Aggressionen. Diese Stimmen werden hier abgebildet.“

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 4.2.2019

Unter anderem in der Videoinstallation von Signe Pierce, einer amerikanischen Künstlerin, die ihre Arbeiten auf digitalen Kanälen wie Youtube veröffentlicht und sich vor allem mit ihrer Rolle als Frau in der Gesellschaft auseinandersetzt: Im knallengen blauen Minikleid mit einer silbernen Maske vor dem Gesicht spaziert sie über eine Partymeile in Miami - und fokussiert sich auf die Reaktionen der Menschen, die ihr begegnen.

Haben wir die Kraft zu sagen, was wir wollen?

Im nächsten Raum lässt der niederländische Künstler Folkert de Jong drei große Jesus-Skulpturen mittels schriller Musik und skurrilen Bewegungen miteinander kommunizieren - für den Künstler ein Symbol für die Verkörperung spiritueller Energie und ein Anstoß zur Frage nach der moralischen Position: Haben wir die Kraft zu sagen, was wir wollen?

Gerüst

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Die mediale Vielfalt erleben die Besucher auch über die räumliche Erfahrung: Ein meterhohes Metallgerüst im Hauptraum erlaubt den Blick vom Medienturm auf das Treiben und vergrößert so die Ausstellungsfläche auf neue Ebenen.

Aggression und Intimität

Auch die Bandbreite von Kommunikation und Wirkung ist groß, verweist der Kurator Sandro Droschl auf den Ausstellungsuntertitel „Aggression und Intimität“: „Intimität steht für die Abgrenzung der Person in aktuellen Zeiten. Es wird teilweise sehr aggressiv argumentiert, auf der einen Seite - auf der anderen Seite sind das quasi auch Hilferufe der Leute, die sich Aufmerksamkeit verschaffen wollen, aber auch ein Bedürfnis haben, erkannt, angenommen, ernstgenommen und darüber hinaus liebgewonnen zu werden. Und das meinen wir mit Intimität: Das ist quasi das neue zentrale Element im Versuch des Behauptens der eigenen Person.“

Sich behaupten und im Dschungel der digitalen Möglichkeiten seine eigene Identität zu finden - die künstlerische Auseinandersetzung mit diesem Thema ist noch bis Mitte April in der Ausstellung „Hate Speech“ im Grazer Künstlerhaus zu erleben.

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