Landtagssitzung in Graz
APA/Erwin Scheriau
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Politik

Hitzige Debatten bei letzter Landtagssitzung

Der steirische Landtag ist am Dienstag zu seiner letzten Sitzung vor der Landtagswahl am kommenden Sonntag zusammengekommen. Insgesamt 40 Tagesordnungspunkte galt es abzuarbeiten – Wahlkampf-Zwischentöne und hitzige Debatten blieben nicht aus.

Wenige Tage vor der Landtagswahl wetterte der FPÖ-Abgeordnete Marco Triller in einer Dringlichen Anfrage gegen SPÖ-Soziallandesrätin Doris Kampus und forderte die Umsetzung des neuen türkis-blauen Sozialhilfegesetzes ab 1. Jänner sowie einen landesweiten Erhebungsdienst gegen Sozialbetrug.

FPÖ warf „Arbeitsverweigerung“ vor

Triller warf Kampus vor, dass es ihr gar nicht um das Umsetzen des Bundesgesetzes gehen würde. Sie wolle das steirische Modell beibehalten, „bis der Verfassungsschutz klagt“, so der Abgeordnete. Kampus wehrte sich gegen den Vorwurf. Sie habe – wie auch andere Soziallandesräte – Bedenken wegen der knappen Umsetzungszeit. Außerdem nannte sie eine eineinhalbjährige Übergangsfrist. „Nicht auf das Tempo sondern die Qualität kommt es an.“

Eine „Sozialpolizei“, angesiedelt im Sozialressort des Landes, sei laut Kampus nicht machbar. Für einen zentralen Erhebungsdienst, wie in Graz, spreche sie sich aus, aber dieser sei nur sinnvoll, wenn er für unterschiedliche Dienste prüft. Deshalb könne er nicht im Sozialressort beheimatet werden. Der geschäftsführende FPÖ-Klubobmann Stefan Hermann warf der Soziallandesrätin einmal mehr „Arbeitsverweigerung“ vor. In der Anfragebeantwortung habe sie nur „um den heißen Brei herumgeredet“.

Arbeitersamariterbund: SPÖ habe „Gespräche geführt“

Die zweite Dringliche Anfrage der FPÖ ging an Landeshauptmannstellvertreter Michael Schickhofer (SPÖ). Sie befasste sich mit dem Arbeitersamariterbund, der in der Steiermark bisher formell nicht als Rettungsdienst anerkannt ist, obwohl die Organisation wesentliche Hilfsaufgaben erfüllt.

Der SPÖ-Chef meinte, dass „Gesetze und Spielregeln von allen einzuhalten sind“. Mit dem Samariterbund habe er viele Gespräche geführt: „Sie wissen, welche Bedingungen sie erfüllen müssen.“ Das behördliche Verfahren laufe. Zudem bekomme die Organisation Gelder für ihren bisherigen Katastrophenhilfsdienst.

Wahlkampf-Zwischentöne auch beim Thema Wohnen

Auch wenn im Vorfeld der Sitzung alle Parteien betont hatten, man wolle den Wahlkampf nicht in die Landstube tragen, so ließen sich fünf Tage vor der Landtagswahl Wahlkampf-Zwischentöne auch bei einer aktuellen Stunde zum Thema Wohnen nicht vermeiden. Leistbares Wohnen zum Thema der aktuellen Stunde im Landtag zu machen, war wohl von der KPÖ nicht ganz zufällig gewählt – denn vor allem in Graz ist es seit Jahrzehnten das Leibthema der Kommunisten.

KPÖ: „Wohnrecht muss ein Grundrecht sein“

So verwies KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt Weithaler auf Forderungen aus dem Jahr 1991: „Die Wiedereinführung von klar definierten Mietzinsobergrenzen für alle Wohnungen. Unbefristete Hauptmieten als Standard und drittens das Recht auf Wohnen in der Verfassung. 1991 – bis jetzt ist das alles nicht passiert.“

Wohnrecht müsse ein Grundrecht sein, betonte Klimt-Weithaler und unterstrich: „Es braucht eine Politik, die die nötigen Schritte setzt, um die Wohnkosten wieder auf ein Niveau zu senken, dass den Möglichkeiten und Bedürfnissen der Mehrheit entspricht und keine Förderpolitik für den Anlegermarkt.“

Mehr sozialer Wohnbau, mehr Gemeindewohnungen, runter mit den Mietpreisen, kein Substandard in den Gemeindewohnungen – all das seien Maßnahmen, die in den vergangenen Jahrzehnten in Graz umgesetzt wurden, als die KPÖ das Wohnressort über hatte und auch auf Landesebene umgesetzt werden könnten, so Klimt-Weithaler weiter.

SPÖ für „gemischten Wohnraum“

Eigentlich ist für das Thema Wohnen in der Steiermark Landesrat Johann Seitinger (ÖVP) zuständig. Die am Dienstag von der KPÖ initiierte aktuelle Stunde richtete sich jedoch an SPÖ-Chef Schickhofer, was wiederum der SPÖ-Abgeordnete Wolfgang Moitzi als ungewöhnlich empfand. Vor wenigen Wochen hatte Schickhofer in der Öffentlichkeit 70-Quadratmeter-Wohnungen für 499 Euro pro Monat vorgeschlagen.

Am Dienstag nannte Schickhofer ein weiteres Modell für leistbares Wohnen: Gemischten Wohnraum – „wie in Hamburg, wo man sagt, die ersten vier, fünf Stockwerke sind besonders günstig zu vermieten, über den ersten fünf Stockwerken kann es ein bisschen teurer werden, und die Penthäuser sollen sie verkaufen – das führt zu einer Vermischung und verhindert die Ghetto-Bildung“. Weiters müssten für leerstehende Wohnungen die gleichen Steuern und Abgaben zu leisten sein wie für vermietete Wohnungen, so Schickhofer.

FPÖ: „Alles nur hohle Luft“

Eine entbehrliche Wahlkampfrede von Schickhofer, attestierte daraufhin der FPÖ-Abgeordneter Gerald Deutschmann: „Wie, lieber Landeshauptmann-Stellvertreter, willst du das alles finanzieren, bei unserem Milliarden-Schuldenpaket? Alles nur hohle Luft, geschätzte Damen und Herren.“

Grüne warnen vor Wahlzuckerln

Lara Köck von den Grünen warnte davor, dass Schickhofer wenige Tage vor der Landtagswahl noch Wahlzuckerl austeilen wolle: „Wir müssen uns anschauen, wie viel Grund und Boden in der Steiermark kostet, vor allem in den Ballungszentren. Das wäre jetzt super möglich gewesen über die Raumordnung, über die Flächenwidmung, dass man bei Umwidmungen einen gewissen Teil für den sozialen, öffentlichen Wohnbau reserviert.“

ÖVP: „250 Jugendstartwohnungen auf Schiene“

Alexandra Pichler-Jesenko von der ÖVP hob die bisherigen Maßnahmen hervor: „Wir haben immerhin 25 Millionen Euro für 250 Jugendstartwohnungen auf die Beine gestellt – Wohnungen, die in den Bezirkshauptstädten Köflach, Leoben und auch in Graz auf Schiene sind.“

Diskussion um Baugesetz und Klimaschutz

Auch das neue Bau- und Raumordnungsgesetz sollte am Dienstag einmal mehr für Diskussionen sorgen: SPÖ und ÖVP planen raschere Bauverfahren, Bauansuchen können künftig auch elektronisch eingebracht werden; Gemeinden können die Grenzen der Bodenversiegelung für jeden Bauplatz festlegen. Um dem Klimaschutz Rechnung zu tragen, werden Feuerungsanlagen mit fossilen Brennstoffen bei Neubauten verboten. Für Grüne und KPÖ sei dies jedoch zu wenig Klimaschutz – für die Freiheitlichen handle es sich nur um den „kleinsten gemeinsamen Nenner“.

Leistbares Wohnen und Radwege als weitere Themen

Insgesamt mussten 40 Tagesordnungspunkte abgearbeitet werden – darunter auch die Radverkehrsoffensive für den Großraum Graz mit Radschnellrouten, ober- und unterirdischen Fahrradgaragen und neuen Beleuchtungsanlagen für die Radwege – mit einem Landesmittelbudget von 50 Millionen Euro.