König Roger: Oper Graz zeigt rares Meisterstück

Die Grazer Oper wagt wieder den Schritt ins Neuland und lässt zum ersten Mal die 1926 uraufgeführte Oper „König Roger“ des Polen Karol Szymanowski erklingen - ein klangkräftiges Werk über Liebe, Toleranz und Freiheit.

Im mittelalterlichen Sizilien beherrscht der Normannenkönig Roger II. die Insel. Da taucht in seinem Reich ein ebenso charismatischer wie schöner Hirte auf, von dem es heißt, er würde einer neuen Gottheit huldigen, die Menschen zu exzessivem Rausch verführen und dadurch die christlichen Sitten in Gefahr bringen. Schon beginnt Roxane, die Gemahlin Rogers, der Faszination des Hirten zu erliegen, da widersetzt sich der König der Forderung des Klerus und des Volks, den Jüngling hinzurichten.

"König Roger"

Oper Graz/Werner Kmetitsch

Christliches Weltbild gerät in Wanken

König Roger wäscht sein Gesicht in Unschuld, doch sein christliches Weltbild gerät gehörig ins Wanken, als der vor Lebenslust strotzende heidnische Hirte Macht und Glaube zu gefährden scheint. Verstand und Besonnenheit stehen plötzlich Ekstase und Chaos gegenüber, deren Sog sich König Roger nicht entziehen kann, am Ende aber frei von Angst und Zweifel in die Zukunft blickt.

"König Roger"

Oper Graz/Werner Kmetitsch

Verschlüsselte Homosexualität

Seine eigene Homosexualität ist zwar der Ausgangspunkt für Karol Szymanowskis Oper, im Werk aber verschlüsselt sagt Regisseur Holger Müller-Brandes: „Was ich besonders schön finde, ist, dass er sie als ein Mittel verwendet, um ein weiteres Verständnis von Liebe zu ermöglichen, Liebe, die nicht in eine Sentimentalität hineinführt, sondern in etwas Konkretes, Realistisches.“

Passion, Tod und Auferstehung

Müller-Brandes inszeniert das Werk als zeitlose Suche jedes Einzelnen: „Wenn man den mystischen Anfang, den Karol Szymanowski in seiner Komposition wählt, ist das ein Partikel aus der orthodoxen Karfreitagsliturgie. Und so glaube ich, dass die drei Akte so etwas sind wie Passion, Tod und Auferstehung. So gesehen ist es ein höchst spirituelles Drama. Ich glaube, dass es eine große Qualität des Werkes ist, dass es uns davon befreit, dogmatische Begriffe zu benutzen oder verwenden zu müssen oder gar um Begriffe streiten zu müssen, und dass es ein spirituelles Bedürfnis von Menschen in einem modernen Verständnis berührt und aufgreift.“

"König Roger"

Oper Graz/Werner Kmetitsch

"König Roger"

Oper Graz/Werner Kmetitsch

Schlichte, eindrucksvolle Bühnenbilder

Eingebettet ist die Oper in drei schlichte, aber eindrucksvolle Bühnenbilder von Katrin Lea Tag - das erste Bild prägt ein riesiges goldenes Taufbecken, das zweite zeigt den schnörkellosen Palast, das dritte bedeckt die ganze Bühne mit Erde, aus der König Roger sinnbildlich aufersteht.

"König Roger"

Oper Graz/Werner Kmetitsch

Musikalische Vielfalt in kurzer Zeit

Ein musikalisches Meisterwerk, wie der designierte Chefdirigent der Oper, Roland Kluttig, sagt: „Die musikalische Intensität und die Vielfarbigkeit, wie Szymanowski ständig wechselt zwischen den eher aquarellfarbigen Gesängen des Hirten zu der erdigen expressionistischen Musik des König Roger - dazwischen haben wir diesen wunderbaren arabischen Gesang von Roxane und den unglaublich tollen A-capella-Chor - es ist einfach diese unglaubliche Vielfältigkeit in kurzer Zeit, was es so bedeutsam macht“, so Dirigent Roland Kluttig.

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 13.2.2019

Kaum gespielte Meisterwerke

Unverständlich ist Regisseur Müller-Brandes wie auch Dirigent Roland Kluttig, dass König Roger bislang kaum auf den Opernbühnen zu erleben ist: „Die Erklärung ist vielleicht eine im weitesten Sinne politische: Karol Szymanowski war in der Zeit, als er besonders berühmt wurde, in den 1920er-Jahren, im Musikleben seiner Heimat nicht unangefochten. Und dann ist er sozusagen zur Unzeit verstorben. Umso mehr freue ich mich, dass wir dieses Werk jetzt erleben dürfen“, so der Regisseur. „Wir merken, dass aus den 20er-Jahren viele Meisterwerke noch immer ihrer Präsentation harren. Und deswegen ist es wichtig, dass man es immer wieder spielt, um so eine wichtige Stimme den Leuten näherzubringen“, so Kluttig.

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