Norbert Hofer
APA/ERWIN SCHERIAU
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Politik

Norbert Hofer in Graz zum FPÖ-Chef gewählt

Die FPÖ hat sich auf ihrem Bundesparteitag am Samstag in Graz endgültig in Stellung für die Nationalratswahl am 29. September gebracht: Dabei wurde Norbert Hofer mit 98,25 Prozent der Delegiertenstimmen offiziell zum neuen Obmann gewählt.

806 Delegierte waren wahlberechtigt, 802 gaben ihre Stimme ab. Es gab eine ungültige Stimme, 14 Gegenstimmen und 787 Stimmen für Hofer. Damit konnte er fast das Ergebnis von Heinz-Christian Strache beim letzten Parteitag in Klagenfurt 2017 erreichen, bei dem Strache mit 98,7 Prozent das bestes Ergebnis seiner Obmannschaft erzielte.

„Wir sind wieder da“

„Ich nehme die Wahl, liebe Freunde. Wir sind wieder da“, rief Hofer den jubelnden Delegierten zu und sprach von einem „unglaublichen Ergebnis“. Die politischen Gegner könnten sich nun „warm anziehen“, meinte er – mehr dazu in 98,25 Prozent für neuen FPÖ-Obmann Hofer (news.ORF.at).

Norbert Hofer
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Norbert Hofer nach seiner Wahl

Applaus für HC Strache

In seiner Rede konstatierte Hofer zuvor, dass es zuletzt nicht einfach in der FPÖ gewesen sei. „Ja, Heinz-Christian Strache ist eine schlimme Falle gestellt worden“, sprach er den an der Ibiza-Affäre gescheiterten Ex-Parteichef an. Es sei aber gelungen, die Partei Danke seiner Mitglieder wieder „auf die richtige Schiene zu setzen“. Und Dank sprach er auch seinem Vorgänger aus: „Lieber Heinz-Christian, du hast für diese Partei Unglaubliches geleistet. Ich weiß um deinen persönlichen Einsatz. Ich weiß, wie schwer diese Stunden im Mai für dich waren – und ich bitte um einen Applaus für deine Leistung“ – eine Aufforderung, der die Delegierten dann auch nachkamen.

FPÖ: Das sagt die Basis der Partei

Der Parteitag der FPÖ fand erstmals seit vielen Jahren ohne Heinz-Christian Strache statt. Die Parteimitglieder demonstrierten dabei ihre Unterstützung für Norbert Hofer.

„Angebot“ an die ÖVP – „keine Bitte“

Seinem Vorhaben, die türkis-blaue Regierungsarbeit auch nach dem Scheitern der ÖVP-FPÖ-Koalition nach der Wahl wieder fortzusetzen, widmete Hofer breiten Raum – allerdings werde es „nicht leicht werden, mit uns zu verhandeln“. Bei Punkten wie etwa der direkten Demokratie, den „ORF-Zwangsgebühren“, der Forderung nach der finanziellen Ausstattung des Bundesheeres und „dem einen oder anderen Bereich, auch personeller Natur“ werde es sich spreizen.

Vor einem Ausschlagen seines Koalitions-„Angebots“ warnte Hofer die ÖVP, denn sollte diese etwa mit den Grünen koalieren, dann würden die Umfragen der Volkspartei „ganz schnell bei der Ära Mitterlehner landen“, nämlich bei 20 Prozent. „Nehmt es an oder schlagt es aus. Ich hoffe, dass man sich für die Vernunft entscheidet.“

„Nicht zufriedengeben mit zweiten oder dritten Platz“

Mit der mögliche Vizekanzlerschaft nach der Wahl will sich Hofer aber noch nicht zufriedengeben: „Ich trete nicht an, um Bundesobmann einer Partei zu werden, die sich mit dem zweiten oder dritten Platz zufriedengibt, auf Dauer.“ Er verwies auf sein Antreten bei der Bundespräsidentschaftswahl 2016, bei der er im ersten Wahlgang klar den ersten Platz geholt hatte. Diese mehr als 35 Prozent der Stimmen seien „die Messlatte, die wir uns selbst für die Zukunft legen müssen“, so Hofers Ziel.

„Es wird bei dieser Wahl nicht so sein, dass wir als Erste durchs Ziel gehen. Aber ich trete an, um diese Partei so aufzustellen, dass wir es unter meiner Obmannschaft schaffen, bei einer bundesweiten Wahl als Erste durchs Ziel zu gehen (…) Es ist unser Ziel, zur stärksten Partei in Österreich zu werden. Weil wir es können.“ Nach der Wahl werde er nicht nur in Koalitionsverhandlungen treten, sondern auch „notwendige Schritte beginnen, um diese Partei nach vorne zu bringen“, kündigte er eine „inhaltliche Vertiefung“ und auch eine „Verbreiterung bei Themen“ an.

Stimmung bei traditionellem FPÖ-Thema

Richtig Stimmung kam dann aber bei traditionellen FPÖ-Themen auf – Islam und Migration: „Wir müssen den politischen Islam entschieden bekämpfen. Das ist ein menschenverachtendes, kriegstreiberisches System.“ Der Islam sei „niemals Teil unserer Kultur“ gewesen, und „er wird niemals Teil unserer Geschichte und Kultur sein“, so Hofer.

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Norbert Hofer
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Norbert Hofer – noch nicht zum FPÖ-Chef bestellt – bei seiner Ankunft bei der Grazer Messehalle
FPÖ-Busse vor der Grazer Stadthalle
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Der FPÖ-Fuhrpark
Herbert Kickl und Norbert Hofer
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Herbert Kickl und Norbert Hofer vor dem Parteitag – sichtlich gut gelaunt.
Programm des Parteitags
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Es gibt viel zu tun
Mario Kunasek
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Der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek eröffnete den Parteitag
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Die FPÖ setzt auf ihre Leibthemen.
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Norbert Hofer
Norbert Hofer
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Norbert Hofer
FPÖ-Delegierte mit „Norbär“
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Das FPÖ-Wahlmaskottchen „Norbär“
Foto vor der Stimmabgabe
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„Digital Generation“
Ursula Stenzel gibt dem ORF ein Interview
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Auch die zuletzt umstrittene Ursula Stelzl war in Graz
Herbert Kickl
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Herbert Kickl
FPÖ-Parteitag in Graz
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Traditionelle Kleidung nicht nur beim Aufsteirern, sondern auch bei der FPÖ.

Bekenntnis zu Herbert Kickl

Ein klares Bekenntnis gab Hofer zu Herbert Kickl ab. In Richtung ÖVP gewandt sagte er, es sei nach der Forderung der ÖVP nach einem Abgang Kickls als Innenminister klar gewesen, dass alle FPÖ-Regierungsmitglieder ihre Ämter niederlegen. „Wir haben echte Kameradschaft gelebt.“ Und wenn die ÖVP heute Werbung für die Leistungen der ÖVP-FPÖ-Regierung mache, „dann war viel von dem, was als Errungenschaft gefeiert wird, ein Erfolg von unserem Innenminister Herbert Kickl. Herbert, du hast das hervorragend gemacht“, streute er dem nunmehrigen Klubobmann Rosen.

Mit Kickl als Innenminister wäre es auch nicht möglich gewesen, dass wie 2015 „Hunderttausende Menschen unkontrolliert die Grenzen“ passieren. „Das ist der Grund, warum es wichtig ist, dass wir das Innenministerium nicht so einfach aufgeben, sondern dass wir darum kämpfen, mit einem guten Wahlergebnis, dass Herbert Kickl wieder Innenminister wird“, so Hofer.

Kickl: „Unsere Gegner werden Muffensausen haben“

FPÖ-Klubobmann Kickl wiederum gab in seiner Rede das Kompliment zurück: Es gebe „keine bessere Führungspersönlichkeit“ als Hofer in der jetzigen Situation und auch für die Aufgaben, die noch auf die FPÖ warten. „Im Grunde genommen ist es ganz einfach: Wenn es den Norbert Hofer nicht gäbe, dann müsste man den Norbert Hofer erfinden.“ Da man dazu aber gar nicht in der Lage wäre, „sind wir sehr, sehr froh, dass wir dich in dieser Verfassung heute haben.“

Er, Kickl, freue sich „unglaublich“ darüber, „dass ich als Nummer Zwei hinter dir und mit dir gemeinsam Wahlkampf führen kann“, und er erfahre dabei in der Bevölkerung „unglaublichen Zuspruch“. Das Vertrauensvotum der Partei sei das „Signal, das wir heute von Graz aus hinausschicken“, appellierte Kickl an die Delegierten, denn: „Das hören unsere Freunde und sie werden jubeln. Und das hören unsere Gegner, und sie werden das Muffensausen haben.“

„Ein ganz gutes patriotisches Doppelpack“

Und man sende mit einem solchen starken Votum auch noch ein „weiteres Signal“ an die Gegner aus: „Eure biologischen Angriffe haben alle nichts genutzt. Euer Angriff und euer Bombardement mit dem Spaltpilz gehen ins Leere (…) Ihr solltet eigentlich wissen, dass wir seit Knittelfeld gegen jede Form des Spaltpilzes immun sind“, stellte er kolportierte Konkurrenz zwischen sich selbst und Hofer dezidiert in Abrede.

Herbert Kickl
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Herbert Kickl

Im Gegenteil seien er und Hofer „ein ganz gutes patriotisches Doppelpack“: „Die, die du nicht niederclinchst, in deiner Art, die kriegen von mir eine Gerade oder einen rechten Haken“, rief Kickl und wurde mit Jubel der Delegierten belohnt.

Gegen die politischen Gegner griff Kickl nicht zur feinen Klinge, sondern packte den Bihänder aus: Er habe sich am Vortag beim Backhendl-Essen gedacht, die FPÖ werde jetzt bis zur Wahl „die Hendln ein bisserl in Ruhe lassen: Ich würde sagen, da rupfen und panieren wir die Roten und Schwarzen ein bisserl daher, weil sie es sich verdient haben, für das, was sie den Österreichern alles angetan haben“.

„Motiviert bis in die Zehennägel“

Anschließend kochte die Stimmung in der Messehalle dann so richtig über, als Kickl von „faulen Früchten der Willkommenspolitik“ sprach oder von „Facharbeitern für das Hantieren unter der Gürtellinie“: „Als wenn wir mit Leuten wie dem parlamentarischen Oberschwammerl nicht schon genug Grapscher in unserer Republik hätten.“

Und er richtete der ÖVP aus, dass die FPÖ sehr wohl Anspruch auf den Innenminister stellt: „Es braucht einen starken Innenminister, einen freiheitlichen Innenminister.“ Denn SPÖ und ÖVP hätten dafür gesorgt, das Österreich ein Triple-A habe, allerdings stehe dieses für „aggressive afghanische Asylwerber“ – und „ich bin motiviert bis in die Zehennägel, dieses Rating downzugraden“.

Und es fehlte auch nicht an Spitzen gegen den ÖVP-Chef: „Wir werden auch mit Sicherheit keine Außenstelle des Sebastian Kurz-Anbetungsvereins werden. Da muss er sich seinen australischen Prediger holen“, ätzte Kickl in Richtung Volkspartei.

Analyse von Thomas Langpaul (ORF)

„ZIB“-Innenpolitikredakteur Thomas Langpaul analysiert den Auftritt der FPÖ-Spitze am Bundesparteitag in der Grazer Messe.

Mehr Macht für Bundesparteichef

Die FPÖ änderte aber auch ihre Statuten: So wurde der Bundesparteichef mit mehr innerparteilicher Macht ausgestattet. Konnte der jeweilige FPÖ-Chef bisher (bei „Gefahr im Verzug“) nur die Mitglieder der Bundesparteileitung ausschließen, so wurde dieses Befugnis nun ausgedehnt, um Parteimitglieder bei „rechten Ausrutschern“ rasch entfernen zu können.

Ebenfalls verzichtet die FPÖ künftig auf „fördernde Mitglieder“ – damit will die Partei der von ihr mitgetragenen Änderung des Parteiengesetzes entsprechen. Verhindert werden soll damit, dass Spendenlimits durch die Aufnahme „außerordentlicher“ oder „unterstützender Mitglieder“ und die Entgegennahme entsprechend hoher „Mitgliedsbeiträge“ umgangen werden.

Wunsch nach Fortsetzung von Türkis-Blau untermauert

Und schließlich wurde auch Hofers Wunsch nach einer Fortsetzung von Türkis-Blau untermauert: Der FPÖ-Leitantrag mit dem Titel „Zusammen. Für ein faires, sozial gerechtes und heimattreues Österreich!“ zur „vollständige“ Umsetzung des mit der ÖVP ausgearbeiteten Regierungsprogramms wurde mehrheitlichst angenommen.

Begründet wird das Vorhaben vor allem mit der Notwendigkeit einer Fortsetzung des restriktiven Kurses in Migrations- und Asylfragen; auch wird auf das Ziel, die Steuer- und Abgabenquote in Richtung 40 Prozent des BIP zu bringen, hingewiesen. Punkto Direkter Demokratie wurde im Leitantrag die FPÖ-Forderung vermerkt, hier noch mehr erreichen zu wollen, als im Regierungsprogramm 2017 beschlossen worden war: Dieses sah vor, dass Volksbegehren ab 900.000 Unterschriften einer verbindlichen Volksabstimmung unterzogen werden müssen (Umsetzung ab dem Jahr 2022) – hier will die FPÖ ein niedrigeres Unterschriften-Limit.