Chronik

IS-Prozess: Zeugin belastet Angeklagte

Am zehnten Verhandlungstag im Prozess gegen elf mutmaßliche Dschihadisten in Graz sind am Dienstag weitere Zeugen befragt worden. Dabei ging es vor allem um die drei angeklagten Frauen.

Die drei angeklagten Frauen, die ein Nahverhältnis zur radikalen Grazer Taqwa-Moschee hatten, bestritten, dass im Glaubensverein über den Dschihad oder die Auswanderung nach Syrien gesprochen worden sei. Allerdings gingen 38 Mitglieder der Moschee in zwei Partien 2014 nach Syrien, um sich der Terrororganisation „Islamischer Staat“ anzuschließen, so der Vorwurf.

„Auswanderung zum Dschihad war in Moschee Thema“

Nun wurden die angeklagten Frauen von einer 45-jährigen Zeugin belastet, die selbst noch bis 2022 in Haft ist. Sie war 2008 nach Graz gekommen, 2010 hatte sie angefangen, ein Kopftuch zu tragen. „Warum?“, fragte der Richter. „Aus Überzeugung“, antwortete die Frau. „Sie sind immer religiöser geworden“, stellte der Vorsitzende fest. „Das kann man so sagen“, bestätigte die Zeugin. „War Auswandern zum Dschihad generell ein Thema?“, wollte der Staatsanwalt wissen. „Ja“, antwortete die Zeugin. „Wären Sie ohne Taqwa je ausgewandert?“, fragte einer der Verteidiger. „Nein“, lautete die Antwort.

„Religion ist vorgegeben“, sagt eine Zeugin

Auch eine zweite Zurückgekehrte wurde befragt. Sie war in Vorarlberg aufgewachsen und erst durch ihren Mann zum Islam gekommen. „Wir haben zuerst nicht verstanden, wie man nach Syrien gehen konnte“, schilderte sie ihre Empfindungen gegenüber der ersten Auswanderer-Gruppe. Doch innerhalb von zwei Monaten änderten sie und ihr Mann ihre Meinung. „Ich bin gegen Gewalt, aber was in der Religion vorgegeben ist, kann ich nicht beeinflussen“, betonte sie. Das syrische Abenteuer endete für sie und ihren Mann mit hohen Haftstrafen.

„Einschlägige Bücher radikalisieren Jugendliche“

Am Nachmittag war der islamische Religionspädagogik-Experte Ednan Aslan am Wort. Er hat ein Gutachten über Bücher, die bei einem Angeklagten und in der Taqwa-Moschee gefunden worden waren, erstellt. „Diese Bücher wurden vor allem verfasst, um Jugendliche zu radikalisieren“, erklärte der Sachverständige ganz unmissverständlich.

„Diese Schriften bilden die Grundlage für eine radikal-islamistische Theorie“, war Aslan überzeugt. Sie würden von einer „extremistischen Bewegung, die von der Mehrheit der islamischen Gelehrten nicht geteilt“ wird, verbreitet. Das Terrorverständnis dieser Autoren sei ganz anders als in Europa oder in Teilen der islamischen Welt. Vertreten werde darin die Meinung: „Terror ist notwendig, um den Herzen der Ungläubigen Angst zu machen.“

Eine Geschworene fragte den Sachverständigen, ob im Koran tatsächlich stehe, man solle die Ungläubigen töten. „Der Koran kann ein Buch des Mordens und ein Buch der Liebe sein“, antwortete Aslan. Der Prozess wird Mittwoch fortgesetzt. Ein Urteil könnte es Ende der Woche geben.