Der Untergang des Adels im Schauspielhaus

Dicht inszeniert ist Anton Tschechows „Der Kirschgarten“ am Grazer Schauspielhaus aus dem Jahre 1905. In der Tragikomödie nahm der russische Schriftsteller die russische Revolution und den Untergang des Adels vorweg.

„Der Kirschgarten“ ist das letzte Bühnenwerk Anton Tschechows, und es zeichnet ein vielschichtiges, symbolhaftes Spiel über das Festhalten an erstarrten Strukturen und die Suche nach neuen Chancen: Es geht um eine aus dem alten Adel stammende Familie, die vor dem Bankrott steht, die an der Vergangenheit festhält und den Anschluss an die Zukunft zu verlieren droht.

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 8.2.2019

Festhalten an todgeweihten Idealen

Sentimentale Erinnerungen haben Gutsbesitzerin Ranewskaja in ihre Heimat zurückgetrieben - jenen Ort, den sie vor Jahren, nach dem Tod von Mann und Sohn, fluchtartig verlassen hat. Das Gut ist vollkommen überschuldet und soll samt Kirschgarten zwangsversteigert werden. Der Unternehmer Lopachin rät ihr, den mittlerweile unprofitablen, wenn auch wunderschönen Kirschgarten abzuholzen, das Herrenhaus abzureißen und das Grundstück, aufgeteilt in Parzellen, gewinnbringend an Sommergäste zu vermieten.

Kirschgarten Schauspielhaus Graz

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Anton Tschechow zeigt eine Familie, die sich der Realität verschließt und in ihr Unglück läuft - der Kirschgarten wird zum Symbol für das krampfhafte Festhalten an todgeweihten Idealen. Die Familie will sich nicht von ihrem Kirschgarten trennen: Die wirtschaftlich bedrohliche Situation wird so gut wie möglich ignoriert, noch einmal wird getanzt - doch während die Familie ein rauschendes Fest feiert, ersteigert Lopachin das Gut.

Weiße Vorhänge als Symbol der Unschuld

Der ungarische Regisseur András Dömötör taucht das Stück in poetische und symbolstarke Bilder: „Wir wollten mit den weißen Vorhängen Assoziationen von Unschuld hervorrufen, eine Metapher für die Kindheit, und wir wollten auch diese absurde Schönheit des Gartens zeigen und gleichzeitig ein Geheimnis und eine Gefahr damit symbolisieren.“

Kirschgarten Schauspielhaus Graz

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Dömötör setzt in seiner traumspielhaften und manchmal auch ins albtraumhafte abgleitenden Inszenierung auf die Psychologie der Figuren und baut so die Brücke ins Heute: „Ich wollte am Ende eine Atmosphäre der Hoffnung schaffen und dass es eine Lösung gibt und nicht ein Gefühl erzeugen, dass alles schlechter wird.“

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