Drei Menschen von hinten sitzen hinter einem Maschendrahtzaun | Abschiebung | Flucht
Pixabay/ Gerd Altmann
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Soziales

Kein Asyl für Lehrling: Kommt Abschiebestopp?

Asylwerber mit negativem Bescheid, die eine Lehre machen, sollen ihre Ausbildung abschließen dürfen – darauf einigte man sich erst vor wenigen Tagen. Bis das Gesetz beschlossen ist, ist das für die Diakonie aber nur ein fauler Kompromiss.

Auslöser für die Diskussion ist der Fall eines ehemaligen Lehrlings aus dem Diakonissenkrankenhaus in Schladming. Es war bei einem Termin beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Leoben – einige Fragen sollten noch geklärt werden, sagt Hannes Stickler, Verwaltungsleiter des Diakonissenkrankenhauses in Schladming, wo der 20-Jährige Lehrling war und nach dem zweiten negativen Asylbescheid die Lehre abbrechen musste. „Wir haben uns entschlossen, wir wollen mit den Behörden kooperieren und haben den Termin wahrgenommen, und da hat sich eine Festnahme ereignet. Ich bin fassungslos, ich bin noch immer sehr betroffen“, so Stickler.

Neue Regelung „fauler Kompromiss“

Alle Parteien – mit Ausnahme der FPÖ – haben diese Woche die gemeinsame Absicht bekundet, jungen Asylwerbern mit einem negativen Bescheid, die gerade eine Lehre machen, ein Bleiberecht einzuräumen. Bis eine entsprechende Gesetzesänderung beschlossen ist, werden allerdings weiter Lehrlinge abgeschoben.

Bei der Diakonie ist man empört: Der vergangenen Dienstag vereinbarte Kompromiss für abgelehnte Asylwerber in Lehre sei ein fauler und helfe vielen in ihrer jetzigen Situation nicht, kritisiert Direktorin Maria Katharina Moser: „Er verhindert nicht, dass Lehrlinge jetzt abgeschoben werden.“ Das heißt, bis zum tatsächlichen Gesetz werden gut integrierte Lehrlinge weiter abgeschoben, Moser fordert einen sofortigen Abschiebestopp: „Wenn es keinen sofortigen Abschiebestopp gibt, dann ist das wirklich eine Scheinlösung, und es muss einfach dringend und sofort eine Lösung gefunden werden.“

„Es gibt Ermessensspielraum“

Die Polizei muss natürlich rechtskräftige Entscheidungen vollstrecken, aber es gäbe Spielraum, sagt der auf Asylrecht spezialisierte Anwalt Georg Bürstmayr: „In solchen Fällen gibt es Ermessensspielraum, und die Bestimmungen haben wir dazu, das ist geltendes Recht. Wenn die Verwaltung wollte und wenn die Politik wollte, dann könnten diese Fälle anders gelöst werden.“

Zum Beispiel mit einer sogenannten Aufenthaltsberechtigung plus, die für genau solche Fälle vorgesehen sei: „Der Herr Innenminister könnte sogar so weit gehen und die Weisung geben, in diesen Einzelfällen eine Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltsberechtigung plus an diese an sich abgelehnten Asylwerber zu erteilen.“ Früher nannte man das Bleiberecht, so Georg Bürstmayr, der bei der letzten Nationalratswahl für die Grünen kandidierte.

Drängen auf raschen Beschluss

Politisch müssen wir jetzt schnell etwas zustande bringen, sagt NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper, angesichts dieser Ereignisse sei das umso wichtiger: Sie kündigt für kommenden Mittwoch einen Antrag im Parlament an. Auch der oberösterreichische Landesrat Rudi Anschober von den Grünen forderte am Freitag, dass die Einigung dieser Woche ab sofort gelten müsse.

Innenministerium verweist auf geltende Gesetzeslage

Für den 20-jährigen Lehrling aus Schladming könnte das alles aber zu spät sein, ihm droht am Dienstag die Abschiebung nach Afghanistan. Über seinen Verbleib weiß sein ehemaliger Chef Hannes Stickler nichts Genaues – alles, was möglich ist, will er aber versuchen: „Wir werden auf jeden Fall diese Festnahme beeinspruchen, wir hoffen, dass es noch ein Umdenken gibt von der Exekutive.“

Aus dem Innenministerium heißt es dagegen, es liege eine vollstreckbare und mehrfach gerichtlich überprüfte Entscheidung vor, die die Person zur Ausreise verpflichte. Da der Betreffende der Verpflichtung zur Ausreise nicht nachgekommen sei, müsse diese nach der geltenden Gesetzeslage vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zwangsweise durchgesetzt werden.