Gericht

Dschihadistenprozess in Graz fortgesetzt

In Graz ist am Montag der Prozess gegen elf mutmaßliche Jihadisten fortgesetzt worden. Ein ehemaliger Obmann des radikal-islamischen Glaubensvereins Taqwa gestand gegen Ende seiner Befragung, Angst vor seinen Mitangeklagten zu haben.

Die zehn Beschuldigten, die nicht in Haft sind – drei Frauen und sieben Männer – erschienen wieder pünktlich im Gericht und verteilten sich auf der Anklagebank. Die sechs Verteidiger hatten übereinstimmend erklärt, ihre Mandanten seien nicht schuldig – mehr dazu in Wieder Dschihadistenprozess in Graz.

„Ich wollte nie Obmann werden“

Der Richter nahm sich bei der Befragung am Montag zunächst einen ehemaligen Obmann des radikal-islamischen Taqwa-Vereins in Graz vor. „Ich wollte nicht Obmann werden, ich wurde überredet“. Er sei nur „Obmann auf dem Papier“ gewesen, das Sagen habe immer der erstangeklagte Prediger – er wurde aus der Untersuhungshaft vorgeführt – gehabt.

Der Beschuldigte hatte als Busfahrer bei den ÖBB gearbeitet. Nach Meinung seiner Glaubensbrüder sei der Job aber „Sünde“ gewesen, weil er laufend mit Ungläubigen in Kontakt war. „Das ist ein staatlicher Job, an sich erstrebenswert für jeden Österreicher“, gab der Richter zu bedenken.

Optisch hat sich der Angeklagte sehr verändert. Bei der Verhandlung trug er einen ganz kurzen Bart und eine normal lange Hose. „Sie haben früher anders ausgeschaut“, bemerkte der Richter und zeigte den Geschworenen ein älteres Bild. Das wolle der Prophet so, antwortete der Befragte. „Langer Bart, kürzere Hose, das sind äußere Zeichen für Salafisten“, stellte der Richter fest.

„Wollte nie nach Syrien gehen“

„Wollten Sie jemals nach Syrien gehen?“, fragte der Vorsitzende. „Nein, nie“, antwortete der Angeklagte. Eine Bekannte hatte angegeben, er hätte mit dem Gedanken gespielt, habe dann aber gesundheitliche Probleme bekommen. Das leugnete er strikt, er wollte nicht einmal etwas von der Abreise der anderen Paare bemerkt haben. „Das hat in der Moschee aber jeder gewusst“, bemerkte der Vorsitzende.

Die erste Frau des Angeklagten hatte sich stets geweigert, ein Kopftuch zu tragen – mittlerweile ist er mit einer anderen verheiratet. „Ihre jetzige Frau trägt Niqab?“, fragte der Richter. „Ja“. Was für ihn der Dschihad bedeute, wurde er weiter gefragt. „Dass ich sauber bin, beten, fasten“, antwortete der Mann. „Und kämpfen in Syrien?“ „Nein“, wehrte der Beschuldigte ab.

Vereinsobmann will IS-Flagge nicht kennen

Der Angeklagte bemühte sich nach Kräften, sich als unwissend hinzustellen. Er leugnete strikt, von der Abreise von insgesamt 38 Personen aus dem Taqwa-Verein nach Syrien etwas gewusst zu haben.

Dann wurde ihm ein Foto gezeigt, auf dem der Gebetsraum des Vereins Taqwa zu sehen war. An der Wand hing unübersehbar die schwarze Kriegsflagge der Terrororganisation Islamischer Staat (IS). „Was sagen Sie dazu?“, fragte der Richter. „Ich kenne mich nicht so gut aus. Das ist die arabische Flagge“, meinte der Angeklagte. „Nein, die ist grün“, antwortete der Vorsitzende. „Das weiß ich nicht“, wich der Beschuldigte aus. „Aber ich“, bemerkte der Richter.

Schließlich war der Staatsanwalt am Wort. Dabei ging es vor allem um die Reden, die der Obmann in der Moschee gehalten hatte. Er habe sie von einem Mitglied der Moschee bekommen, beteuerte der Beschuldigte. Der Staatsanwalt bezeichnete den Text als „faschistischen, radikal-islamistischen Unsinn“. In einem Schreiben an das Gericht gestand der Obmann, er habe Angst vor den „Anderen“. „Sind die Anderen die Mitangeklagten?“, fragte der Staatsanwalt. „Ja“, gab der Beschuldigte zu.

Der Prozess wird am Dienstag mit der Befragung weiterer Angeklagter fortgesetzt.