Hart bei Graz
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Gericht

Fünf Freisprüche in Causa Hart bei Graz

Der Prozess rund um die Gemeindegebarung von Hart bei Graz ist am Montag im Grazer Straflandesgericht zu Ende gegangen: Alle fünf Beschuldigten wurden freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Dem ehemaligen Bürgermeister Gerhard Payer (SPÖ) sowie den ehemaligen Amtsleitern und Gemeindekassieren war Amtsmissbrauch vorgeworfen worden. Der Richter erkannte jedoch keinen Vorsatz und sah auch kein Motiv – im Gegenteil, die Gemeindefunktionäre hätten sich durch mehrmaliges Nachfragen bemüht, die Gebarung mit den Barvorlagen richtig zu machen. Daher sprach er alle fünf Beschuldigten frei. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da die Staatsanwaltschaft keine Erklärung abgab.

Jahrelange Ermittlungen

Mehrere Jahre lang wurde in der Causa ermittelt, zunächst gegen sechs ehemalige Organe der Gemeinde. Schließlich erhob die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Anklage gegen fünf – den Bürgermeister, seine ehemalige Amtsleiterin, ihren Nachfolger sowie gegen den Gemeindekassier und dessen Nachfolger im Amt. Die meisten der ursprünglichen Verdachtsfälle wurden fallen gelassen – übrig blieb das Faktum Barvorlagen: Diese sollen in den Rechnungsabschlüssen falsch dargestellt worden sein.

Wie kann eine Gemeinde Fremdkapital aufnehmen?

Der Oberstaatsanwalt sagte in seinem Eröffnungsplädoyer: „Es geht um den nicht vom Gesetz vorgesehenen Umgang mit Fremdkapital.“ Er sprach von zwei Möglichkeiten einer Gemeinde, Fremdkapital aufzunehmen: Darlehen oder das sogenannte Kassensechstel (maximal ein Sechstel des Gesamtbudgets der Gemeinde, Anm.). Letzteres sei nur kurzfristig – bis zu einem Jahr – möglich, ansonsten muss der Gemeinderat es verlängern – so sehe es die steiermärkische Gemeindeordnung vor. Barvorlagen seien entweder als längerfristige Darlehen zu genehmigen, oder als kurzfristige dem Kassensechstel zuzurechnen – soweit die Theorie und die heutige Gesetzeslage.

Laut dem Oberstaatsanwalt sollen die Barvorlagen der Gemeinde Hart allerdings von 2005 bis 2013 nicht wie vorgesehen im jährlichen Rechnungsabschluss der Gemeinde ausgewiesen worden sein, die Laufzeitverlängerungen seien außerdem nicht vom Gemeinderat beschlossen worden – daher klagte er Amtsmissbrauch an.

Angeklagte wiesen Schuld von sich

Ganz anders sahen es die fünf Verteidiger der Beschuldigten: Der Anwalt des ehemaligen Bürgermeisters erklärte, dass es die gesetzliche Regelung für den Umgang mit Barvorlagen erst seit 2018 geben würde. „Zu sagen, die Barvorlagen sind Teil von Darlehen oder dem Kassensechstel, ist Unsinn“, weil dann wäre es kein Vorteil gewesen.

Die Gemeinde habe Barvorlagen damals als dritte Möglichkeit der Finanzierung angesehen, das sei auch der früheren Amtsleiterin bei einem Seminar beim Land Steiermark so vermittelt worden. Der Anwalt führte außerdem an, dass nicht einmal die Kontrolleure wussten, wie Barvorlagen verbucht werden müssen: „Wie hätten es dann die Angeklagten wissen können?“ Er betonte, dass kein Geld in die Taschen der Beschuldigten geflossen ist: „Niemand wollte etwas tun, was das Gesetz verletzt. Ich bin mir sicher, dass der Anklagevorwurf ins Leere geht“, schloss er.

„Es gab nie eine Beanstandung“

Ähnlich argumentierten auch die anderen vier Verteidigerinnen und Verteidiger. Einer schilderte, dass sich seine Mandantin, die ehemalige Amtsleiterin, sogar noch bei der Gemeindeaufsicht erkundigt hatte, wo die Barvorlagen korrekt zu verbuchen sind. Entsprechend sei das auch jahrelang im Rechnungsabschluss gemacht und keinesfalls irgendetwas versteckt worden: „Eine Täuschung kann hier nicht stattfinden.“

Die Verteidigerin des ehemaligen Gemeindekassiers unterstrich dies: „Es gab von den Prüfern nie eine Beanstandung, und es wurde auch nie danach gefragt.“ Die Prüfer selbst hätten zunächst ja gar nicht gewusst, dass die Barvorlagen tatsächlich zum Kassensechstel gerechnet werden müssen. Heute wisse man das, und seit 2018 gibt es auch das entsprechende Gesetz dafür.

Ex-Bürgermeister: „Fühle mich überhaupt nicht schuldig“

Nach den Plädoyers der Verteidiger kamen die Angeklagten selbst zu Wort. Der ehemalige Bürgermeister sagte: „Ich fühle mich überhaupt nicht schuldig. Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet.“ Er sagte, die Barvorlagen seien 2005 eine willkommene zusätzliche Finanzierungsmöglichkeit gewesen: „Wir waren in einer Phase, in der wir viel Infrastruktur gebaut haben. Wir haben Grundstücke erworben und sie dann Firmen verkauft, die sich angesiedelt haben. Heute haben wir 5.000 Arbeitsplätze in der Gemeinde“, rechtfertigte er sich.

Der Angeklagte bestätigte, dass die Barvorlagen manchmal auch von einem Jahr ins nächste übertragen werden mussten – der Gemeinderatsbeschluss dafür sei mit der Annahme des Rechnungsabschlusses erfolgt. Rückblickend betrachtet sei „natürlich das Kassensechstel überschritten“ worden, „sonst hätten die Barvorlagen ja keinen Sinn gehabt“. Damals sei es aber so vermittelt worden, dass die Barvorlagen nichts mit Darlehen oder dem Kassensechstel zu tun haben.