Hermann Schützenhöfer und Sebastian Kurz
APA/GEORG HOCHMUTH
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Politik

Wahl 19: Die ÖVP ist am Zug

Die steirische Landtagswahl hat eine deutliche Mehrheit für die ÖVP und starke Zugewinne für die Grünen gebracht. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) hat nun mehrere Koalitionsvarianten, Schwarz-Grün geht sich aber nicht aus.

Die steirische ÖVP hat bei der Landtagswahl am Sonntag Platz eins zurückerobert. Herbe Verluste gab es für SPÖ und FPÖ, die Grünen hingegen können ihren internationalen Aufwärtstrend auch in der Steiermark nützen, und sowohl KPÖ als auch NEOS schaffen den Einzug in den Landtag – mehr dazu in Briefwähler brachten Mandatsverschiebung, in ÖVP und Schützenhöfer klar voran, in Die Reaktionen der Parteispitzen und in Von Jubel bis „Watschn“.

VAE LTW19 Steiermark
SORA/ORF

Für den Landtag bedeutet das folgendes: Die SPÖ verliert drei Mandate und kommt künftig auf zwölf, die ÖVP legt dagegen vier Mandate zu und hat künftig 18. Die FPÖ verliert sechs Mandate (nunmehr acht), die Grünen legen drei Mandate zu und sind künftig mit sechs Abgeordneten vertreten. Die KPÖ kommt erneut auf zwei, und NEOS zieht neu mit zwei Sitzen ein.

Reaktionen der Spitzenkandidaten

Alle sechs Spitzenkandidaten sind bei ORF-Steiermark Chefredakteur Wolfgang Schaller zu Gast, der mit ihnen über Hintergründe, Motive und mögliche Folgen diskutiert.

ÖVP auch formal wieder stärkste Partei

Mit rund 36 Prozent der Stimmen konnte Schützenhöfer die SPÖ klar auf den zweiten Platz verweisen. Damit ist die Volkspartei – nachdem die SPÖ Schützenhöfer den Landeshauptmannsessel bereits „geschenkt“ hatte – nun auch formal wieder die stärkste Partei im Land.

Sie widerlegte – wie auch schon bei der Nationalratswahl –, dass jene Partei vom Wähler bestraft wird, die Wahlen vorzieht, und kann nun versuchen, ihre wesentlichen Punkte in Sachen Spitäler, Budget, ländlicher Raum, Wirtschaftspolitik durchzusetzen – ohne die zunehmend eher als Klotz denn als Motor empfundene „Reform-" bzw. Zukunftspartnerschaft“.

Hermann Schützenhöfer telefoniert mit Arnold Schwarzenegger
ORF/Schöttl
Sogar Arnold Schwarzengger rief aus Amerika an, um Hermann Schützenhöfer zu gratulieren.

Die Stärke der Landeshauptmann-Partei zeigte sich auch in den Top-Ergebnissen der ÖVP auf Gemeindeebene: In 70 Gemeinden konnte die Volkspartei mehr als 50 Prozent der Stimmen erzielen, in sechs Gemeinden sogar mehr als 60 Prozent. Stimmenstärkste schwarze Gemeinde war Schäffern im Bezirk Hartberg-Fürstenfeld mit 68,3 Prozent, den größten Stimmenzuwachs schaffte die Volkspartei in Fischbach mit einem Plus von 23,3 Prozentpunkten (auf 58,3 Prozent). Ihr schwächstes Ergebnis verzeichnete die ÖVP in Vordernberg mit 9,1 Prozent. Den größten Rückgang musste sie in Altaussee mit 15,4 Prozentpunkten verzeichnen – mehr dazu in Große Verschiebungen in Spitalsgemeinden.

Schützenhöfer sprach von einem „Tag der Freude und der Dankbarkeit“ und dankte dem extra nach Graz gereisten Parteichef Sebastian Kurz für den bundespolitischen Rückenwind.

SPÖ musste sich klar geschlagen geben

Trübe Stimmung herrschte dagegen bei der steirischen SPÖ: Spitzenkandidat Michael Schickhofer hatte im Wahlkampf einen „Schichtwechsel“ propagiert, musste sich mit knapp 23 Prozent aber klar geschlagen geben. Die SPÖ müsste sich wohl zähneknirschend als Juniorpartner fügen, will sie sich nicht – zum ersten Mal seit 1945 – auf die harte Oppositionsbank des Landtags setzen.

Die SPÖ verlor in insgesamt 251 Gemeinden Stimmen. Den größten Rückgang musste sie in Hart bei Graz mit minus 15,6 Prozentpunkten verzeichnen, ihr schwächstes Ergebnis fuhr sie in Großsteinbach mit 8,1 Prozent ein. In nur acht Gemeinden hatten die Sozialdemokraten mehr als 50 Prozent, in 53 war sie noch die stärkste Kraft. Rote Hochburg war Vordernberg mit 70,0 Prozent. Ein Plus gab es in nur 36 Gemeinden, den größten Stimmenzuwachs schaffte sie in Eibiswald mit +16,1 Prozentpunkten (auf 40,8 Prozent) – mehr dazu in Rote Hochburgen bröckelten, aber hielten.

Ein Grund für die herben Verluste dürfte auch sein, dass hinter Franz Voves keine große Personalreserve mit schlagkräftigen Politikern „aufgewachsen“ ist, und auch die Bundesunterstützung hat sich umgekehrt: Früher konnten sich die Sozialdemokraten bei Landtagswahlen auf Kanzler-Hilfe verlassen. Nun hat Schickhofer seine Parteifreundin Pamela Rendi-Wagner gemieden – und so war sie auch gar nicht erst in die Steiermark gefahren, sondern kommentierte das „schmerzliche Ergebnis für die SPÖ Steiermark“ per Aussendung.

Zahlreiche Skandale ließen FPÖ abstürzen

Einen regelrechten Absturz setzte es für die FPÖ, deren Wahlkampf von diversen Affären auf Bundes- und Landesebene überschattet war: Verluste von 9,4 Prozentpunkten bedeuten ein blaues Rekordminus auf Landesebene. Trösten konnte man sich immerhin damit, dass es trotzdem noch für den dritten Platz mit knapp über 17 Prozent reichte und das zweitbeste Ergebnis bei Landtagswahlen in der Steiermark eingefahren werden konnte.

Die landesweit abgestürzte Partei kam nur in einer Gemeinde auf Platz eins: In Gössendorf erzielten die Blauen 30,22 Prozent – mehr dazu in Rote Hochburgen bröckelten, aber hielten. Einen Zuwachs gab es lediglich in Rottenmann mit 5,5 Prozentpunkten (auf 27,8 Prozent) – mehr dazu in Große Verschiebungen in Spitalsgemeinden. Von den 286 Verlust-Gemeinden setzte es in Hartl mit minus 21,1 Prozentpunkten die größte Schlappe. Das schlechteste blaue Ergebnis gab es in Altenmarkt bei Sankt Gallen mit 6,7 Prozent.

Spitzenkandidat Mario Kunasek will trotz der „schmerzlichen Niederlage“ weitermachen: „Die Nachwirkungen des Ibiza-Skandals haben nach der Bundespartei und unseren Freunden in Vorarlberg nun leider auch die Steiermark getroffen“, erklärte Bundesparteichef Norbert Hofer die Niederlage – er war erst am Abend überraschend zur Wahlparty der FPÖ nach Graz gekommen.

Grüne sehen Auftrag für Veränderung

Über deutliche Zugewinne freuen konnten sich – wie schon zuvor bei der Nationalratswahl im September und bei der Vorarlberger Landtagswahl im Oktober – die Grünen: Das Generalthema Klimawandel dürfte in Verbindung mit Spitzenkandidatin Sandra Krautwaschl überzeugt haben.

Die Grünen erlitten in nur zwölf Gemeinden Verluste, den größten davon in Altenmarkt bei Sankt Gallen mit lediglich 1,7 Prozentpunkten. Den höchsten Stimmenzuwachs schafften die Grünen in Stattegg, wo sie um 11,6 Prozentpunkte zulegten und auf 23,5 Prozent kamen. Stimmenstärkste Gemeinde der Grünen war die Landeshauptstadt Graz mit 25,2 Prozent, was ein Plus von 11,2 Prozentpunkte bedeutete – mehr dazu in Grüne in Graz nur knapp hinter ÖVP, ihr schwächstes Ergebnis verzeichnete die Ökopartei in Pusterwald mit 0,8 Prozent.

Sie sieht im Ergebnis ein „eindeutiges Zeichen für Veränderung in der Steiermark“ – auch wenn es für eine Regierungsmehrheit mit der ÖVP nicht reicht. Auch Bundesparteichef Werner Kogler zeigte sich „begeistert“.

KPÖ musste nicht zittern

Die Kommunisten hatten bis zum letzten Tag hin gezittert, ob der Wiedereinzug in den Landtag gelingt – und sich nun genau hier etabliert, obwohl die KPÖ außerhalb der Steiermark politisch kaum noch eine Rolle spielt: Mit knapp über sechs Prozent konnte Spitzenkandidatin Claudia Klimt-Weithaler mit ihrem Generalthema Wohnen jedoch sogar noch ein Plus von 1,8 Prozentpunkten einfahren.

Die KPÖ durfte sich in 242 Gemeinden über einen Zuwachs freuen, den größten davon gab es in der Gemeinde Rottenmann mit 12,5 Prozentpunkten – mehr dazu in Große Verschiebungen in Spitalsgemeinden. Die damit erzielten 16,8 Prozent bedeuteten auch das beste Gemeinde-Ergebnis für die Kommunisten. In 45 Gemeinden büßte die KPÖ Stimmen ein, das größte Minus verzeichnete sie in Vordernberg mit 4,3 Prozentpunkten.

Vor allem das Ergebnis in Graz – mehr dazu in Grüne in Graz nur knapp hinter ÖVP – zeigte, dass die Schwäche der SPÖ die Stärke der KPÖ ist. Dass die Partei weiter im Landtag ist, dürfte für eine Vielfalt von Themen und für einer gewisse Lästigkeit den „Großen“ gegenüber sorgen.

NEOS sorgte für Überraschung

Für eine Überraschung hat NEOS gesorgt – nicht nur in Graz, sondern auch am Land oder in Industriestädten – mehr dazu in Rote Hochburgen bröckelten, aber hielten – reüssierten die Pinken um Spitzenkandidat Niko Swatek.

NEOS konnte mit 11,2 Prozent in Ramsau am Dachstein sein bestes Ergebnis einfahren – das dort erzielte Plus von 7,7 Prozentpunkten bedeutete auch den größten Gemeinde-Zuwachs für die Pinken. Sein schwächstes Ergebnis verzeichnete NEOS in Gasen mit 0,9 Prozent. Einbußen gab es in nur acht Gemeinden, die größte darunter in Eichkögl mit -0,6 Prozentpunkten.

Sie konnten mit 5,4 Prozent (plus 2,7) ihren sechsten Landtag erobern. Nur in Oberösterreich, Kärnten und im Burgenland, wo im Jänner gewählt wird, ist die liberale Partei nicht vertreten.

Keine Mehrheit für Schwarz-Grün

An den Koalitionsoptionen für Wahlsieger Hermann Schützenhöfer (ÖVP) hat sich nichts mehr geändert: Eine schwarz-grüne Mehrheit hat sich nicht ergeben – ÖVP und Grüne haben zusammen nur 24 der 48 Landtagssitze. Und die Basis für ÖVP-Grün-NEOS ist mit 26 auch sehr schmal – dafür, dass eine Dreierkoalition ohnehin eine schwierige Sache ist.

Landeshauptmann Schützenhöfer (ÖVP) über Wahlerfolg

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) spricht über das gute Abschneiden der ÖVP bei der Landtagswahl in der Steiermark.

Wie im Bund auch gibt es keine realistische Koalitionsvariante gegen die ÖVP: Rot-Blau hätte nur 20 Mandatare, ebenso Rot-Grün-KPÖ, und selbst die – praktisch ausgeschlossene – Rot-Blau-Grün-Variante hätte nur 26 Landtagsabgeordnete.