Soziales

Weiterer Lehrling wird abgeschoben

Für Asylwerber, die in Österreich eine Lehre machen und denen die Abschiebung droht, soll es künftig eine pragmatische Lösung geben. In der Praxis hat sich vorerst aber nichts geändert, wie ein aktuelles Beispiel aus Schladming zeigt.

Mehr als die Hälfte seiner Lehre habe Hossein als Betriebselektriker im Diakonissenkrankenhaus in Schladming schon absolviert, als das Dienstverhältnis von einem Tag auf den anderen gelöst werden musste, so Verwaltungsleiter Hannes Stickler: „Er musste aufgrund der Bescheidlage den Arbeitsplatz verlassen, und wir wissen im Moment nicht genau, wo er sich aufhält.“

Interview:

Die steirische Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) spricht sich dafür aus, dass Asylwerber ihre Lehre fertig machen sollen – und geht noch einen Schritt weiter als die Bundes-ÖVP: Die Asylwerber sollen bei Bedarf auch nach ihrer Lehre bleiben dürfen, sagt sie im Gespräch mit Gernot Frischenschlager:

Ein bestens integrierter und fleißiger Lehrling sei der 20-Jährige gewesen; die Spitalsmitarbeiter, so Stickler, verstünden die Entscheidung nicht: „Also, wenn ich ihnen sage, dass gestandene Männer, die bei uns in der Haustechnik arbeiten, Tränen in den Augen gehabt haben … also es war wirklich ein bewegender Moment, dieses Abschiednehmen.“

„Abschiebungen haben neue Qualität erreicht“

Die Abschiebungen hätten eine neue Qualität erreicht, kritisiert der Verein Asylkoordination, wo sich derzeit viele Unterstützer von Asylwerbern melden: Auch Suizidgefährdete würden abgeschoben, sagte Sprecher Lukas Gahleitner. Ganz generell seien Abschiebungen nach Afghanistan nicht zu verantworten: „Afghanistan ist für die rückkehrenden Personen derzeit nicht sicher, und zwar für niemanden: Im Land wird weiter gekämpft.“

Das Innenministerium bestätigt all das – wie meistens in solchen Fällen – nicht. Stickler ist pessimistisch, dass es für seinen Ex-Lehrling noch eine Chance gibt: „Da bin ich wirklich hoffnungslos. Man muss fast an ein Wunder glauben, dass sich hier noch etwas bewegt, dass er die Lehre, die er angefangen hat, absolvieren kann.“

„Brauchen rasch rechtliche Voraussetzungen“

Dabei hat die Bundes-ÖVP in Sachen Lehrlings-Abschiebungen erst vor wenigen Wochen neue Töne angeschlagen – man könne sich vorstellen, Flüchtlinge erst nach der Lehre abzuschieben. Auch die steirische Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) spricht sich dafür aus, dass Asylwerber die Lehre fertig machen sollen.

„Wir brauchen sehr rasch die rechtlichen Voraussetzungen dafür, dass diese jungen Menschen, die bereits in einer Lehre sind, nicht mehr abgeschoben werden. Das wird eine bundesgesetzliche Regelung sein – und ich hoffe, dass man sich hier sehr schnell über die Parteigrenzen hinweg einigt, damit solche Fälle nicht mehr passieren“, so Eibinger-Miedl.

Auf der Suche nach einer parteiübergreifenden Lösung

Bereits vor einigen Wochen wollten SPÖ, NEOS und JETZT ein derartiges Gesetz im Parlament beschließen – blieben jedoch ohne Zustimmung der Volkspartei erfolglos. Eibinger-Miedl kenne die Details dieser Regelung nicht, „ich weiß aber, dass die Bundes-ÖVP und insbesondere der Wirtschaftsflügel diese jungen Menschen bei uns in Österreich behalten möchte, solange die Lehre noch nicht abgeschlossen ist“.

Man müsse eine parteiübergreifende Lösung finden, so Eibinger-Miedl, die noch einen Schritt weiter als die Bundes-ÖVP geht – so sollen Asylwerbende bei Bedarf auch nach ihrer Lehre bleiben dürfen: „Asyl ist die Frage, ob jemand ein Schutzbedürfnis hat und aufgrund dessen einen Aufenthaltstitel bekommt. Das andere Thema ist die Thematik der Fachkräfte – und hier bin ich dafür, dass man sich einen eigenen Titel überlegt, dass man einen anderen Grund findet, warum junge Menschen in Österreich eine Lehre absolvieren und hier arbeiten können dürfen.“

„Aufenthalt für junge Fachkräfte“

Es wäre jetzt an der Zeit, die begonnenen Verhältnisse fertig absolvieren zu lassen und sich für die Zukunft Möglichkeiten zu überlegen, wie man junge Menschen als junge Fachkräfte im Land haben und behalten könnte – „aber nicht unter dem Titel ‚Asyl‘, sondern ‚Aufenthalt für junge Fachkräfte‘“, schlägt die Wirtschaftslandesrätin vor.