Landesgericht Graz
ORF.at/Roland Winkler
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Gericht

IS-Prozess mit Zeugenbefragung fortgesetzt

In Graz ist am Mittwoch der Prozess gegen elf mutmaßliche Dschihadisten fortgesetzt worden. Geplant war die Befragung von Bosniern als Zeugen per Videokonferenz, das allerdings kam nicht zustande. Der Prozess wurde neuerlich vertagt.

Bei den elf Angeklagten handelt es sich um Mitglieder eines radikalislamischen Glaubensvereins in Graz, der inzwischen geschlossen wurde. Der hauptangeklagte Prediger will nie jemanden dazu aufgerufen haben, nach Syrien zu gehen und sich dem Islamischen Staat (IS) anzuschließen – für seinen Verteidiger waren das jeweils eigenständige Entscheidungen einzelner Menschen.

Die Chronologie

Die Angeklagten – acht Männer und drei Frauen – müssen sich wegen der Verbrechen der terroristischen Vereinigung, der kriminellen Organisation und der staatsfeindlichen Verbindung verantworten – mehr dazu in:

Insgesamt gingen jedoch 38 Personen aus dem Glaubensverein nach Syrien: Einige sind verschwunden, einige wurden getötet, einige wurden bereits zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

„Spielzeug aus Bosnien“

Auf dem Handy des damals elf Jahre alten Sohnes von zwei Angeklagten wurden Fotos von IS-Kämpfern und Hinrichtungen gefunden – seine Mutter erklärte das damit, dass der Bub das alte Handy seines Vaters bekommen habe.

Es gibt aber auch Fotos des Buben, wie er eine Handgranatenattrappe wirft, sowie Fotos der damals drei Jahre alten Tochter im Nikab, also vollverschleiert, und mit Gewehr – das Spielzeug bekamen die Kinder aus Bosnien, erklärte die angeklagte Mutter.

Für einen Islamismus-Sachverständigen, der beim Prozess aussagte, gehört der angeklagte Prediger zu den Anhängern der Takfiristen – diese Gruppe halte sich für die einzig wahren Muslime; sie hielten sogar die Dschihadisten für ungläubig, so der Sachverständige. Einige Takfiristenführer und -prediger waren beim IS, wurden dort aber entfernt oder hingerichtet, weil sie sogar dem IS zu extrem waren, erläuterte der Sachverständige.

Geplante Videokonferenz geplatzt

Eigentlich sollte der Prozess schon Ende November zu Ende gehen, doch die Verteidigung wollte noch Zeugen aus Bosnien befragen, was bei der Verhandlung am Mittwoch per Videokonferenz hätte geschehen sollen – diese allerdings kam mangels Antwort nicht zustande. Befragt wurden dafür Zeugen, die großteils aus einem Wiener Glaubensverein stammten und allesamt nie radikale Äußerungen vom angeklagten Prediger gehört haben wollen.

Der Prozess soll nun spätestens Anfang März fortgesetzt werden. Bis dahin soll geklärt werden, ob die Videobefragung möglich ist; außerdem wurde ein Ergänzungsgutachten bezüglich der Bücher des Erstangeklagten bei dem deutschen Islamismus-Experten Guido Steinberg in Auftrag gegeben. Alle elf Angeklagten fühlen sich nicht schuldig, im Fall einer Verurteilung drohen ihnen bis zu zehn Jahre Haft.