„Fitnessstudio“ Hörsaal: Wenn Senioren studieren

Wer lebenslanges Lernen nicht nur als Schlagwort sieht, hat gute Chancen, auch im Alter geistig fit zu bleiben. Knapp 500 Steirer sind derzeit an den steirischen Universitäten als Seniorenstudenten eingeschrieben.

Wer rastet, der rostet - sagt der Volksmund. Das gilt für den Körper wie für den Intellekt, für die kleinen grauen Zellen, gleichermaßen. Die 67-jährige Elisabeth Brenner ist begeisterte Tänzerin. Als sie aus Krankheitsgründen ihren Beruf als Mathematik- und Englischlehrerin aufgeben musste, kam der Impuls zu einem neuen Lebensabschnitt von unerwarteter Seite: „Ich habe vor elf Jahren angefangen, und nachdem ich immer eine wissenschaftliche Neugiersnase war, war das für mich das Eldorado. Da kam eines Tages der Willi Gabalier, und der sagte, geht mit auf die Uni.“

Senioren im Hörsaal

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Mit Gabalier auf die Uni

Der Kunsthistoriker Gabalier hat seine Tanzsportfreundin Brenner mit in die Kulturgeschichte Vorlesung genommen. „Ich kam her, bin in die erste Vorlesung gegangen, und da hab ich gewusst, das ist es“, so Brenner.

Gegen die drohende Einsamkeit

Ob nun eine berufliche Höherqualifikation oder einfach nur die Freude am Erwerb neues Wissens - die Motivationen für ein Studium in reiferen Jahren sind mannigfaltig. Dazu komme aber noch ein weiterer wichtiger Aspekt, sagt Barbara Amreich vom Referat für Generationenfragen der ÖH: „Man kann dieser drohenden Einsamkeit im Alter ein Stück weit entkommen.“

Im Wettbewerb mit Jungen

Prinzipiell gibt es für ein Studium keine Altersbeschänkung nach oben - wer die Matura hat, darf ordentlicher Hörer werden. Aber, so Amreich, „dann muss man darauf hinweisen, dass man im Wettbewerb mit jungen Menschen steht, und dass man einem jungen Menschen unter Umständen den Studienplatz wegnimmt.“

Sendungshinweis:

„Radio Steiermark am Wochenende“, 23.2.2019

Die Noten und die Leistungen

Ältere Menschen sind vielleicht nicht die besseren, aber die besser vorbereiteten Studenten, sagt der Bildungsforscher Rudolf Egger von der Grazer Uni. Das merkt er selbst vor allem bei den Prüfungen. „Ältere Menschen gehen nur zur Prüfung, wenn sie wirklich das Gefühl haben, sie sind gut vorbereitet, weil für sie die Note eine viel stärkere sozialpsychologische Wirkung hat. Für die Jungen ist eine Note oft auch die Faust ballen gegen den Lehrenden. Aber die älteren Menschen sehen das oft so, ich habe die Leistung nicht gebracht, die ich mir erwartet habe. Da muss man sehr vorsichtig sein in der Rückmeldung bei älteren Menschen“, so Egger.

„Positiv passt“

Die 63-jährige ÖH-Generationenreferentin Barbarar Amreich bereitet sich gerade auf ihr nächstes Philosophiesemester vor: „In der Notenskala sage ich: Positiv passt. Ich bin sicher keine Einser-Streberin. Über Zweier und natürlich über Einser freue ich mich, aber wenn ich so bei einer Drei bin, passt das.“

Senioren im Hörsaal

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Altersdifferenz zu den Vortragenden

Nicht nur, aber gerade bei der Benotung kommt manchmal der Altersunterschied zwischen Vortragenden und Seniorenstudenten zu tragen, sagt Rudolf Egger: „Der klassische Fall ist eine 25-jährige Vortragende in Jus. Und da sitzen dann Männer drinnen, die es eigentlich ganz genau wissen, die Notariatsgehilfen waren oder sonst irgendwas, und die dieser Person schon genau auf den Zahn fühlen.“

Sub auspiciis präsidentis

Dieses Problem hat Fr. Dr. Elisabeth Brenner nicht mehr: Sie hält mittlerweile selbst Vorlesungen, denn ihr Kunstgeschichte-Studium hat sie längst abgeschlossen - in der best möglichen Art und Weise: Sub auspiciis präsidentis. „Naja, das ist passiert“, lacht sie.