Der Angeklagte am Dienstag, 26. Februar 2019, vor Beginn des Prozesses wegen des Verdachts des Quälens seiner Kinder am Grazer Landesgericht.
APA/ERWIN SCHERIAU
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Gericht

Prozess gegen Arzt: Tochter veröffentlicht Video

Jener oststeirische Arzt, der jahrelang seine eigenen Kinder psychisch gequält, gedemütigt und beleidigt haben soll, steht seit März in der Neuauflage seines Prozesses vor Gericht. Am Mittwoch veröffentlichte eine seiner Töchter ein Video und erneuerte ihre Vorwürfe.

Der Mediziner streitet die Vorwürfe ab. Am Mittwoch wandte sich eine Tochter des Mannes per Presseaussendung an die Öffentlichkeit: Darin wiederholte die heute 24-Jährige die schweren Vorwürfe gegen ihren Vater und veröffentlichte zudem ein Video, das dieser vor Jahren aufgenommen haben soll.

Kinder, die Alkohol trinken

Es zeigt Kinder, die Alkohol trinken, bis sie schwer betrunken sind – die Aufnahme habe der Vater gemacht. "Auf dem Video (das wir erst vor Kurzem entdeckten) sieht man, wie wir vor Betrunkenheit vom Sessel gefallen sind. Ihn hat das gefreut“, so die junge Frau in der Aussendung.

Schwere Spätfolgen

Sie habe ihre „ganze Kindheit hindurch unter meinem Vater gelitten“, er habe ihr „ohne entsprechende Indikation schwere Beruhigungsmedikamente“ verabreicht, bis sie abhängig gewesen sei, zudem habe er Psychoterror ausgeübt. Heute leide sie unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Auch ihre Geschwister seien von Spätfolgen schwer betroffen.

All das ist nun Gegenstand der zweiten Runde des Verfahrens – der erste Prozess endete mit einem Freispruch und musste wiederholt werden, weil „Beweisergebnisse nicht ausreichend erörtert“ worden seien, hieß es damals in der Begründung. Zu Diskussionen hatte unter anderem die Urteilsbegründung geführt, in der der Richter auf die Kleidung der Kinder (legen „offensichtlich auf Kleidung, dem Anlass entsprechend, keinen Wert“) und der Mutter („extravaganter Kleidungsstil, überladene Person“) vor Gericht einging.

Tochter zweifelt Gutachten an

Er habe den Kindern „auch grundlos Spielzeug oder unsere Haustiere weggenommen und zum Streiten aufgewiegelt – es hat ihm Freude bereitet, wenn wir weinten“, so die Tochter am Donnerstag. Nun sage die Gutachterin Adelheid Kastner, dass ihr Vater „keine höhere Abartigkeit“ aufweise, so die Tochter – laut Gutachterin sei es ihm um die „eigene Bedürfnisbefriedigung und um das Erhaschen von Mitleid und Aufmerksamkeit“ gegangen und dass es nie seine Absicht gewesen sei, den Kindern Schaden zuzufügen.

Freitag wird weiterverhandelt

Der Prozess zog weitere Verfahren nach sich, eine der Zeuginnen wurde wegen Falschaussage verurteilt, in einem weiteren Fall wird noch ermittelt. Zudem hatten die Kinder des Arztes nach dem ersten Urteil im September 2017 den damaligen Richter Andreas Rom bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) angezeigt. Die rund eineinhalb Jahre dauernde Anfangsverdachtsprüfung wurde kürzlich abgeschlossen, es wurden keine Ermittlungen eingeleitet.

Der Arzt wird am Freitag erneut vor dem Gericht in Graz erwartet. Ursprünglich wurde bereits ein Urteil erwartet, der Richter setzte aber einen weiteren Verhandlungstag im Juli an.