Mord-Prozess in Graz
APA/ERWIN SCHERIAU
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Gericht

Mordfall nach 18 Jahren vor Gericht

Ein 18 Jahre altes Verbrechen steht seit Montag im Mittelpunkt einer Geschworenenverhandlung in Graz: Zwei Männern wird vorgeworfen, mit zwei weiteren Personen an einem Mordkomplott gegen einen Italiener beteiligt gewesen zu sein.

Im Juli 2001 fand ein Radfahrer in der Nähe der Autobahnabfahrt Sinabelkirchen im Bezirk Weiz die Leiche eines 47-jährigen Mannes. Die Ermittler stellten fest, dass der Mann Italiener war; ihm war zunächst mit einem Messer in den Rücken gestochen worden, dann wurde er mit einem Kopfschuss getötet. Sonst aber tappten die Ermittler lange Zeit im Dunkeln, sie fanden weder Motiv noch Beteiligte.

Sieben Jahre später, im Jahr 2008, wurde der Fall neu aufgerollt – mit ersten Spuren in die Slowakei und neuen Erkenntnissen. Diese erhärteten sich im Vorjahr, die Staatsanwaltschaft formulierte eine Anklage: Eine heute 55-jährige Slowakin soll die Drahtzieherin gewesen sein; sie soll den Mord an dem Italiener, ihrem damaligen Freund, in Auftrag gegeben haben.

Drohung mit Betrugsanzeige

Geld dürfte laut Anklage einen Keil in die Beziehung getrieben haben, der Mann soll der Frau unter anderem eine Wohnung finanziert haben. Als sie ihn dort nicht habe einziehen lassen, drohte er laut Anklageschrift mit einer Betrugsanzeige – das sei sein Todesurteil gewesen: Die Frau habe bald darauf den Mord in Auftrag gegeben.

Zwei Männer sollen die Tat begangen, ein dritter die Waffe dafür besorgt haben: Am 13. Juli 2001 sollen sie den Italiener im Wiener Südbahnhof aus einem Zug gelockt und ihn überredet haben, zu ihnen ins Auto zu steigen; die Fahrt endete in Sinabelkirchen.

Zwei Angeklagte für Grazer Gericht nicht verfügbar

Die Staatsanwaltschaft Graz klagte vier Verdächtige an, zwei von ihnen stehen nun vor einem Grazer Schwurgericht. Die Frau – laut Staatsanwalt die „Auftraggeberin des eiskalten Mordes“ – besitzt in der Slowakei mittlerweile eine Schönheitsklinik; einer der beiden direkten Täter ist ebenfalls dort, beide wurden zur Auslieferung beantragt: „Seit zwei Jahren sind sie zur Verhaftung ausgeschrieben, uns wurde mitgeteilt, dass es in nächster Zeit keine Entscheidung geben wird“, so die Richterin. 2021 würde der Mord in der Slowakei verjähren, führte wiederum der Ankläger aus, und dann sei die Chance auf Auslieferung noch geringer.

Also wird in den nächsten Tagen gegen jenen Mann, der den Plan ausgearbeitet und die Waffe zur Verfügung gestellt haben soll, verhandelt – er wurde vom Ankläger als hochintelligent beschrieben. So sollen damals die vier Komplizen etwa zur Absicherung ein Video aufgenommen haben, in dem der Plan besprochen wurde: Jeder bekam eine Kopie, was sicherstellen sollte, dass nie einer reden würde. Doch die Frau zahlte die Männer nicht wie verabredet aus, also drang irgendwann doch etwas nach außen. Der zweite erschienene Angeklagte soll einer der direkten Täter gewesen sein.

Angeklagte fühlen sich nicht schuldig

Die Verteidiger der beiden Angeklagten betonten in ihren Eröffnungsvorträgen, dass ihre Mandanten unschuldig seien: Die Anklage basiere auf Aussagen von Zeugen, die nicht unbedingt glaubwürdig seien: Beide Männer seien Schwerstverbrecher, hätten ihre Informationen auch aus der Zeitung haben können und nur ausgesagt, um selbst schneller aus der Haft entlassen zu werden.

„Mein Mandant hat mit der Sache aber schon gar nichts am Hut“, meinte die Verteidigerin des 55-Jährigen, der einer der beiden direkten Täter sein soll. „Hier sitzt der Falsche, er ist unbedingt freizusprechen“, nahm die Anwältin ihr Schlussplädoyer schon vorweg. Ihr Mandant sei in Drogengeschäfte verwickelt gewesen, aber mit dem Tod des Italieners in der Steiermark habe er nichts zu tun.

„Ermittlungspannen“

Der Verteidiger des 56-Jährigen betonte, das „Substrat der Aktenmenge ist sehr gering“, man müsse genau hinschauen, „was es überhaupt für Beweise gibt“ – seiner Meinung nach nicht sehr viele, außerdem ortete er auch etliche „Ermittlungspannen“. Am Tatort wurden damals lediglich zwei Zigarettenstummel gefunden – einer konnte dem Opfer zugeordnet werden, die DNA-Spuren auf dem zweiten passten zu keinem der Verdächtigen.

Vielmehr brachte die Verteidigerin des 55-Jährigen die italienische Mafia ins Spiel, zu der die ehemalige Lebensgefährtin des Opfers als Italienisch-Dolmetscherin durchaus Kontakte hätte haben könnte – sie war davor auch zehn Jahre mit einem anderen Italiener verheiratet.

Angeklagter: „Habe vom Mord nur in der Polizeibar gehört“

Am Nachmittag begann die Befragung der Beschuldigten: Der erste Angeklagte – der 55-Jährige – beteuerte, er habe mit der Sache nichts zu tun. Von dem Mord an dem Italiener habe er „in der Polizeibar“ gehört. Die Anklage sei ein Irrtum: „Die zweite Hälfte meines Lebens ist eine Katastrophe“, seufzte er. „Ich habe mit dem Mord nichts zu tun, ich war nicht behilflich“, betonte der 55-Jährige. Auf die Frage der Richterin, wo er am Tag der Tat gewesen sei, meinte er: „Ich kann mich nicht erinnern, aber ich war damals jahrelang nicht im Ausland.“

Sagen die Belastungszeugen aus?

Dass die Hauptbelastungszeugen an einem der drei Verhandlungstage bis Freitag erscheinen werden, zweifelt selbst der Staatsanwalt an. Zu Wort kommen sollen jedenfalls der steirische Hauptermittler von damals sowie auch sein slowakischer Kollege, doch selbst dessen Aussagen würden viele Fragen aufwerfen, so die Verteidigung. Der Indizienprozess ist bis Freitag anberaumt.