Links Hermann Schützenhöfer mit einem Blumenstrauß und einer Urkunde, rechts Barbara Frischmuth, die ihre Hand mit dem Ring hochhält.
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Kultur

Ehrenring des Landes für Barbara Frischmuth

Die Schriftstellerin Barbara Frischmuth hat am Freitag die höchste steirische Auszeichnung, den Ehrenring des Landes Steiermark, erhalten. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) würdigte ihre „vielfältigen Verdienste um das Kulturgut der Steiermark“.

Der Ehrenring des Landes Steiermark ist ein 18-karätiger glatter Goldring mit dem steirischen Landeswappen – er wird auf Vorschlag des Landeshauptmannes und mit Beschluss der Landesregierung für besondere Verdienste um die Steiermark verliehen und steht außerhalb der Reihe der verschiedenen Ehrenzeichen.

„Sprache des Verbindens“

Am Freitag wurde dieser Ehrenring an Barbara Frischmuth übergeben. Mit der Verleihung zeichnete Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer das Lebenswerk der Literatin aus. „Ihre vielen Leserinnen und Leser empfinden Ihr Schaffen als Bereicherung und Beförderung des Gemeinwohls in seiner ganzen Breite und Tiefe. Ihre Kunst und Ihr reiches Bemühen um eine Sprache des Verbindens von Menschen und Kulturen ist immer auch eine starke sozialpolitische Positionierung“, sagte Schützenhöfer in seiner Würdigungsansprache. Er danke Frischmuth, nach Schützenhöfers Worten „eine der bedeutendsten Autorinnen der österreichischen Gegenwart“, herzlich für „Ihre vielfältigen Verdienste um das Kulturgut der Steiermark“, so Schützenhöfer weiter.

„Nimmt man immer gerne an“

Frischmuth selbst sagte, sie könne noch gar nicht genau sagen, was die Auszeichnung für sie bedeute. Aber „Ehrungen dieser Art nimmt man immer gerne an, weil man sich ja doch freut.“ So eine Ehrung bedeute auch, dass die Menschen die eigene Arbeit schätzen. Sie sei auch aus einem anderen Grund sehr froh über die Ehrung. Immerhin lasse die Statistik zwischen Männern und Frauen bei diesen Ehrungen zu wünschen übrig. „Ich sage oft bei solchen Auszeichnungen, dass ich vor allem im Sinn habe, die Statistik für die Frauen zu verbessern“, so Frischmuth.

Links Hermann Schützenhöfer mit einem Blumenstrauß und einer Urkunde, rechts Barbara Frischmuth, die ihre Hand mit dem Ring hochhält.
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Barbara Frischmuth wurde für ihr Lebenswerk ausgezeichnet

Frischmuth, die sich in ihren Werken immer wieder mit dem Fremden beschäftigte, meinte, man könne „das eigene Land, die eigene Region nur dann schätzen, wenn man viele andere auch kennt und die Unterschiede erkennt und auf der anderen Seite doch zu dem Schluss kommt, dass Menschen mehr miteinander gemeinsam haben, als das was sie voneinander entfremdet“, so Frischmuth.

Grautöne der Literatur

Die Literatur sei für sie ein wichtiges Instrument, um sich Themen zu nähern und mehr Grautöne darzustellen als es etwa mit einer Dokumentation oder in der Wissenschaft möglich sei. „Ich glaube, die Literatur geht ein bisschen darüber hinaus und das ist manchmal erhellender als das, was jetzt wirklich ganz nüchtern aufgeschrieben wird“, so Frischmuth. Ihre Zukunftspläne verrät die Schriftstellerin noch nicht, nur so viel: „Auf jeden Fall wird es demnächst einmal einen Erzählungsband geben und alles Weitere kann ich noch nicht verraten.“

Umfangreiches Werk

Barbara Frischmuth wurde am 5. Juli 1941 geboren und wuchs bei ihrer Mutter auf, die in Altaussee bis Mitte der 1950er-Jahre einen Hotelbetrieb führte. Die Lektüre von „Tausendundeine Nacht“ weckte ihr Interesse am Orient, am Fremden und dem Anderen, das sie letztlich am Dolmetsch-Institut in Graz Türkisch und Ungarisch und später Orientalistik in Wien studieren ließ. Die Auseinandersetzung mit anderen Kulturen spiegelt sich in ihren Übersetzerarbeiten und in ihrem eigenen umfangreichen Werk ebenso wieder wie in ihren internationalen Kontakten.

Berühmter Erstling: „Die Klosterschule“

Ein Stipendium führte sie 1960/61 erstmals in die Türkei – an die ostanatolische Universität in Erzurum. Nach ihrer Rückkehr las sie im Grazer Forum Stadtpark erstmals aus eigenen Werken. Noch bevor sie sie jedoch veröffentlichte, war sie als Übersetzerin tätig: 1967 erschien ihre Übersetzung des KZ-Tagebuchs der Siebenbürgerin und Jüdin Anna Novac. Ihren Romanerstling legte sie 1968 mit „Die Klosterschule“ vor, in dem Frischmuth die autoritären Strukturen eines Mädchengymnasiums beschrieb.

Herrschaftskritik als zentraler Punkt

Nach ihrem hochgelobten Debüt und dem Roman „Das Verschwinden des Schattens in der Sonne“ (1973) erzielte die Autorin vor allem mit der „Sternwieser-Trilogie“ (1976-1979), in der sie sich intensiv mit der Verflechtung von mythologischen Traditionen und heutigen weiblichen Lebenswelten beschäftigte, und der „Demeter-Trilogie“ (1986-1990) Erfolge, in der sie trotz Beibehaltung ihres Verfahrens der vielfältigen Bezüge zu alten Mythen höchst aktuelle Themen aufgriff: Der auf die Erzählung „Herrin der Tiere“ (1986) folgende Roman „Über die Verhältnisse“ (1987) konnte – mit einem Bundeskanzler als zentraler literarischer Figur – als Schlüsselroman gelesen werden, „Einander Kind“ (1990) mit seinen darin enthaltenen Kriegs- und Nazi-Biografien als Aufarbeitung der Waldheim-Affäre. Herrschaftskritik ist einer der zentralen Aspekte von Frischmuths Schaffen.

Vom Roman bis zum Fernsehspiel

Neben Erzählungen, Essays, Hör- und Fernsehspielen erschienen zuletzt etwa die Romane „Die Entschlüsselung“ (2001), „Der Sommer, in dem Anna verschwunden war“ (2004), der Reiseroman „Vergiss Ägypten“ (2008), „Woher wir kommen“ (2012) und schließlich „Verschüttete Milch“ (2019).

Vielfach ausgezeichnet

Frischmuth erhielt bisher schon zahlreiche Auszeichnungen, darunter den österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis 1972, den Anton-Wildgans-Preis 1973 und den Franz-Nabl-Literaturpreis 1999. 2005 wurde sie mit dem Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln gewürdigt, 2011 folgte bereits das Große Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark. Bei dessen Verleihung im Literaturhaus Graz untermauerte sie ihre Einstellung: Sie gehe davon aus, dass sie „nicht nur für ein Lebenswerk, sondern für eine bestimmte – durchaus kritische – Haltung“ geehrt werde. Im vergangenen April erhielt sie das Goldene Wiener Ehrenzeichen.

Bisher 114 Ehrenringträger

Der Ehrenring des Landes Steiermark wurde bisher 114 Mal verliehen – unter anderem an dem ehemaligen britischen Hochkommissar für die Besatzungszone in Österreich von 1950-1954, Lord Harold Caccia, sowie zuletzt u.a. an Arnold Schwarzenegger, Klaus Maria Brandauer, Frank Stronach, Alt-Bundespräsident Heinz Fischer, Dietrich Mateschitz und zuletzt an Alt-LH Franz Voves.