Chronik

Dschihadisten-Prozess: Zielfernrohr für IS-Kämpfer

Am Mittwoch ist in Graz der Prozess gegen sechs mutmaßliche Dschihadisten fortgesetzt worden. Am siebenten Verhandlungstag wurde unter anderem ein Sachverständiger für Schießwesen und Ballistik gehört.

Die gebürtigen Türken müssen sich wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation sowie einige wegen staatsfeindlicher Verbindung vor dem Straflandesgericht in Graz verantworten – mehr dazu in Dschihadistenprozess in Graz hat begonnen , Dschihadistenprozess: Alle Vorwürfe „Lüge“, Dschihadisten-Prozess: Vereinsobmann am Wort und in Erinnerungslücken bei IS-Prozess.

Einer der Angeklagten hatte bei ebay ein Zielfernrohr für eine Kalaschnikow erworben und seinem Bruder geschickt, der als Scharfschütze für die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) tätig war. Bei seiner Befragung hatte angegeben, er habe nicht gewusst, was sein Bruder damit machen würde: „Ich habe gedacht, er verkauft es“, lautete seine Aussage.

„Man kann es für nichts anderes verwenden“

Zu diesem Thema war nun am Mittwoch ein Sachverständiger für Schießwesen und Ballistik geladen. Er erklärte, dass das Zielfernrohr, das der Angeklagte verschickt hatte, ausschließlich für eine Kalaschnikow AK12 passen würde. Während man normalerweise mit so einer Waffe eine Reichweite von 300 Meter habe, könne man mit Hilfe des Zielfernrohrs auf eine Entfernung von 900 Meter noch sicher treffen.

„Diese Waffe ist bei uns als Kriegsmaterial eingestuft und darf im privaten Bereich nicht verwendet werden“, betonte der Gutachter. Die Kalaschnikow sei das meist verkaufte Sturmgewehr der Welt, führte der Sachverständige aus. „Warum?“, hakte der Staatsanwalt nach. „Das hat sich aus dem Preis-Leistungs-Verhältnis ergeben, außerdem ist sie auch in raueren Gegenden wie in der Wüste einsetzbar ,und sie funktioniert ewig“, beschrieb der Zeuge.

„Wer so etwas bestellt, weiß also, was er will, und wofür er es will?“, fragte der Staatsanwalt. „Natürlich, weil man es für nichts anderes verwenden kann“, bestätigte der Gutachter. Auf die Frage nach seiner Qualifikation durch einen der Verteidiger erklärte er, dass er unter anderem Scharfschützenausbildner für des Einsatzkommandos Cobra sei.

Ermittler unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragt

Ebenfalls wurde einer der Ermittler befragt, der die Einvernahmen der Verdächtigen geführt hat. Die Angeklagten hatten sich immer wieder beklagt, die Polizei habe ihre Aussagen falsch verstanden bzw. falsch protokolliert – um das abzuklären, wurde eben einer der Ermittler als Zeuge gehört, allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Radikal oder nicht?

Dann war der Zweitangeklagte – der Stellvertreter des Iman des Linzer Glaubensvereins – am Wort und betonte erneut, dass er den Ausdruck „Salafisten“ nie gebraucht habe, wie es aber im Protokoll stehen würde. Einig waren sich bisher alle Zeugen, dass im Verein nie über radikal-islamistische Dinge gesprochen wurde. Auf die Frage, woher er den angeklagten Prediger kennen würde, antwortete einer der Zeugen: „Vom Fußballspielen und von der Handybörse“. Ein anderer erklärte, er gehe zwar seit sieben Jahre in die Moschee, der Prediger habe aber nie einen radikalen Eindruck auf ihn gemacht.

„Wurde über den bewaffneten Dschihad gesprochen?“, fragte die Richterin. „Nein.“ „So etwas hat er nie gesagt?“, hakte die Vorsitzende nach. „Nur, dass das dann in Ordnung ist, wenn man selbst oder die Familie angegriffen wird“, kam es vom Zeugen. „Hat er über den IS gesprochen?“, fragte der Ankläger. „Ich erinnere mich nicht“. Die Verhandlung wird am Dienstag fortgesetzt.