Gericht

Dschihadistenprozess: Frau eines Moschee-Leiters befragt

In Graz ist am Dienstag der Prozess gegen elf mutmaßliche Dschihadisten fortgesetzt worden. Befragt wurde die Frau einer der führenden Persönlichkeiten der radikal-islamischen Taqwa-Moschee.

Den Angeklagten werden die Verbrechen der terroristischen Vereinigung, der kriminellen Organisation und der staatsfeindlichen Verbindungen vorgeworfen – mehr dazu in Wieder Dschihadistenprozess in Graz. Unter den Beschuldigten sind auch drei Frauen, die bislang alle mit Kopftuch und Körperverhüllung erschienen.

Betont unwissend

Als erste von ihnen wurde am Dienstag eine 39-Jährige befragt: Ihr Mann galt als einer der führenden Köpfe der Moschee; bei ihm zuhause wurden auch CDs mit radikalen Predigten gefunden. Er soll auch eine Gruppe von Mitgliedern des Glaubensvereins zum Flughafen gebracht haben, als diese 2014 nach Syrien auswanderten.

Vor Gericht gab sich die Frau betont unwissend. Über die Predigten ihres Mannes sagte sie: „Ich glaube, er hat nur aus dem Koran gelesen“. Die CDs habe sie nie gesehen oder angehört, von der Auswanderung der Familien, die im Taqwa-Verein radikalisiert worden sein sollen, wollte sie nie etwas gehört haben. Eine der Rückkehrerinnen hatte aber angegeben, man habe sich ausführlich verabschiedet und sogar von Syrien aus noch per Whatsapp Kontakt gehabt. „Das stimmt nicht, ich weiß nicht, warum sie das sagt“, erklärte sie.

„Das war nicht mein Handy“

Auf ihrem Handy wurden Fotos gefunden, unter anderem von einem Reisepass, auf dem „State of Islam“ steht. Ein anderes Bild zeigt einen Tisch, auf dem ein Blumenstrauß steht, davor liegt ein Tablet mit der Flagge des Islamischen Staats (IS); daneben steht ein Pappbecher mit aufgedrucktem IS-Emblem. „Das war nicht auf meinem Handy“, behauptete die Angeklagte, was der Richter widerlegte.

Dass sie auch mit ihrem Mann und den Kindern nach Syrien gehen wollte, bestritt sie heftig: „Wir haben beide den Bosnien-Krieg überstanden, ich weiß, was das heißt, ich bin gegen Gewalt und Krieg.“ Wie sich das mit den Fotos ihrer Kinder, die mit Gewehren spielen, vereinbaren lässt, konnte sie nicht erklären.

Radikale Veränderung des Äußeren

Auffallend war auch ihre Veränderung seit 2005: Ein älteres Fotos zeigt eine Frau in ärmellosen T-Shirt mit blonden Haaren, ein kleines Kind auf dem Arm – auf einem Bild von 2016 trägt sie einen Niqab. „Ich bin Muslimin und darf einen Niqab tragen“, rechtfertigte sie sich.

Hinrichtungsfotos auf Handy von Elfjährigem

Bei der Befragung der Angeklagten durch den Staatsanwalt wurde die 39-Jährige auch mit Handyfotos ihres Sohnes konfrontiert: Der damals Elfjährige hatte zahlreiche Bilder von Kämpfern der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS), Hinrichtungen und Propagandavideos gespeichert. „Er hat das alte Telefon meines Mannes bekommen“, rechtfertigte sich die Frau, was nur einen Teil der Fotos erklärte.

Der Ankläger zeigte ein Foto des damals ungefähr elfjährigen Buben – beide Eltern sitzen derzeit auf der Anklagebank – mit einer Handgranatenattrappe, auf einem zweiten Bild wirft das Kind den „Sprengkörper“ gerade. „So etwas Beunruhigendes bei einem Elfjährigen habe ich schon lange nicht gesehen“, meinte der Staatsanwalt. „Das ist ein Spielzeug, das hat er von Kindern in Bosnien bekommen“, erklärte die Mutter. So wie auch ein Gewehr, mit dem die vielleicht dreijährige Tochter abgelichtet wurde. „Das kleine Kind spielt damit und trägt einen maßgeschneiderten Niqab. Das ist die bewusste Gegenerziehung“, zeigte der Staatsanwalt auf. „Ist das schon das Schlussplädoyer?“, fuhr einer der Verteidiger dazwischen.

„Ich erziehe mein Kind, wie es jeder macht“

Auf dem Handy des Buben fanden sich jede Menge Fotos mit IS-Hintergrund: Kämpfer zu Pferd, Erschießungen, Steinigungen, oder ein Soldat mit zwei abgeschnittenen Köpfen in den Händen. „Welche Erziehung haben Sie Ihrem Sohn gegeben, dass er solche Fotos und Filme gesammelt hat?“, fragte der Ankläger. „Ich glaube nicht, dass mein Sohn das am Handy hatte“, wehrte die Frau ab. „Das ist keine Glaubensfrage“, fuhr der Richter dazwischen und verwies auf das Beweismaterial. „Ich erziehe mein Kind, wie es jeder macht“, antwortete die 39-Jährige. „Das glaube ich nicht“, antwortete der Staatsanwalt.

Schon am Montag gestand ein ehemaliger Obmann des radikal-islamischen Glaubensvereins, Angst vor seinen Mitangeklagten zu haben – mehr dazu in Dschihadistenprozess in Graz fortgesetzt. Der Prozess wird am Donnerstag mit der Befragung weiterer Angeklagter fortgesetzt.