Bei den elf Angeklagten handelt es sich um Mitglieder eines radikalislamischen Glaubensvereins in Graz, der inzwischen geschlossen wurde. Der hauptangeklagte Prediger will nie jemanden dazu aufgerufen haben, nach Syrien zu gehen und sich dem Islamischen Staat (IS) anzuschließen. Für seinen Verteidiger waren das jeweils eigenständige Entscheidungen einzelner Menschen.
Die Chronologie
Die Angeklagten – acht Männer und drei Frauen – müssen sich wegen der Verbrechen der terroristischen Vereinigung, der kriminellen Organisation und der staatsfeindlichen Verbindung verantworten – mehr dazu in:
- IS-Prozess: Fortsetzung mit weiteren Zeugen (28.11.2019)
- Gutachter beim Dschihadistenprozess (27.11.2019)
- IS-Prozess: Zeugin belastet Angeklagte (26.11.2019)
- Prediger im Dschihadistenprozess befragt (19.11.2019)
- Dschihadistenprozess: Frau eines Moscheeleiters befragt (12.11.2019)
- Wieder Dschihadistenprozess in Graz (7.11.2019)
Insgesamt gingen jedoch 38 Personen aus dem Glaubensverein nach Syrien: Einige sind verschwunden, einige wurden getötet, einige wurden bereits zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
„Spielzeug aus Bosnien“
Auf dem Handy des damals elf Jahre alten Sohnes von zwei Angeklagten wurden Fotos von IS-Kämpfern und Hinrichtungen gefunden – seine Mutter erklärte das damit, dass der Bub das alte Handy seines Vaters bekommen habe.
Es gibt aber auch Fotos des Buben, wie er eine Handgranatenattrappe wirft, sowie Fotos der damals drei Jahre alten Tochter im Nikab, also vollverschleiert, und mit Gewehr – das Spielzeug bekamen die Kinder aus Bosnien, erklärte die angeklagte Mutter.
Für einen Islamismus-Sachverständigen, der beim Prozess aussagte, gehört der angeklagte Prediger zu den Anhängern der Takfiristen – diese Gruppe halte sich für die einzig wahren Muslime; sie hielten sogar die Dschihadisten für ungläubig, so der Sachverständige. Einige Takfiristenführer und -prediger waren beim IS, wurden dort aber entfernt oder hingerichtet, weil sie sogar dem IS zu extrem waren, erläuterte der Sachverständige.
Neues Gutachten in Auftrag gegeben
Alle elf Angeklagten fühlen sich nicht schuldig, im Fall einer Verurteilung drohen ihnen bis zu zehn Jahre Haft. Eigentlich sollte der Prozess am Freitag zu Ende gehen, doch die Verteidigung will noch Zeugen aus Bosnien befragen und bei einem weiteren Verhandlungstag über Videotelefonie zuschalten; außerdem wurde ein neues Gutachten bezüglich der Bücher des Erstangeklagten bei dem deutschen Islamismusexperten Guido Steinberg in Auftrag gegeben.
Geschworene im Stress
Am Rande der Verhandlung kam es unter den Geschworenen zu Unmutsäußerungen, weil ein Großteil der Laienrichter sich am Montag wieder zu einem großen Prozess einfinden muss – verhandelt wird ein Mord, der zunächst auf fünf Tage anberaumt wurde. Die Geschworenen mussten im November insgesamt 13 Verhandlungstage absolvieren. Ein Termin zur Fortsetzung des Prozesses muss erst festgesetzt werden, voraussichtlich geht es Ende Jänner weiter.