Herr Bolingbroke amüsiert im Theater im Keller

Zauberhaft-komisch geht es zur Zeit im Grazer Theater im Keller (TiK) zu: In „Herr Bolingbroke beim Zauberer“ mischt der steirische Autor Stefan Schmitzer Elemente des Volksstücks, des Zauber- und des Kasperltheaters miteinander.

Das Stück wird vom Theater im Keller als weiterer Teil aus der losen TiK-Reihe „Classics in the basement“ geführt: Es sei, heißt es auf der Theater-Homepage, eine schief sitzende Allegorie des Rechtspopulismus, angelehnt an einige Leerstellen in der Handlung von Shakespeares Richard II.

Herr Bolingbroke

Theater im Keller

„Herr Bolingbroke beim Zauberer“ ist ein zauberhaft komisches, skurrilles und gesellschaftskritisches Stück mit Isabella Albrecht, Markus-Peter Gössler und Christian Krall.

Wo war Heinrich Bolingbroke?

Der spätere Heinrich IV., Heinrich Bolingbroke, wird von seinem König Richard II. verbannt - das ist das Ende des zweiten Aktes von Shakespeares „Richard II.“. „Bei Shakespeare kommt er dann zurück und macht einen Staatsstreich. Wo er in der Zwischenzeit gewesen ist, das erzählt Shakespeare aber nicht - das erzähle ich“, so Stefan Schnitzer.

Viel Shakespeare steckt laut Schmitzer dennoch nicht in seinem Stück: „Ich beziehe mich auf eine halb historische, halb literarische Figur. Und das Genre, in das ich sie verpflanze - Kasperltheater, Rest von Zauberstück - ist natürlich weiträumig nicht Shakespeare.“

Vom Mittelalter bis zu Apokalypse

Heinrich Bolingbroke prägte als historische Figur am Beginn des 15. Jahrhunderts die Geschichte Englands. Stefan Schmitzer befreite die Figur aber von zeitlichen Schranken: „Mein Stück spielt in einem überzeitlichen Raum. Es kommen Elemente von heute, aus der Science fiction, Post-Apokalypse-Elemente vor - es kommen aber auch mittelalterliche Elemente vor. Sonst geht es sich ja nicht aus, dass da ein fahrender Ritter und zugleich heutige Technologie ist.“

Urbild des Populisten

Schmitzer zeichnet die Figur des Bolingbroke als archetypischen Demagogen: „Der Bezug, den ich zu machen versucht habe, war: Heinrich IV. als Urbild des Populisten, der den Zorn gegen ‚die da oben‘ umlenkt in Zorn gegen Kultiviertheit, Kultur, Fortschritt und Technik allgemein.“

Tintifax im Trafohäuschen

Dennoch unterscheiden sich Populisten des 21. Jahrhunderts von Herrschern des Mittelalters - eine besondere Spannung, auch während der Figurenentwicklung im Schreibprozess, „weil“, wie Schnitzer sagt, „sämtliche Politik im Hochmittelalter war persönlich, familiär und war vor allem die Politik von Raubmördern und Gewalttätern untereinander, die alle bereit waren, den Kopf hinzuhalten. Das unterscheidet sie ganz klar von den heutigen Populisten. Die Spannung hat es mir beim Schreiben interessant gemacht, auch, indem ich die Versatzstücke von Kasperltheater, von Volksstück und Zauberstück in Dienst genommen habe, inklusive dem österreichischen Publikumsliebling Tintifax, der in seiner Kiste sitzt - hier: ein Trafohäuschen.“

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 14.2.2019

Hilfe für Heinrich

Der an den Tintifax angelehnte Zauberer spielt eine entscheidende Rolle im Stück, erklärt Regisseur Alexander Kropsch: „Dieser beschließt ihm zu helfen, weil er dadurch die Möglichkeit sieht, seinem Elend zu entkommen. Er versucht das über allegorische Figuren, die er für den Heinrich gewinnen will. Es kommt aber schließlich zu einem Konflikt zwischen dem Heinrich und dem Zauberer. Wir haben versucht, das mit Augenzwinkern hinzubringen.“

Die Geschichte, die davonläuft

Neben dem Zauberer und Heinrich Bolingbroke ist der Erzähler als dritte Figur am Verlauf der Geschichte wesentlich beteiligt: „Er ist der, der die Geschichte bis zu einem gewissen Punkt strickt. Dann entgleiten ihm die Geschichte und die Figuren. Aber er ist auch erklärbar, dem die Geschichte davonläuft, bis sie ihm zum Schluss mehr oder weniger davonläuft“, so Schnitzer.

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